Puerto Rico: Kultur und Natur

Puerto Rico, also „reicher Hafen“, ist die erste Insel der großen Antillen, die wir besuchten. „Reich“ trifft in vielerlei Hinsicht zu. Zum Beispiel sollen die über 4 Millionen Puertoricaner laut einer Studie der Universität Michigan zu den glücklichsten Menschen der Welt gehören. Auch ist Puerto Rico reich an Geschichte. Schon im 16. Jahrhundert entdeckten die Spanier den strategischen Wert der Insel als Tor zur neuen Welt. Seit 1898 gehört das Land zum Commonwealth der USA, was bedeutet, dass die Einwohner zwar US Bürger sind, die auf US Territorium leben, aber nicht an den Präsidentschaftswahlen teilnehmen dürfen. Letzteres wird in Puerto Rico kontrovers diskutiert. Ich persönlich glaube, dass die meisten Puertoricaner lieber diskutieren als wählen, so dass dies der perfekt Zustand für sie ist. Vielleicht sind sie ja deshalb so glücklich 😉 !

Mit dem „groß“ in den großen Antillen ist tatsächlich die geografische Ausdehnung der einzelnen Inseln gemeint, so dass wir uns entschlossen, Puerto Rico eine Woche lang mit einem Mietwagen zu erkunden. Wir mieteten bei einem der bekannten Verleihern (enterprise), was recht günstig war, obwohl wir wieder mal vergessen hatten, dass in den USA die Versicherung immer erst dann als kleine Überraschung zum Mietpreis dazukommt, wenn man das Auto abholt. Aber für US$270,- pro Woche kann man wirklich nicht meckern. Außerdem holte uns eine Mitarbeiterin sogar noch am Dock ab, damit wir kein teures Taxi nehmen mußten. Auf dem Weg zur Filiale kamen wir prompt an einer der lokalen Autoverleihfirmen vorbei, vor denen uns unser Reiseführer gewarnt hatte: was vollmundig „World Car Rental“ benannt war, war ein Schuppen mit ein paar Klapperkisten auf einem eingezäunten staubigen Platz. Richtig, bei uns in Deutschland wäre im Firmennamen sicherlich irgendwo das Wort „Schrottplatz“ aufgetaucht :-). Naja, aber immerhin eine Vision hat (oder hatte?) der Besitzer!

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Gleich auf den ersten Metern mit unserem Mietwagen fiel uns auf: wir sind quasi in den USA! Die Straßen so breit, dass man aus einer Spur leicht zwei machen könnte und die erlaubte Höchstgeschwindigkeit so niedrig, dass man den Eindruck hat, man wäre zu Fuß vielleicht schneller. Da wir am ersten Tag nicht gleich die Hauptattraktion, San Juan, vorwegnehmen wollten, machten wir uns von unserem „Basislager“ Fajardo an der Ostküste auf den Weg nach Ponce im Süden. Damit wir nicht die ganze Zeit auf dem Highway fahren mußten, nahmen wir zwischendurch ein Teilstück der sogenannten Ruta Panoramica. Dieses relativ schmale und teilweise mit Schlaglöchern übersäte Sträßchen schlängelt sich durchs bergige Hinterland Puerto Ricos und führt fast 200km weit von der Ost- zur Westküste. Herrliche Ausblicke wechseln sich hier mit dichtem Regenwald und kleinen Bergdörfern ab.

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Diese Route war zwar bei weitem nicht so schnell, aber immerhin rechnete man jederzeit mit einem großen Loch in der Straße, während unsereins auf dem Highway von Schlaglöchern vom Ausmaß eines Basketballs doch eher überascht wird. Überhaupt wird man im puertoricanischen Straßenverkehr oft von den Umständen kalt erwischt: da hört auf dem Highway ohne Ankündigung einfach mal eine Spur auf, die Verkehrsregelung an einer Baustelle ist dermaßen unklar, dass man am besten wartet, bis einem andere Autos den angedachten Weg zeigen oder man findet sich in der falschen Richtung in einer Einbahnstraße wieder, da niemand sich die Mühe gemacht hat, ein entsprechendes Schild anzubringen. Aber all das ist kein Problem, denn die Puertoricaner sind auch im Straßenverkehr freundlich und anstatt des in Deutschland gerne gezeigten Vogels wird versucht, den anderen durch Gestikulieren wieder auf den rechten Weg zurückzubringen.

