Sardinien und die Küstenwache

Seit unserem letzten Blog ist zwar nur eine Woche vergangen, aber wir haben ganz schön viel erlebt.

Nach dem Tag in Palermo fuhren wir noch auf zwei vorgelagerte Inseln. Auf der einen (Farvignana) gab es einen Berg mit einem Fort, das wir uns natürlich unbedingt ansehen mussten. Die Aussicht von oben war wunderschön und wir konnten sogar unser Boot in der Bucht liegen sehen.

Sardinien oder unsere erste - Farvignana1 Sardinien oder unsere erste - Farvignana2 Sardinien oder unsere erste - Farvignana3

Nach einem schönen erholsamen Tag auf Marettimo hatten wir dann unsere erste Nachtfahrt. Wir fuhren (segeln können wir das leider immer noch nicht nennen, was wir hier tun) in 30 Stunden von Sizilien nach Sardinien, sahen einen wunderschönen Sonnenaufgang und viele Delphine.

Sardinien oder unsere erste - Sonnenaufgang

Im Hafen Porto Corallo entfernten wir den alten Namen unseres Schiffes und nun heißt unsere Silence endlich nicht nur auf dem Papier so. Und als wir dann den Hafen verließen und auf dem „offenen Meer“ waren, nahmen wir in einer schönen Prozedur den Flaggenwechsel vor. Nach Anleitung von Michel entfernten wir die französische Flagge, schossen zweimal (keine Angst, nur mit einer Luftpistole) ins Meer und danach hissten wir die deutsche Flagge. Zu diesem Zeitpunkt konnten wir noch nicht ahnen, wie wichtig dies einige Stunden später werden würde.

Sardinien oder unsere erste - Silence Sardinien oder unsere erste - Michel Flagge

Sardinien oder unsere erste - Kai Schuss Sardinien oder unsere erste - Kai Flagge

Nachdem wir in einer wunderschönen Bucht einen Bade- und Mittagessen-Stopp eingelegt hatten, ging es weiter nach Porto Frailis, wo wir ebenfalls in einer Bucht die Nacht verbringen wollten.

Sardinien oder unsere erste - Boot

Wir ankerten dort mit Blick auf einen schönen Strand und eine Felsküste und Michel, Sophie und Eva beschlossen mit dem Dingi an den Strand zu fahren. Kai und ich blieben an Bord und machten es uns gemütlich. Nach ca. einer Stunde kamen die drei völlig  aufgelöst zurück. Am Strand wurden sie von der Küstenwache aufgehalten, als sie mit dem Dingi zurück zum Boot fahren wollten. Sophie hatte bei der Ankunft bereits einige Männer auf der Terrasse eines Hotels sitzen sehen, ohne dass sie zu diesem Zeitpunkt wusste, dass diese zur Küstenwache gehören. Sie schauten in aller Seelenruhe zu, wie die beiden das Dingi an Land zogen.

Es gab dann wohl eine heftige Auseinandersetzung, weil es in Sardinien nicht erlaubt ist, mit dem Dingi an den Strand zu fahren. Da Sophie & Michel keine Ausweis- und natürlich auch keine Bootspapiere dabei hatten, wollte man sie festhalten und nicht mehr alle zusammen mit dem Dingi zurückfahren lassen. Michel sagte Ihnen, dass sie die Bootspapiere gerne auf unserem Boot einsehen könnten und tatsächlich rückte ca. eine halbe Stunde später die Küstenwache mit Ihrem Boot bei uns an. Sie kontrollierten alle Papiere und sagten, dass wir sie in den Hafen begleiten müssen. Was blieb uns anderes übrig, als den Anker aufzuholen, Ihnen zu folgen und wie Straftäter dort auf die Wache gebracht zu werden.

Auf der Wache angekommen wurden viele Formulare ausgefüllt und man erklärte uns, dass zwei Verstöße begangen wurden: zum einen hätte man nicht mit dem Dingi unter Motor durch die Badezone fahren dürfen (was man natürlich nirgends darf und deshalb war Michel auch um alle roten Bojen schön brav außen herum gefahren) und man darf kein Dingi an Land ziehen und es auch in keiner Art und Weise innerhalb der Badezone festmachen. Selbst Michel hatte das mit seiner 20jährigen Bootserfahrung noch nirgendwo erlebt. Ist das nicht unglaublich: anstatt die beiden bei ihrer Ankunft am Strand darauf aufmerksam zu machen, dass dies verboten ist, hatten sie in aller Ruhe abgewartet, um sie dann mit einer Strafe belangen zu können. Der erste Verstoß kostete uns €100,- und der zweite €270,-. Das war alles in allem also ein sehr kostspieliger Strandausflug.

