Erst das Vergnügen, dann die Arbeit

Nachdem wir nun so viele Tage mit Wandern und Entspannen verbracht hatten, mussten wir zwischendurch dann auch wieder ein paar kleine Reparaturarbeiten vornehmen. Schon seit Ewigkeiten regnete es immer mal wieder in unseren Steuerbord-Motorraum hinein und endlich fand Kai, wo der Regen herkam. Die Dichtmasse zwischen dem Übergang unseres Aufbaus zum Rumpf war wohl etwas abgekommen und durch diesen Schlitz konnte bei starkem Regen Wasser in unseren Motorraum laufen. Also alte Dichtmasse raus, neue rein und schon ist das Problem behoben.

Außerdem hatten wir abends nach einer unserer Wanderungen in Dominica noch eine böse Überraschung mit unserem Dingi erlebt. Da hier des öfteren Schwell in die Bucht lief, hatten wir beim Festmachen am Steg immer unseren Heckanker ausgebracht, damit unser Dingi nicht durch die Wellen an den Steg düllern kann. Das hatte auch die ganze Zeit super geklappt bis dann doch mal etwas höhere Wellen in die Bucht liefen. Als Kai an diesem Abend ins Dingi einstieg, kam gerade eine riesige Welle und da er noch vorne im Bug unseres Dingis war, hatte es vorne zu viel Gewicht. So nahm es Fahrt auf, der Heckanker brach aus und das Dingi rauschte mit der Nase voran volle Pulle an einen Pfeiler des Stegs, wobei Kai fast über Bord geworfen wurde.

Zurück am Boot zogen wir unser Dingi an den Davits hoch und besahen uns den Schaden. Das sah nicht gut aus: vorne am Rumpf war das Aluminium komplett eingedrückt. Zuerst dachten wir, wir könnten das von innen irgendwie wieder rausdrücken, aber leider mussten wir feststellen, dass wir da nicht so leicht rankamen. Denn innen sind an dieser Stelle die Tubes unseres Dingis. So spät am Abend fiel uns da keine Lösung ein und wir gingen völlig frustriert ins Bett.  

Und über Nacht hatte Kai dann glücklicherweise eine Idee. Er wollte versuchen die Luft aus dem vorderen Tube zu lassen, ein Handtuch und ein Holzbrett unterlegen und mit einem Hammer dann doch von innen versuchen, die Beule wieder rauszuhämmern.
Also zogen wir unser Dingi an Land und setzten diese Idee in die Tat um. Siehe da, es klappte! Was bin ich froh, dass mein Mann für fast alles immer eine Lösung findet und der Schaden somit von uns behoben werden konnte.

Und so waren wir dann auch bereit zur Abreise aus Dominica. Wir verabschiedeten uns von unseren Freunden, bekamen von ihnen nochmal ganz viel frisches Obst aus dem Garten und dann ging es weiter nach Guadeloupe.

Es war ein wunderschöner Segeltag. Mit lediglich 1,50m Welle kamen wir bei leichten östlichen Winden ganz gut voran und schafften die 41 Seemeilen in etwas mehr als 7 Stunden. Unterwegs fingen wir noch einen schönen Gelbflossen-Thunfisch und somit war auch gleich das Abendessen für die nächsten zwei Tage gesichert. Wenn segeln doch immer so friedlich und schön wäre!

Und zum Abschluss noch ein paar schöne Eindrücke aus Dominica:

Unsere erste Bekanntschaft mit „razor grass“

Weil die Wanderung auf dem Abschnitt 13 des Waitukubuli Trail uns solchen Spaß gemacht hatte, schaute Kai mal, ob es denn in der näheren Umgebung noch einen weiteren Abschnitt gäbe, den wir erwandern könnten.

Und tatsächlich führt der Abschnitt 11 etwas außerhalb von Portsmouth vorbei. Der gesamte Abschnitt 11 war uns mit mehr als 13 km zu lang, aber es sah so aus, als könnten wir eventuell ein Teilstück davon wandern. Mit dem Bus könnten wir Picard erreichen, dort ins Hinterland laufen und nach einer Bananenplantage müssten wir auf den Trail stoßen. Dann könnten wir auf diesem ca. 5 km wandern bis wir wieder zu einer der Hauptstraßen mit Busverkehr stoßen könnten. 