Nach knapp vier Stunden Fahrtzeit kamen wir in Ponce, der zweitgrößten Stadt Puerto Ricos, an. Der überaus freundliche Herr vom Tourist Office empfahl uns eine kostenlose Fahrt mit dem „Choo Choo Train“, denn dann müßten wir nicht zu all den Sehenswürdigkeiten zu Fuß laufen. Außerdem gäbe es ja noch die ebenfalls kostenfreien Trolleys, also Busse, die in der Innenstadt verkehren. In freudiger Erwartung liefen wir zum schönen Feuerwehrmusem, um in eines der beiden Gefährte einzusteigen. Dort angekommen erklärte uns eine ebenfalls überaus freundliche Dame, dass es den „Choo Choo Train“ schon seit mittlerweile 4 (vier!) Jahren nicht mehr gibt und der Trolley ausgerechnet heute kaputt sei. Na, dann also doch auf Schusters Rappen! Die meisten Sehenswürdigkeiten liegen sowieso dicht beisammen in der Innenstadt, so dass wir uns zumindest an dem Tag die Füße nicht platt liefen. Nachdem wir über ein Jahr kein auch nur ansatzweise altes Bauwerk gesehen hatten, wurden wir von Ponce beinahe überwältigt. Schöne Architektur überall: Brunnen, Denkmäler, Parks, Kirchen, Museen, Regierungsgebäude, Wohnhäuser, alles sehr bunt und pittoresk. Auch die Banken (wer sonst?) resdieren hier in exzellent restaurierten Prunkbauten. Zum Abschluß gönnten wir uns noch einen Pincho an einem der allgegenwärtigen Straßenbüdchen. Dabei handelt es sich um einen lecker gegrillten Fleischspieß, der zum Beispiel mit BBQ Sauce bestrichen aus der Hand gegessen wird.

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Am nächsten Tag besuchten wir den El Yunque National Forest, einen geschützten tropischen Regenwald von etwa 10 mal 10 Kilometern Größe. Unvorstellbar, dass auf dieses kleine Fleckchen Erde aufgrund der vom Passatwind gegen die hohen Berge geschobenen Wolken fast 500 Milliarden Liter Regen fallen soll! Im schön angelegten Visitor Center erfuhren wir, dass es am frühen Nachmittag für nur $5 eine 1 1/2 stündige Führung durch den Regenwald geben würde. Da die maximale Teilnehmerzahl auf 20 begrenzt war, machten wir uns keine große Hoffnung, dass wir noch ein Ticket bekommen würden. Aber wie wir es auch schon in den Nationalparks der USA erlebt haben, werden die oftmals sogar kostenlosen Angebote der Ranger nur selten genutzt. Man macht dann scheinbar doch lieber eine Tour mit einem privaten Veranstalter für den zehnfachen Preis oder investiert sein Geld gleich in Burger, Pizza und Bier, um sein Gewicht zu halten. Beim Ticketkauf wurden wir mehrfach darauf hingewiesen, dass es sich um eine Walking Tour handelt. Ich kann mir lebhaft die Situationen vorstellen, die dazu geführt haben, dass die Dame das so sehr betonen muß! Letztendlich haben sich dann doch noch 10 mutige Teilnehmer gefunden, die dem überaus kurzweiligen und interessanten Vortrag der Rangerin lauschten und ihr durch den Regenwald folgten. Der Wald ist noch recht jung und besteht zum Großteil aus Palmen und Farnen, da vor einigen Jahren ein Hurrikan über den Park hinweggefegt ist. Trotzdem ist alles von saftigem Grün: auf den Stämmen und Ästen der größeren Bäume wachsen kleinere Pflanzen, wie Promelien, Mini-Orchideen oder einfach Moos, ohne dem Baum selbst zu schaden. Allgegenwärtig ist der lokale Baumfrosch, der Coqui, der immerfort ruft (Co-qui Co-qui Co-qui-qui-qui), aber leider nie zu sehen ist. Auch Vögel sind in großer Zahl zu hören und, wenn man geduldig genug ist, auch zu sehen. Vor allem die Falken sind beeindruckend, wenn man sie mit Glück durch eine kleine Lücke im Blätterdach des Regenwalds in der Thermik kreisen sieht.

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Es hat uns dort so gut gefallen, dass wir an einem der nächsten Tage nochmal herkamen, um eine längere Wanderung auf eigene Faust zu unternehmen. Auf dieser erklommen wir auf einem fast zu gut präparierten Weg El Yunque, einen über 1000 Meter hohen Berg, der dem Park seinen Namen gab. Oben angekommen verspeisten wir unsere mitgebrachten Sandwiches und genossen die fantastische Aussicht auf den östlichen Teil Puerto Ricos. Wir konnten sogar unsere Silence als kleinen weißen Fleck im türkisblauen Wasser ausmachen!

