Puerto Rico: Kultur und Natur

Puerto Rico, also „reicher Hafen“, ist die erste Insel der großen Antillen, die wir besuchten. „Reich“ trifft in vielerlei Hinsicht zu. Zum Beispiel sollen die über 4 Millionen Puertoricaner laut einer Studie der Universität Michigan zu den glücklichsten Menschen der Welt gehören. Auch ist Puerto Rico reich an Geschichte. Schon im 16. Jahrhundert entdeckten die Spanier den strategischen Wert der Insel als Tor zur neuen Welt. Seit 1898 gehört das Land zum Commonwealth der USA, was bedeutet, dass die Einwohner zwar US Bürger sind, die auf US Territorium leben, aber nicht an den Präsidentschaftswahlen teilnehmen dürfen. Letzteres wird in Puerto Rico kontrovers diskutiert. Ich persönlich glaube, dass die meisten Puertoricaner lieber diskutieren als wählen, so dass dies der perfekt Zustand für sie ist. Vielleicht sind sie ja deshalb so glücklich 😉 !

Mit dem „groß“ in den großen Antillen ist tatsächlich die geografische Ausdehnung der einzelnen Inseln gemeint, so dass wir uns entschlossen, Puerto Rico eine Woche lang mit einem Mietwagen zu erkunden. Wir mieteten bei einem der bekannten Verleihern (enterprise), was recht günstig war, obwohl wir wieder mal vergessen hatten, dass in den USA die Versicherung immer erst dann als kleine Überraschung zum Mietpreis dazukommt, wenn man das Auto abholt. Aber für US$270,- pro Woche kann man wirklich nicht meckern. Außerdem holte uns eine Mitarbeiterin sogar noch am Dock ab, damit wir kein teures Taxi nehmen mußten. Auf dem Weg zur Filiale kamen wir prompt an einer der lokalen Autoverleihfirmen vorbei, vor denen uns unser Reiseführer gewarnt hatte: was vollmundig „World Car Rental“ benannt war, war ein Schuppen mit ein paar Klapperkisten auf einem eingezäunten staubigen Platz. Richtig, bei uns in Deutschland wäre im Firmennamen sicherlich irgendwo das Wort „Schrottplatz“ aufgetaucht :-). Naja, aber immerhin eine Vision hat (oder hatte?) der Besitzer!

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Gleich auf den ersten Metern mit unserem Mietwagen fiel uns auf: wir sind quasi in den USA! Die Straßen so breit, dass man aus einer Spur leicht zwei machen könnte und die erlaubte Höchstgeschwindigkeit so niedrig, dass man den Eindruck hat, man wäre zu Fuß vielleicht schneller. Da wir am ersten Tag nicht gleich die Hauptattraktion, San Juan, vorwegnehmen wollten, machten wir uns von unserem „Basislager“ Fajardo an der Ostküste auf den Weg nach Ponce im Süden. Damit wir nicht die ganze Zeit auf dem Highway fahren mußten, nahmen wir zwischendurch ein Teilstück der sogenannten Ruta Panoramica. Dieses relativ schmale und teilweise mit Schlaglöchern übersäte Sträßchen schlängelt sich durchs bergige Hinterland Puerto Ricos und führt fast 200km weit von der Ost- zur Westküste. Herrliche Ausblicke wechseln sich hier mit dichtem Regenwald und kleinen Bergdörfern ab.

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Diese Route war zwar bei weitem nicht so schnell, aber immerhin rechnete man jederzeit mit einem großen Loch in der Straße, während unsereins auf dem Highway von Schlaglöchern vom Ausmaß eines Basketballs doch eher überascht wird. Überhaupt wird man im puertoricanischen Straßenverkehr oft von den Umständen kalt erwischt: da hört auf dem Highway ohne Ankündigung einfach mal eine Spur auf, die Verkehrsregelung an einer Baustelle ist dermaßen unklar, dass man am besten wartet, bis einem andere Autos den angedachten Weg zeigen oder man findet sich in der falschen Richtung in einer Einbahnstraße wieder, da niemand sich die Mühe gemacht hat, ein entsprechendes Schild anzubringen. Aber all das ist kein Problem, denn die Puertoricaner sind auch im Straßenverkehr freundlich und anstatt des in Deutschland gerne gezeigten Vogels wird versucht, den anderen durch Gestikulieren wieder auf den rechten Weg zurückzubringen.