Oh ja, da hatten wir so richtig Lust drauf und so machten wir uns morgens auf zur Busstation in Portsmouth. In Richtung Picard fährt ca. alle 10 Minuten ein Bus und es dauerte nur wenige Minuten bis wir an unserem Ziel ankamen. Die Schotterstraße zur Bananenplantage fanden wir auch gleich. Das lief doch super! Unterwegs wuchs überall am Wegesrand Zitronengras. Daraus lässt sich nicht nur leckerer Tee kochen, sondern es wehrt auch Moskitos und andere Stechmücken ab, wenn man sich damit einreibt. Was wir vorsorglich mal taten.

Hinter der Bananenplantage führte ein kleiner Weg nach links und schon standen wir vor der Hängebrücke, die bereits zum Waitukubuli Trail Segment 11 gehört. Leider kann man diese nicht mehr benutzen, da sie völlig verrottet ist. Aber der darunter hindurch fließende Fluss, ließ sich an einer seichten Stelle gut durchwaten. 

Auf der anderen Seite zogen wir unsere Turnschuhe an und dann ging es erst einmal ziemlich steil den Berg hinauf. Wir wussten von der Karte, dass wir ca. 300 Höhenmeter überwinden mussten und dies sollten wir wohl relativ schnell tun, so steil wie es hier an manchen Stellen zuging. Manchmal war es mehr Klettern als Wandern, aber da wir ja gut ausgeruht waren, machte das richtig Spaß. Leider war der Weg jedoch nicht in solch gutem Zustand, wie das andere Segment, das wir erwandert hatten. Immer wieder wuchsen Bananenstauden über den Weg oder wir mussten über umgefallene Bäume klettern. Aber gut ausgeschildert war er: es gab überall auf Steine gemalte Zeichen, Holzschilder oder Nägel mit Plastikschildern.

 

Nach ca. einer halben Stunde schimmerte plötzlich etwas zwischen dem Blätterdach hervor. Ich wollte zuerst meinen Augen nicht trauen, aber tatsächlich, da stand eine Picknickbank unter einer kleinen Hütte, von der aus man einen herrlichen Ausblick auf die Nachbarinseln Les Saintes und Guadeloupe hatte. Wahnsinn! Wie hatte man denn das Material für den Bau der Hütte hier hinauf geschafft?

Wir machten eine ganz kurze Rast und genossen die Aussicht und dann ging es gleich weiter, denn wir standen hier ja quasi noch am Beginn unserer Wanderung. Die Hälfte der ca. 300 Höhenmeter hatten wir geschafft. Jetzt würde nochmal ein steiles Stück kommen und dann sollten wir am Kamm des kleinen Berges angekommen sein.

So war es dann auch. Wir kamen nach ca. 25 Minuten aus dem dichten Regenwals hinaus und hatten einen schönen Blick auf die Berge um uns herum. Jetzt sollte es auf dem Bergrücken in relativ gleicher Höhe gemütlich weitergehen. Das Schlimmste war geschafft! Dachten wir, aber da dachten wir falsch! 

Denn der schöne, sich gemütlich dahin schlängelnde Weg, entpuppte sich als messerscharfe Falle. Überall am Rande des Weges wuchsen teilweise mannshohe Gräser, die es in sich hatten. Es handelte sich hier wohl um eine Art Pampasgras (Paspalum virgatum), welches auch sword grass (Schwertgras) oder hier auf Dominica razor grass (Rasiermessergras) genannt wird. Und nach ein paar Metern wussten wir auch, warum das Gras diese Beinamen trägt. Kleine Wiederhaken auf der Oberseite der Blätter hakten sich nicht nur an unserer Kleidung, sondern auch an unserer Haut fest und wenn wir diese nicht entfernten, fügten sie uns beim Weitergehen messerscharfe Schnitte zu. Kai nahm sich vom Boden einen abgebrochenen Ast und schlug uns damit einen Weg frei. Doch das Gras stand immer sofort wieder auf und so nahm auch ich mir einen Ast, lief hinter Kai her und schlug das sich an mir festklammernde Gras weg. Doch das klappte mehr schlecht wie recht. 

