Hurrikan Tammy schrammte an uns vorbei

Die vorletzte Woche war für uns etwas aufregend, denn das Ende der Hurrikan-Saison hat es nochmal knüppeldick in sich.

Zwar geht die Hurrikan-Saison offiziell von Anfang Juni bis Ende November, doch die kritischste Zeit ist eigentlich Mitte August bis Anfang Oktober. Hier ist statistisch die Gefahr eines Hurrikans am höchsten. Und so waren wir etwas erstaunt, als die Wettervorhersage vor zwei Wochen plötzlich einen Sturm ankündigte, der sich zu einem Hurrikan entwickeln könnte.

Kai verfolgt normalerweise regelmäßig die Updates von zwei Wettermodellen: das amerikanische GFS-Modell von NOAA und das europäische ECMWF-Modell. 

Leider waren sich die beiden Modelle völlig uneins über die Zugbahn des Sturms, ob er sich zu einem Hurrikan entwickeln würde und falls ja, wo das sein würde. Tja, nichts Genaues weiß man nicht und somit ist es für uns auch oft sehr schwierig eine Entscheidung zu treffen: sollen wir ausharren, wo wir gerade sind oder wäre es besser weiter nach Süden zu segeln, damit wir aus der Gefahrenzone entkommen.

Doch wenn es an einem Tag heißt, dass der Sturm oder Hurrikan evtl. über St. Lucia ziehen wird (also südlich an uns vorbei zieht) und dann heißt es, dass er wohl eher über Dominika oder Guadeloupe ziehen wird (also nördlich von uns), dann weiß man nicht so recht, was man tun soll. Also blieben wir einfach, wo wir waren (in Martinique) und harrten der Dinge, die da kommen werden.

Das europäische Spaghetti-Modell (siehe Bild) zeigte dann alle möglichen Routen auf, die aber dieses Mal so sehr variierten, dass uns das auch nicht weiterhalf. Aber immerhin sah es überall so aus, dass sich der Hurrikan erst sehr knapp vor der Karibik entwickeln würde und er somit, selbst wenn er über uns hinwegziehen sollte, nicht allzu stark sein dürfte.

Tja, aber auch diese Aussage änderte sich dann wieder und selbst einen halben Tag bevor der mittlerweile mit dem Namen Tammy versehene Sturm durchkam, wussten wir nicht genau was passieren sollte.

Am Abend des 20. Oktobers sahen wir Tammy dann auf dem Regenradar heranrücken. Sie hielt Kurs auf Martinique, aber es hieß, dass Tammy ein ganzes Stück vor Martinique nach Norden abbiegen würde. Dominika, Guadeloupe, Antigua & Barbuda und ein paar andere Inseln hatten Hurrikanwarnungen (Wind über 120 km/h) ausgerufen, Martinique hatte lediglich eine Warnung vor einem tropischen Sturm (über 60km/h) ausgegeben.

Also ab ins Bett und hoffen, dass es nicht allzu schlimm wird. Wir hatten uns eine gut geschützte Bucht ausgesucht, unseren Anker gut eingegraben und hofften auf das Beste. Um kurz nach 23 Uhr schaute Kai nochmal auf die Wettervorhersage und erschrak, als er sah, dass Martinique mittlerweile auch vor Windgeschwindigkeiten zumindest von bis zu 120km/h warnte und Tammy weiterhin auf uns zuhielt. Na, das konnte ja heiter werden!

Circa 50km vor Martinique hatte Tammy dann endlich Erbarmen mit uns und drehte ab. Sie zog östlich von Dominika und Guadeloupe vorbei, ging genau über La Desirade (eine kleine Insel, die zu Guadeloupe gehört), zog östlich an Antigua vorbei und zog danach über Barbuda. Glücklicherweise wurden in Barbuda „nur“ Windgeschwindigkeiten von 145 km/h gemessen und es entstand wohl kein größerer Schaden.

Puh, da waren wir ja nochmal gut davon gekommen, denn wir lagen wunderbar geschützt und bekamen überhaupt keinen Wind ab. Welch Erleichterung!

Allerdings bescherte uns Tammy dann im Nachhinein ganz schön viel Regen. Und selbst nach einer Woche haben wir hier noch heftige Regenfälle, die das Bootsleben gerade nicht so richtig angenehm machen. Bei knapp 30ºC, 99% Luftfeuchtigkeit und geschlossenen Fenstern fühlt man sich wie in einem Dampfbad!

Falls ihr noch ein paar mehr Fakten zum Thema Hurrikans in der Karibik haben möchtet, dann könnt ihr hier nochmal auf einen unserer älteren Artikel zugreifen: Hurrikansaison – was ist das?

Wieder zurück in der Karibik

Zuerst einmal möchte ich mich entschuldigen, dass ihr so lange nichts von mir gehört habt!