Nach knapp vier Stunden Fahrtzeit kamen wir in Ponce, der zweitgrößten Stadt Puerto Ricos, an. Der überaus freundliche Herr vom Tourist Office empfahl uns eine kostenlose Fahrt mit dem „Choo Choo Train“, denn dann müßten wir nicht zu all den Sehenswürdigkeiten zu Fuß laufen. Außerdem gäbe es ja noch die ebenfalls kostenfreien Trolleys, also Busse, die in der Innenstadt verkehren. In freudiger Erwartung liefen wir zum schönen Feuerwehrmusem, um in eines der beiden Gefährte einzusteigen. Dort angekommen erklärte uns eine ebenfalls überaus freundliche Dame, dass es den „Choo Choo Train“ schon seit mittlerweile 4 (vier!) Jahren nicht mehr gibt und der Trolley ausgerechnet heute kaputt sei. Na, dann also doch auf Schusters Rappen! Die meisten Sehenswürdigkeiten liegen sowieso dicht beisammen in der Innenstadt, so dass wir uns zumindest an dem Tag die Füße nicht platt liefen. Nachdem wir über ein Jahr kein auch nur ansatzweise altes Bauwerk gesehen hatten, wurden wir von Ponce beinahe überwältigt. Schöne Architektur überall: Brunnen, Denkmäler, Parks, Kirchen, Museen, Regierungsgebäude, Wohnhäuser, alles sehr bunt und pittoresk. Auch die Banken (wer sonst?) resdieren hier in exzellent restaurierten Prunkbauten. Zum Abschluß gönnten wir uns noch einen Pincho an einem der allgegenwärtigen Straßenbüdchen. Dabei handelt es sich um einen lecker gegrillten Fleischspieß, der zum Beispiel mit BBQ Sauce bestrichen aus der Hand gegessen wird.

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Am nächsten Tag besuchten wir den El Yunque National Forest, einen geschützten tropischen Regenwald von etwa 10 mal 10 Kilometern Größe. Unvorstellbar, dass auf dieses kleine Fleckchen Erde aufgrund der vom Passatwind gegen die hohen Berge geschobenen Wolken fast 500 Milliarden Liter Regen fallen soll! Im schön angelegten Visitor Center erfuhren wir, dass es am frühen Nachmittag für nur $5 eine 1 1/2 stündige Führung durch den Regenwald geben würde. Da die maximale Teilnehmerzahl auf 20 begrenzt war, machten wir uns keine große Hoffnung, dass wir noch ein Ticket bekommen würden. Aber wie wir es auch schon in den Nationalparks der USA erlebt haben, werden die oftmals sogar kostenlosen Angebote der Ranger nur selten genutzt. Man macht dann scheinbar doch lieber eine Tour mit einem privaten Veranstalter für den zehnfachen Preis oder investiert sein Geld gleich in Burger, Pizza und Bier, um sein Gewicht zu halten. Beim Ticketkauf wurden wir mehrfach darauf hingewiesen, dass es sich um eine Walking Tour handelt. Ich kann mir lebhaft die Situationen vorstellen, die dazu geführt haben, dass die Dame das so sehr betonen muß! Letztendlich haben sich dann doch noch 10 mutige Teilnehmer gefunden, die dem überaus kurzweiligen und interessanten Vortrag der Rangerin lauschten und ihr durch den Regenwald folgten. Der Wald ist noch recht jung und besteht zum Großteil aus Palmen und Farnen, da vor einigen Jahren ein Hurrikan über den Park hinweggefegt ist. Trotzdem ist alles von saftigem Grün: auf den Stämmen und Ästen der größeren Bäume wachsen kleinere Pflanzen, wie Promelien, Mini-Orchideen oder einfach Moos, ohne dem Baum selbst zu schaden. Allgegenwärtig ist der lokale Baumfrosch, der Coqui, der immerfort ruft (Co-qui Co-qui Co-qui-qui-qui), aber leider nie zu sehen ist. Auch Vögel sind in großer Zahl zu hören und, wenn man geduldig genug ist, auch zu sehen. Vor allem die Falken sind beeindruckend, wenn man sie mit Glück durch eine kleine Lücke im Blätterdach des Regenwalds in der Thermik kreisen sieht.

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Es hat uns dort so gut gefallen, dass wir an einem der nächsten Tage nochmal herkamen, um eine längere Wanderung auf eigene Faust zu unternehmen. Auf dieser erklommen wir auf einem fast zu gut präparierten Weg El Yunque, einen über 1000 Meter hohen Berg, der dem Park seinen Namen gab. Oben angekommen verspeisten wir unsere mitgebrachten Sandwiches und genossen die fantastische Aussicht auf den östlichen Teil Puerto Ricos. Wir konnten sogar unsere Silence als kleinen weißen Fleck im türkisblauen Wasser ausmachen!