Als wir später die italienischen Formulare etwas genauer durchsahen, entdeckten wir, dass das Gesetz erst Mitte Mai diesen Jahres in Kraft gesetzt worden war, also vor ca. 6 Wochen. Somit steht davon natürlich nichts in unserem Revierführer und es weisen auch keinerlei Schilder darauf hin. Wie hätten wir das wissen sollen?

Schade, dass man hier so mit seinen Gästen umspringt. Sardinien ist wunderschön, aber Yachties sind hier wohl nur dann willkommen, wenn sie in den Hafen fahren und Bares dalassen!

Palermo

Heute kommen wir endlich dazu, Euch von Palermo zu berichten. Die Tage vergehen hier auf dem Boot wie im Flug. Wir lernen so viel von Michel und Sophie, dass wir den ganzen Tag beschäftigt sind.

Mit dem Bus fuhren wir direkt an den Bahnhof von Palermo, wo es glücklicherweise auch eine Touristeninfo gab, in der man uns auf Englisch (!) die Sehenswürdigkeiten der Stadt erklärte. Zuerst schlenderten wir etwas über einen Markt und erstanden eine kurze Hose für Kai und danach schauten wir uns den bekanntesten Brunnen der Stadt an, der neben einer Kreuzung mit vier wunderschönen Häusern liegt (quattro canti).

BrunnenQuattro canti

Da uns dann der Hunger plagte liefen wir in eine kleine Seitengasse, wo wir ein „Restaurant“ fanden, in dem ziemlich viel Trubel herrschte. Da es sich ausnahmslos um Italiener handelte, beschlossen wir, dass wir hier sicher gut speisen können und mit dieser Annahme lagen wir goldrichtig. Es gab viele verschiedene Antipasti aus denen man sich selbst eine Platte zusammenstellen konnte und als Gericht des Tages gab es Spaghetti mit Pesto. Wir bestellten drei Platten mit jeweils 6 verschiedenen Antipasti und eine Riesenportion Spaghetti und zahlten dafür ganze €15,-. Es war einfach nur köstlich und wir waren mehr als satt.

Spaghetti

So gestärkt stand unserem weiteren Stadtrundgang nichts mehr im Weg. Wir liefen durch viele kleine Gassen an der Oper vorbei zur Kathedrale, die von außen jedoch wesentlich eindrucksvoller ist, als von innen. Aber da es im Innern so schön kühl und draußen so heiß war, besichtigten wir sie ausführlich, um uns etwas abzukühlen. Unterwegs kamen wir dann noch an ein paar Kuriositäten, wie z.B. der via biciclettai vorbei, in der anscheinend alle Fahrradhändler angesiedelt sind. Außerdem sahen wir riesige Zucchini und auch ein paar große Müllhaufen.

KathedraleBicicletti

 

 

 

 

 

Zucchini Müll

Nachdem wir alle mittlerweile etwas müde waren, suchten wir einen Park, um uns etwas auszuruhen. Durch Zufall fanden wir einen wunderschönen kleinen Tierpark, in dem es neben Aras, Kakadus, Flamingos, Pelikanen und Emus auch kleine süße Äffchen gab. Diese Art von Affen hatten wir alle noch nie zuvor gesehen, aber sie waren absolut entzückend und amüsant.

Affe

Auf der Straße kauften wir uns noch ein paar Kirschen, aßen ein Eis und traten dann langsam den Rückweg Richtung Bahnhof an. Glücklicherweise fanden wir dort gleich den richtigen Bus für unsere Rückfahrt, die Tickets hatten wir bereits morgens gekauft und somit auch reservierte Plätze und dann ging es im Sonnenuntergang an der Küste entlang zurück nach Mazara del Vallo, wo unser Boot vor Anker lag.

Adieu Tunisie!

Tunesien meinte es wirklich nicht gut mit uns: zuerst mussten wir über eine Stunde auf unser Gepäck warten und dann war der Transfer, den Michel und Sophie für uns organisiert hatten, nicht zu finden. Sofort stürzten sich einige Taxifahrer auf uns und fragten, wo wir denn hin wollten. Wir versuchten sie wieder los zu werden, indem wir sagten, dass uns ein Chauffeur erwartet. Das war allerdings ein großer Fehler, denn daraufhin drohten sie mit der Polizei, falls wir nicht mit ihnen fahren würden. Überlandtransfers dürfen in Tunesien wohl nur von den offiziellen, weißen Taxen gemacht werden. Durch einige geschickte Manöver durch eine Menschenmenge hängten wir die Taxifahrer ab (dachten wir jedenfalls) und fanden dabei per Zufall unseren Fahrer. Als wir gerade ins Auto steigen wollten, kamen die Taxifahrer tatsächlich zusammen mit der Polizei auf uns zu und hielten uns auf. Nach einer Stunde mit großem Palaver musste unser Chauffeur 300 Dinar (€150!) Strafe zahlen und wir konnten endlich Richtung Yasmine Hammamet aufbrechen.