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Der Höhepunkt unserer und wahrscheinlich jeder Tour durch Puerto Rico ist die Altstadt von San Juan. Umgeben von einer im 16. Jahrhundert von den Spaniern errichteten Stadtmauer und geschützt von drei mächtigen Forts wurde die Stadt nie ernsthaft beschädigt. Die Gebäude sind meist sehr schön restauriert und schmale Gässchen mit Kopfsteinpflaster führen an ihnen vorbei. Den ganzen Vormittag schlenderten wir durch die Stadt, bestaunten die bunten Fassaden und besichtigten Plätze und Kirchen.

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Am Nachmittag schauten wir uns dann noch zwei der Forts an, El Morro und San Cristobal. Das dritte, La Fortaleza, ist die offizielle Residenz des Gouverneurs von Puerto Rico und nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. El Morro, das die Einfahrt der Bucht von San Juan bewachte, ist ein wahres Bollwerk. Mit Mauern so dick wie ein ganzes Haus umfasst es fünf Stockwerke mit Ausblick in sämtliche Richtungen, einschließlich auf den nahegelegenen Friedhof mit tollen Marmorstatuen und Mausoleen. Der Weg zurück in die Altstadt führte uns über eine riesengroße Wiese, auf der Kinder und auch Erwachsene den ganzen Tag bunte Drachen steigen ließen. Außerdem passierten wir noch den Stadtteil La Perla, der direkt außerhalb der Stadtmauer liegt und vom Namen her Großartiges erwarten ließ. Leider entpuppte sich das als Fehleinschätzung, La Favela hätte die Wirklichkeit wohl besser getroffen. Das Fort San Cristobal ist zwar etwas kleiner als El Morro, hat uns aber nicht weniger beeindruckt. Es schützte den Zugang zur Stadt von der Landseite her.

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Am Samstagabend kamen wir dann noch einmal nach San Juan und schauten uns das Capitol und vor allem das Nachtleben an. In den Gassen herrschte ein reges Treiben, überall gibt es Restaurants und Bars, an den Straßenecken spielten Musiker und in der Nähe des Hafens war ein Handwerksmarkt. Dort kauften wir uns jeder einen Pincho, setzten uns auf eine Bank auf einem belebten Platz und schauten den Leuten beim Flanieren zu. Ich glaube, wir hatten in diesem Moment so eine Art Kulturschock, weil wir so lange keine großen Menschenansammlungen mehr gesehen hatten :-). Danach waren wir irgendwie völlig groggy und fuhren zurück in unser „Basislager“ nach Fajardo.

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Ein weiteres Highlight für uns persönlich waren natürlich die riesigen Shopping Malls und Supermärkte, in denen wir fast jeden Abend waren.

Unser Besuch in Puerto Rico hat uns sehr gut gefallen. Die Puertoricaner sind sehr freundlich und hilfsbereit und wir haben uns zu jeder Tages- und Nachtzeit sicher gefühlt. Und das obwohl in Puert Rico praktisch jedes Haus vergitterte Türen, Fenster und Terrassen hat, da die Kriminalität sehr hoch sein soll. Allerdings konzentriert sich diese wohl auf einige wenige Hotspots in den Vororten von San Juan.

Inzwischen sind wir bereits auf dem Weg zurück (gegen die vorherrschende Windrichtung 🙁 ) zu den kleine Antillen, da wir noch ein paar Wochen in Union Island kitesurfen wollen, bevor es weiter in unser diesjähriges Sommerlager auf den ABC-Inseln geht.

2 Gedanken zu „Puerto Rico: Kultur und Natur

  1. Ihr Abenteurer!
    Was für ein spannender Bericht. Ich hatte von Puerto Rico ein gänzlich anderes Bild… Schön, dass ihr uns die Welt etwas näher bringt. Eine gute Rückreise nach Union Island!! Das macht ihr aber nicht in einem Rutsch, oder? Sind denn Netti, Holger und die Jungs auch noch unterwegs? Liebe Grüße aus dem verregneten Deutschland senden Claudia und Jolanda

    • Hallo Claudia,
      Puerto Rico war in der Tat so schön wie wir es uns erhofft hatten.
      Die Rückreise geht nun wieder über Culebra, die US Virgins, evtl. die BVI’s und Guadeloupe. So momentan der Plan, wenn mit dem Wind alles hinhaut 😉
      Netti, Holger und die Kinder haben wir tatsächlich hier auf Culebra wieder getroffen und schon ein paar schöne Spieleabende gemeinsam verbracht. Netti wird nächsten Samstag mit den Kindern von Puerto Rico nach Hause fliegen und Holgi wird das Boot zusammen mit seinem Papa zurück auf die Kanaren segeln.
      Wir schicken Euch ein dickes Päckchen Sonnenschein!
      LG
      Andrea & Kai

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