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Der Höhepunkt unserer und wahrscheinlich jeder Tour durch Puerto Rico ist die Altstadt von San Juan. Umgeben von einer im 16. Jahrhundert von den Spaniern errichteten Stadtmauer und geschützt von drei mächtigen Forts wurde die Stadt nie ernsthaft beschädigt. Die Gebäude sind meist sehr schön restauriert und schmale Gässchen mit Kopfsteinpflaster führen an ihnen vorbei. Den ganzen Vormittag schlenderten wir durch die Stadt, bestaunten die bunten Fassaden und besichtigten Plätze und Kirchen.

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Am Nachmittag schauten wir uns dann noch zwei der Forts an, El Morro und San Cristobal. Das dritte, La Fortaleza, ist die offizielle Residenz des Gouverneurs von Puerto Rico und nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. El Morro, das die Einfahrt der Bucht von San Juan bewachte, ist ein wahres Bollwerk. Mit Mauern so dick wie ein ganzes Haus umfasst es fünf Stockwerke mit Ausblick in sämtliche Richtungen, einschließlich auf den nahegelegenen Friedhof mit tollen Marmorstatuen und Mausoleen. Der Weg zurück in die Altstadt führte uns über eine riesengroße Wiese, auf der Kinder und auch Erwachsene den ganzen Tag bunte Drachen steigen ließen. Außerdem passierten wir noch den Stadtteil La Perla, der direkt außerhalb der Stadtmauer liegt und vom Namen her Großartiges erwarten ließ. Leider entpuppte sich das als Fehleinschätzung, La Favela hätte die Wirklichkeit wohl besser getroffen. Das Fort San Cristobal ist zwar etwas kleiner als El Morro, hat uns aber nicht weniger beeindruckt. Es schützte den Zugang zur Stadt von der Landseite her.

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Am Samstagabend kamen wir dann noch einmal nach San Juan und schauten uns das Capitol und vor allem das Nachtleben an. In den Gassen herrschte ein reges Treiben, überall gibt es Restaurants und Bars, an den Straßenecken spielten Musiker und in der Nähe des Hafens war ein Handwerksmarkt. Dort kauften wir uns jeder einen Pincho, setzten uns auf eine Bank auf einem belebten Platz und schauten den Leuten beim Flanieren zu. Ich glaube, wir hatten in diesem Moment so eine Art Kulturschock, weil wir so lange keine großen Menschenansammlungen mehr gesehen hatten :-). Danach waren wir irgendwie völlig groggy und fuhren zurück in unser „Basislager“ nach Fajardo.

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Ein weiteres Highlight für uns persönlich waren natürlich die riesigen Shopping Malls und Supermärkte, in denen wir fast jeden Abend waren.

Unser Besuch in Puerto Rico hat uns sehr gut gefallen. Die Puertoricaner sind sehr freundlich und hilfsbereit und wir haben uns zu jeder Tages- und Nachtzeit sicher gefühlt. Und das obwohl in Puert Rico praktisch jedes Haus vergitterte Türen, Fenster und Terrassen hat, da die Kriminalität sehr hoch sein soll. Allerdings konzentriert sich diese wohl auf einige wenige Hotspots in den Vororten von San Juan.

Inzwischen sind wir bereits auf dem Weg zurück (gegen die vorherrschende Windrichtung 🙁 ) zu den kleine Antillen, da wir noch ein paar Wochen in Union Island kitesurfen wollen, bevor es weiter in unser diesjähriges Sommerlager auf den ABC-Inseln geht.

Jungfräuliche Spanish Virgins

Nach dem was uns die Dame vom Zoll auf den US Virgins gesagt hatte, klang das Einklarieren auf den Spanish Virgins/Puerto Rico wie ein Kinderspiel.