Auf unserem Boot erwartete uns gleich die nächste schlechte Nachricht. Während unserer Abwesenheit war es die ganze Zeit sehr stürmisch gewesen. An einem Tag gab es sogar einen ausgewachsenen Orkan mit Böen über 60 Knoten (Windstärke 11-12). Viele Boote im Hafen wurden beschädigt, aber wir hatten noch Glück im Unglück, denn bei uns zerfetzte der Wind „nur“ den Gennaker (ein großes Vorsegel für leichte bis mittlere Windstärken), der sowieso schon sehr alt war. Glücklicherweise waren Sophie und Michel an Bord, um Schlimmeres zu verhindern.

Adieu Tunisie - Gennaker

Am nächsten Tag erholten wir uns erst mal am Pool des zur Marina gehörenden Hotels von diesem Schrecken und den Strapazen der letzten Wochen. Aber am Dienstag trafen wir bereits Vorbereitungen für die Abfahrt. Auf einem tunesischen Markt erstanden wir frischen Fisch (das Kilo Calamari kostete nur €7,50), Früchte und Würstchen. In einem kleinen Lädchen kauften wir mit Hilfe von Sophie viele leckere Gewürze und in einer Bäckerei gab es einen riesigen Laib Brot. Den Rest besorgten wir noch im Supermarkt und am Ende füllten unsere Einkäufe den kompletten Kofferraum eines Taxis. Auf dem Boot standen wir dann noch vor der Herausforderung, dies alles zu verstauen.

Adieu Tunisie - FrüchteAdieu Tunisie - WurstAdieu Tunisie - Gewürze1

Abends kamen Freunde von Sophie und Michel aufs Boot, um gemeinsam mit uns zu Abend zu essen. Patrizia ist aus Lothringen und wir waren völlig baff, als sie anfing, in lothringisch mit uns zu erzählen. Unglaublich wie ähnlich unsere Dialekte sind! Es war sehr amüsant, wenn sie von französisch in ihren Dialekt wechselte und urplötzlich sagte: „Des isch gut!“ Es war ein sehr lustiger Abend, den wir bei Calamari und Wein genossen.

Am nächsten Morgen legte Michel um 5 Uhr ab, aber leider hielt uns das Ausklarieren über eine Stunde auf. Während Andrea das ganze Spektakel verschlief, hatten die anderen ihr Vergnügen mit der Polizei und dem Zoll. Zuerst war es ein Problem, dass wir nicht auf der Passagierliste standen, weil wir ja nicht mit dem Boot eingereist waren. Dann konnten sie ihre eigenen Formulare nicht lesen und als nächstes war zu wenig Platz auf dem Formular, um uns einzutragen. Danach stimmte das Datum auf dem Stempel nicht. Und zuletzt kamen Polizei und Zoll noch persönlich an Bord, um sich davon zu überzeugen, dass wir nicht etwa vorhaben, 50 Tunesier nach Lampedusa zu schmuggeln. Und als dies alles geschafft war, fragte der Zollbeamte Michel noch frech, ob er nicht ein kleines Geschenk für ihn hätte. Da bissen sie bei ihm aber auf Granit: wir lassen uns doch nicht zuerst eine Stunde lang mit Formalitäten quälen und bedanken uns danach noch dafür!

Nach diesen morgendlichen Unannehmlichkeiten konnte unser erster Törn mit dem eigenen Boot endlich beginnen. Dummerweise hatte das Wetter nicht wirklich viel mit der Vorhersage gemeinsam, so dass wir fast den ganzen Tag gegen den Wind motoren mussten. Da kauft man sich extra ein Segelboot, weil man die Ruhe liebt, nennt es auch noch „Silence“ und dann hört man sich den ganzen Tag Motorenlärm an. Toll! Also das muss sich unbedingt noch ändern, sonst müssen wir das Boot laut Michel in „tonnère du moteur“ umtaufen.

Gestern sind wir in Sizilien angekommen und nun sitzen wir gerade im Bus nach Palermo. Herauszufinden wo und wann der Bus abfährt und wo wir die Tickets kaufen können, war bereits das erste Abenteuer. Wir wissen nicht mehr, wie viele Personen wir angesprochen und gefragt haben, ob sie englisch können. Anscheinend gibt es keinen einzigen Italiener, der von dieser komischen Sprache schon mal was gehört hat. Wir ernteten immer nur Kopfschütteln und einen Wortschwall auf italienisch. Aber mit Händen und Füßen und mit Hilfe von allen Sprachen, die wir beherrschen, haben wir es schließlich geschafft und freuen uns nun auf Palermo!