Wir kämpften uns ca. eine 3/4 Stunde vorwärts und schafften noch nicht einmal einen Kilometer. Teilweise sahen wir überhaupt keinen Weg mehr, sondern nur noch umgefallenen Bäume und Gras. Mittlerweile waren unsere Beine komplett zerschnitten und jeder Schritt schmerzte aufs Heftigste. Auch meine Arme waren mittlerweile in Mitleidenschaft gezogen und wir sahen ein: das hatte so keinen Sinn! Das blöde war nur, dass wir uns ja nun eine 3/4 Stunde wieder durch das Gras zurück kämpfen mussten. Ich sage euch, das war nicht schön! Mich schmerzten meine Beine mittlerweile so sehr, dass ich jedes Mal zusammenzuckte, wenn wieder einer dieser mörderischen Halme über einen meiner Schnitte fuhr. Aber es half ja alles nichts: Zähne zusammen beißen und weiter gehen!

Was waren wir froh, als wir den Pfad wieder im dichten Regenwald verschwinden sahen und wir dieses grässliche Pampasgras hinter uns lassen konnten.

Der Abstieg ging natürlich wesentlich schneller als der Aufstieg und schon bald kamen wir wieder an der Picknick-Bank vorbei. Hier packten wir unseren Proviant und Wasser aus und erholten unsere schmerzenden Beine.

Dann ging es das zweite Stück des Berges hinunter und wir freuten uns beide darauf, dass wir bald unsere zerschrammten Beine im kalten Fluss baden und uns das Blut abwaschen konnten. 

Tja, leider sind wohl nicht alle Abschnitte des Waitukubuli Trails so gut gepflegt, wie der unserer vorherigen Wanderung. Und wir wissen jetzt auch, dass es durch razor grass so gut wie kein Durchkommen gibt. Selbst mit langen Hosen und langärmeligen Shirts hätten wir das nicht geschafft. Man lernt im Leben nunmal nie aus!

Auf den Spuren der Indianer von Penville nach Capuchin

Nachdem wir ja geklärt hatten, dass der 13. Abschnitt des Waitukubil National Trails, der an der Nordküste Dominicas von Penville nach Capuchin führt, gerade erst instand gehalten wurde, konnte uns nichts mehr aufhalten.

Morgens um 8 Uhr zogen wir unser Dingi an Land und liefen zur Bushaltestelle. Unser Plan war, mit dem Bus über den Vulkankrater in den Nordosten nach Penville zu fahren, um dort unsere Wanderung zu beginnen. Enden sollte sie in Capuchin, in einem Dorf auf der anderen Seite des Kraters, also im Nordwesten Dominicas, von wo aus wir mit dem Bus zurück nach Portsmouth wollten.

Leider liegen diese beiden Dörfer etwas am A… der Welt und somit dauerte es entsprechend lange, bis ein Bus kam, der nach Penville fuhr. Um kurz nach 9 Uhr saßen wir dann endlich im Bus und 20 Minuten später waren wir am Beginn des Wanderwegs. Flip Flops aus, Turnschuhe an und schon konnte es los gehen. Zufällig trafen wir auf einen Arbeiter, der mit einer Machete bewaffnet einen großen Sack mit Stöcken schleppte. Und dieser bestätigte uns nochmal, dass der Weg tatsächlich vor 10 Tagen frei gemacht wurde. Hervorragend!

Schon nach wenigen Metern waren wir wieder überwältigt von der wunderschönen Natur Dominicas. Wo man hinschaut saftiges Grün und teilweise konnten wir zwischen den Bäumen das tiefblaue Meer des Atlantiks sehen. Welch ein Kontrast!

Nach ca. einem Drittel der Strecke gab es einen Abstecher hinunter ans Meer auf eine kleine Halbinsel, den Point Reposoir. Nachdem die Angabe auf dem Schild zum Wanderweg besagte, dass man für den kompletten Weg lediglich 2 Stunden benötigen würde, wollten wir diesen rund 1km langen Umweg auf jeden Fall mitnehmen.