Wir fuhren mit dem Dingi in die „Stadt“, machten am Dock fest und liefen zu Fuß ca. 20 Minuten zum Flughafen, wo sich das Zollbüro befindet. Dort angekommen, grüßten wir den Beamten recht freundlich, nahmen uns ein Formular vom Stapel und wollten mit dem Ausfüllen beginnen. Da rief uns der Beamte an seinen Schreibtisch und fragte, zu welchem Zweck wir denn hier wären. Wir sagten ihm, dass wir gerne einklarieren möchten und er fragte in ziemlich barschem Ton, ob wir unsere Ankunft denn angekündigt hätten. Wir sahen ihn fragend an, verneinten und erklärten ihm, dass wir von den US Virgins kommen, somit quasi ja schon in den USA einklariert hatten und die Dame vom Zoll in St. Thomas uns gesagt hätte, wir müssten hier nur nochmals kurz beim Zoll in Puerto Rico vorstellig werden. Er sagte, das sei auch richtig so, aber vor der Einreise nach Puerto Rico hätten wir unsere Ankunft auf jeden Fall telefonisch anzukündigen und ob wir denn beim Ausklarieren in St. Thomas kein Formular bekommen hätten. Uff, damit konnten wir etwas anfangen. Natürlich hatten wir ein Formular bekommen und schnell holten wir unsere Ausreisepapiere heraus. In wütendem Ton fuhr uns der Beamte an, dass dies das falsche Formular sei, er meine das Papier mit den Telefonnummern. Kai und ich sahen uns fragend an. Wir verstanden nur noch Bahnhof und Abfahrt. Wir entschuldigten uns und wiederholten nochmals, was die Dame in St. Thomas uns gesagt hatte und sagten ihm, dass von Telefonnummern und Ankündigungen leider nie die Rede war. Er fuhr uns an, dass wir da ja wohl so ziemlich alles falsch gemacht hätten, was man nur falsch machen kann und wir unsere Ankunft jetzt sofort telefonisch anzumelden hätten. Mit diesen Worten schob er uns einen Zettel mit einer Telefonnummer zu.

Wir schauten uns völlig bedröppelt an, denn natürlich hatten wir unsere Handys nicht dabei. Als wir dem Zollbeamten also sagten, dass wir leider kein Handy dabei haben, hob das seine Stimmung nicht wirklich. Er tippte wütend eine Nummer auf seinem Handy ein, hielt mir ganz unvermittelt das Handy hin und sagte: „And now announce yourself correctly!“ Und schon hatte ich irgendeinen Herrn am Telefon, der nach meinem Anliegen fragte. Ich war so überrascht, dass ich ziemlich zusammenhanglos ins Handy stotterte, dass wir zwar schon im Zollbüro stünden, nun aber gerne noch unsere Ankunft ankündigen würden (ist das nicht total schwachsinnig?!). Der Herr am Telefon war sehr freundlich, bat mich aber in 20 Minuten nochmals anzurufen, weil er gerade bei einer Inspektion sei und unsere Daten jetzt nicht aufnehmen könne. Ich legte also auf und teilte dem Zollbeamten mit, was sein Kollege mir gesagt hatte. Er fuhr mich wütend an: „And how are you going to call him again if you have no phone?“ Ich wusste nicht, was ich antworten sollte und schaute ihn nur hilflos an. Dann drückte er uns unser Ausklarierungsformular von St. Thomas wieder in die Hand und sagte nur in schroffem Tonfall: „Leave the office and wait outside!“ Hier in seinem klimatisierten Büro wäre zwar auch ein kleiner Wartebereich mit ziemlich vielen Stühlen gewesen, aber wir verließen nur zu gerne auf schnellstem Weg dieses Büro.

So saßen wir dann draußen in der Wartehalle des Flughafens und die Zeit verstrich. 10 Minuten, 20 Minuten, 30 Minuten… und ich kochte vor Wut! Wieso hatte uns die Zollbeamtin in St. Thomas das nicht gesagt? Wohl hatte Kai in unserem Führer etwas davon gelesen, dass man seine Ankunft ankündigen müsse, aber dort stand leider nicht beschrieben wie dies zu tun sei und einen Absatz später wurde dann erwähnt, man würde mit Setzen der gelben Flagge seine Ankunft ankündigen und Kai dachte, damit wäre es getan. Ich hätte dem Beamten am liebsten gehörig die Meinung gesagt, denn es war einfach nur unverschämt, wie er uns behandelt hatte. Wir fühlten uns wie Verbrecher und hatten das Gefühl, dass es ihm nur noch darum ging uns zu schikanieren, weil wir gegen die Regeln verstoßen hatten. Ich sah den Zoll schon unser ganzes Boot auseinander nehmen … Au weia, wie wird das wohl weitergehen? Ich hätte vor lauter Wut, Frust und Ohnmacht fast geheult.