Ursprünglich hatte ich geplant, dieses Jahr im Juli und August für zwei Monate nach Deutschland zu gehen, um Freunde und Verwandte zu besuchen und etwas Urlaub zu machen, während Kai hier auf unser Boot aufpassen wollte.

Doch leider kam es anders. Anfang Juni fragte meine Mutter, ob ich nicht schon früher kommen könne. Meinem Stiefvater ging es gesundheitlich sehr schlecht (er war an Darmkrebs operiert worden und der Krebs war zurück gekommen) und meine Mutter hatte im April ein künstliches Kniegelenk bekommen, was im Mai plötzlich wieder rausgesprungen war und ihr nun erhebliche Schmerzen bereitete.

So buchte ich meinen Flug von Martinique nach Paris um, buchte einen zusätzlichen Flug von Guadeloupe nach Martinique und Kai segelte mit mir von Antigua nach Guadeloupe, um mich dort in den Flieger zu setzen. Nach 23 Stunden Reisezeit kam ich dann am 13. Juni ziemlich gerädert in der Eifel an und verbrachte dort die nächsten drei Monate mit meiner Mutter und meinem Stiefvater.

Eigentlich wollte ich Mitte September wieder zurück nach Martinique fliegen, doch leider verstarb mein Stiefvater Anfang September und so verschob ich meinen Rückflug nochmal um einen Monat, um meiner Mutter mit der Organisation der Trauerfeier und den ganzen Formalitäten zu helfen.

Und vergangene Woche ging es dann wieder zurück in die Karibik. Genau rechtzeitig bevor es in der Eifel so richtig kalt wurde, kam ich hier in die Hitze der Hurrikan-Saison zurück. Welch Kontrast! Hatte es in der Eifel morgens teilweise einstellige Temperaturen, so haben wir hier in Martinique momentan nie unter 30ºC. Als wir vergangenen Donnerstag vom Einkaufen zurück kamen, hatten wir sogar 39,2ºC in unserer Silence. Da kam dann sogar ich ins Schwitzen. Aber ich muss sagen, dass ich den Temperaturunterschied doch insgesamt recht gut wegsteckte. Ich hatte zwei Tage etwas Kreislaufprobleme und dann war ich akklimatisiert. Ich hab es einfach gerne warm!

Aber nicht nur die Hitze ist ein krasser Unterschied zu Deutschland. Wenn man die ganze Zeit hier in der Karibik auf seinem Schiffchen lebt, fallen einem manche Dinge gar nicht mehr auf. Wenn man dann aber vier Monate in der ersten Welt verbracht hat, treten die Kontraste zur dritten Welt doch ganz schön stark hervor.

Zum einen war ich nun wieder die gut gefüllten Supermärkte gewöhnt. Diese schönen Obst- und Gemüseregale, wo es fast alles gibt, was das Herz begehrt. Die unglaubliche Auswahl an Wurst, Käse, Backwaren, usw. Und nun stand ich hier wieder vor teilweise leeren Regalen. Seit 9 Tagen versuchen wir Salat zu kaufen, waren schon in mehreren verschiedenen Supermärkten, aber kein Glück. Auch an Gemüse sieht es momentan mau aus. Zurzeit gibt es Paprika, Karotten, Kartoffeln, Kohl, Zwiebeln, Frühlingszwiebeln, Tomaten und Gurken. Keine Zucchini, Auberginen, Brokkoli, Blumenkohl, Lauch, … Ich könnte heulen, wenn ich hier im Supermarkt vor den Regalen stehe und mich an das Angebot im Lidl zurück erinnere.

Auch merke ich jetzt noch extremer als vorher, wie laut in der Karibik die Menschen sind. Hier ist man wohl nur glücklich, wenn man Lärm machen kann. Während in Europa die Leute in Bus und Bahn Kopfhörer tragen, wenn sie mit dem Handy Musik hören oder Videos anschauen, wird hier einfach das Telefon auf laut gestellt und auf den Schoß gelegt. Somit plärrt im Bus aus jeder Richtung andere Musik und man will sich am liebsten die Ohren zuhalten. Abends wird irgendwo im Ort getrommelt oder eine Gruppe übt im Freien mit ihren Blasinstrumenten oder jemand hört in einem Haus bei offenen Fenstern ohrenbetäubend laute Musik. In Deutschland unvorstellbar, da würden die Anwohner auf die Barrikaden gehen, hier ist das normal!

Und wenn man vier Monate in einem richtigen Haus gelebt hat, dann kommt einem unsere Silence auf einmal winzig klein vor. Ich war etwas geschockt, als ich unser Boot betrat und mit dem ersten Schritt in den Salon schon direkt vor unserem Esstisch stand. Ich hatte das Gefühl, dass der Raum mit zwei Personen bereits überfüllt ist und wir uns ständig im Weg sind. Das war mir in den vergangenen Jahren nie so vorgekommen. Wahnsinn, wie anders das auf einmal alles auf mich wirkte.