Zuerst ging es ziemlich steil durch hüfthohes Gras nach unten und ein Weg war kaum zu erkennen. Doch dann kamen wir wieder zwischen Bäume und wir sahen einen kleinen Trampelpfad der stetig hinunter an die Küste führte. Hier unter den Bäumen war es herrlich kühl und irgendwann hörten wir das Rauschen des Meeres immer näher kommen. Und dann lichteten sich die Bäume und gaben den Blick auf die Halbinsel frei, über die der Wind hinwegfegte. Wow, welch eine atemberaubende Sicht man von hier auf die steile Nordküste hat!

Nach einer kurzen Pause, während der wir uns den Wind durch die Haare pfeifen ließen und unsere verschwitzte Kleidung etwas trockneten, machten wir uns wieder an den Aufstieg, zurück zum eigentlichen Weg. 

Dieser wurde nun zunehmend beschwerlicher. Immer wieder ging es einen tiefen Einschnitt nach hinten in ein Tal, während man den Weg auf der anderen Seite der Schlucht bereits sehen konnte. Auch ging es immer wieder hoch und runter und jedes Mal wenn wir wieder ein Stück runter gingen, seufzte ich, weil ich wusste, dass ich das alles an einer anderen Stelle wieder hoch gehen musste. Aber glücklicherweise lag der Großteil des Weges unter dem kühlen Blätterdach und wir kamen recht gut voran, weil er auch in der Tat sehr schön instand gehalten war. Und unterwegs gab es ein kleines Flüsschen, an dem wir uns erfrischen konnten.

Schließlich kamen wir zu ein paar Ruinen. An dieser Stelle stand früher eine kleine Kaffeeplantage namens Grand Fond. Doch von den Ruinen war fast nichts mehr zu sehen. Der Urwald hatte alles überwuchert. Hier sollten wir vom eigentlichen Weg (ohne unseren Abstecher ans Meer) gut die Hälfte zurück gelegt haben, doch die Zeitangabe von 2 Stunden für den gesamten Weg, passte für uns nicht so wirklich. Mittlerweile waren wir ohne unseren Abstecher ans Meer und diverse kleine Pausen bereits mehr als 2 Stunden unterwegs. Für diese Zeitangabe musste unseres Erachtens jemand den Trail ohne Pause durch gejoggt sein.

Nach Grand Fond ging es dann nochmal stetig bergan und wir sahen, dass der Weg dieses Mal nicht direkt am Meer entlang um den nächsten Hügel herum führen würde, sondern dass wir quasi über den Hügel müssen. Puh, ganz schön anstrengend. 

Aber auch diese Anstrengung war es wieder wert. Zum einen sahen wir unterwegs ein Manikou ganz aus der Nähe und oben auf dem Kamm erwartete uns eine kleine Bank mit einer Kulisse wie im Film. Einfach nur herrlich!

Doch all zu lange wollten wir hier nicht rasten. Nur schnell ein Schluck aus unserer Wasserflasche und dann ging es weiter. Es ging wieder hoch und runter und schließlich kamen wir an einen Fluss, von dem wir wussten, dass er ziemlich am Ende unseres heutigen Trails lag. Also erst einmal frisches Quellwasser trinken und dann die kribbelnden und erschöpften Füße ins kühle Nass stellen. Welche Wohltat!

Danach lief es sich gleich wieder viel leichter und wir kamen bald in Capuchin an. Hier mussten wir noch ein Stück auf der „Hauptstraße“ entlang laufen bis wir an die Bushaltestelle kamen. Und hier warteten bereits einige Einheimische auf den Bus, der dann auch tatsächlich 15 Minuten später kam. Das klappte ja wie am Schnürchen.

Allerdings hatten wir für den 7,5km langen Trail plus den 1km langen Abstecher ans Meer inkl. diverser kleiner Pausen 5 1/2 Stunden statt 2 Stunden benötigt. Man sollte den Zeitangaben auf den Schildern also nicht unbedingt Glauben schenken!

Nach 20 minütiger Fahrt waren wir wieder an unserem Dingi und freuten uns auf ein erfrischendes Bad im Meer und abends gab es zur Stärkung einen Burger mit Pommes!