Und was auch ein großer Unterschied ist: man kann nie einfach mal schnell irgendwo hin gehen oder mit dem Auto hinfahren. Wir müssen immer erst unser Dingi runterlassen, an Land fahren, an einem Steg festmachen, das Dingi fest ketten und dann können wir loslaufen oder in einen Bus steigen. Das ist solch ein Aufwand, wenn man sich einfach nur mal schnell etwas die Beine vertreten, den Nachbarn besuchen oder einkaufen gehen will.  

Aber an all den Dingen sehe ich wieder mal, welch unglaubliche Gewohnheitstiere wir Menschen sind. Wenn man die ganze Zeit so lebt, wie wir hier leben, fallen einem viele Dinge gar nicht mehr so auf. Und erst wenn man es mal wieder anders hatte, sieht man wieder viel deutlicher, was einem hier so alles fehlt.

Und doch muss ich sagen, haben beide Welten ihre schönen Seiten. Hier verzichten wir auf viele Annehmlichkeiten, aber dafür lacht fast jeden Tag die Sonne, es ist schön warm und wir haben einen riesigen Swimmingpool!

Mein Fazit für heute: Das Leben ist schön, von einfach war nie die Rede! 

Zeitraffer Oktober und November 2022

Ich habe mal wieder ein ganz schlechtes Gewissen, weil ich so lange nichts gepostet habe, aber irgendwie waren wir so viel unterwegs und haben mal wieder ganz viel am Boot gewurschtelt und so verging die Zeit wie im Flug.

Hier also ein Update, was bei uns so die letzten Monate im alten Jahr los war:

Im Oktober war Kai für 2 1/2 Wochen in Deutschland, um dort endlich mal die ganzen Sachen abzuholen, die wir vor Corona nach Deutschland bestellt hatten. Und gleichzeitig wollte er mit seiner Mutter seinen 50. Geburtstag nachfeiern. Er hatte eine schöne Zeit zu Hause und konnte sich bei der Rückreise sogar noch kurz Paris anschauen.

Und was denkt ihr, was ihn zu Hause am meisten beeindruckt hat? Die riesige Vielfalt an Lebensmitteln! Alle Regale sind zum Bersten gefüllt und das Obst und Gemüse strahlt in den schönsten Farben. Das sind wir hier in der Karibik überhaupt nicht gewöhnt und Kai fühlte sich wie im Schlaraffenland.

Nach Kais Rückkehr erging es uns dann erst einmal nicht so gut. Denn leider brach uns in der Nacht direkt nach Kais Rückkehr ein Teil der Pumpe mit der wir unseren Fäkalientank auspumpen und die ganze Sch… lief uns über verschiedene Schläuche und Ventile direkt in die Bilge. Wir waren 3 Stunden damit beschäftigt die Sauerei zu beseitigen und hingen teilweise beide kopfüber im Gestank. Wahrlich kein schöner Willkommensgruß unserer Silence! Immerhin bekamen wir das Ersatzteil in Martinique und hätten die Pumpe somit zwei Tage später reparieren können. Hätten wir nicht beide Corona bekommen.

Und so lagen wir dann eine Woche flach. Ich hatte glücklicherweise nur leichtes Fieber, Husten und Halsschmerzen, aber Kai erwischte es etwas doller. Er hatte 39,5ºC Fieber und ebenfalls Husten und Halsschmerzen. So vegetierten wir ein paar Tage vor uns hin, während uns unsere lieben Freunde mit frischem Baguette, Mandarinen, Äpfeln, … versorgten (ein ganz großes Danke schön an Vero & Patrice, Elena & Achim und Chris!). Nach 8 Tagen ging es uns wieder so gut, dass wir zumindest mal unsere Einkäufe für die nächsten drei Monate erledigen konnten, aber wir waren nachmittags immer noch total schlapp und so dauerte alles etwas länger als normalerweise.

Doch irgendwann hatten wir alles eingekauft, nochmal ein paar Maschinen Wäsche gewaschen und waren bereit zu unserer Reise in Richtung Norden.

Erste Station war Dominika, wo wir wieder unsere deutschen Freunde besuchten, die sich dort ein Haus gebaut haben. Leider hatten wir teilweise so richtig schlechtes Wetter, so dass aus unseren geplanten Ausflügen nicht viel wurde und wir einige Zeit einfach nur am Boot verbrachten.

Und nach einer Woche ging es dann weiter nach Guadeloupe, wo wir für Kai ein neues gebrauchtes Kiteboard erstanden. Und als wir an den zu Guadeloupe gehörigen Les Saintes Inseln vorbei kamen, fingen wir endlich mal wieder einen richtig schönen Thunfisch. Welch ein Schmaus!

Und nach diesem kurzen Zwischenstopp ging es weiter nach Antigua.