Nach ca. 35-40 Minuten beorderte uns der Beamte wieder in sein Büro und dann kam die große Überraschung: er bat einen von uns das Einreiseformular auszufüllen, während der andere ihm die ganzen benötigten Daten für die „Ankündigung“ diktieren sollte, so dass er sie gleich in seinen Computer eintragen könne. Er wurde zunehmend freundlicher und erzählte uns plötzlich, dass er 15 Jahre in Deutschland gelebt hat und größtenteils in Heidelberg stationiert war. Er erklärte uns ganz sachlich, wie das mit dem Ankündigen in Puerto Rico funktioniert (das muss man nämlich auch dann wieder tun, wenn man einen der vier Marine-Verwaltungsbezirke verlässt) und gab uns die benötigten Telefonnummern. Außerdem zog er dann noch eine Landkarte von Culebra aus einer Schublade und fing an, uns zu erklären, wo wir Supermärkte, Restaurants, und anderes finden. Wir wussten gar nicht wie uns geschah; träumten wir das jetzt oder was?

Am Ende sagte er uns noch, dass wir jederzeit gerne vorbeikommen dürften, wenn wir irgendwelche Fragen hätten und verabschiedete uns superfreundlich. Als wir aus dem Gebäude gingen, fragten wir uns, ob der Beamte einen Zwillingsbruder oder eine gespaltene Persönlichkeit hat. So etwas war uns noch nie passiert! Aber wir waren überglücklich, dass unsere Gesetzesverstöße nun doch so harmlos ausgingen!

Ansonsten machten wir dann glücklicherweise nur noch positive Erfahrungen auf Culebra. Die Menschen sind total freundlich und hilfsbereit und es sprechen auch fast alle englisch. Es gibt wunderschöne Strände, aber ansonsten ist die Insel touristisch noch ziemlich unerschlossen. Die USA benutzte die beiden Inseln Culebra und Vieques bis vor einigen Jahren als Übungsgelände und bis zu diesem Zeitpunkt waren diese größtenteils Sperrgebiet. Auch heute sieht man noch die Überbleibsel aus diesen Zeiten. Auf Culebra stehen zum Beispiel am Flamenco Beach, einem kilometerlangen breiten schönen Strand, mitten auf dem Sand noch zwei alte Panzer, die man aber, wie alles hier, bunt bemalt hat.

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Auf Vieques sahen wir die Überbleibsel noch drastischer. In der ersten Bucht, in der wir ankerten, waren am Strand überall Schilder, dass man nicht weiter ins Inland darf, weil noch alte Granaten im Gebüsch liegen können. Im Wasser sahen wir beim Schnorcheln überall Schiffwracks, Granaten, u.ä. Das war schon etwas gruselig und wir schauten gleich mal etwas genauer unter unserem Boot, ob da auch noch irgendwo eine alte Granate liegt.

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In den nächsten Buchten war es dann etwas angenehmer. Dort war nur manchmal eine kleine Halbinsel gesperrt, aber ansonsten konnte man alles frei erkunden. Vieques hat wunderschöne Ankerbuchten mit tollen Stränden und das beste daran ist, dass man überall nur mit ein oder zwei anderen Booten liegt. Somit hat man den ganzen Strand quasi fast für sich alleine und das war für uns eine angenehme Ruhe gegenüber den so überlaufenen US Virgin Islands. Und dabei liegen die Inseln nur 20 Meilen von diesen entfernt.

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Eine Nacht verbrachten wir in einer Biolumineszenz-Bucht. Kai wischte nachts mit der Hand durchs Wasser und es leuchtete überall. Er fühlte sich, als ob er gerade einen Star Wars Kampf mit Lichtschwert führt. Wir hatten schon des öfteren Biolumineszenz gesehen, aber noch nie so beeindruckend! Hier war wirklich eine Bucht schöner als die andere.

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US Virgins: schön aber überlaufen

Am Karfreitag machten wir uns startklar für die 100 Seemeilen Überfahrt zu den US Virgin Islands nach St. John. Eigentlich wollten wir so gegen 13 Uhr los, damit wir am nächsten Tag am frühen Vormittag ankommen und genügend Zeit zum Einklarieren haben. Doch unser Wassermacher machte uns einen Strich durch die Rechnung. Urplötzlich gab er komische rasselnde Geräusche von sich und Kai beschloss auf jeden Fall vor unserer Abfahrt aus dem Ersatzteil-Paradies Sint Maarten nach der Ursache zu suchen. Er war sich ziemlich sicher, dass die Pumpe diese Geräusche verursacht und nach dem Ausbau bröselte aus dieser der Rost gerade so heraus. Wir trauten unseren Augen kaum, denn schließlich hatten wir die Pumpe ja erst vor 1 1/2 Jahren neu eingebaut. Da sieht man mal wieder, welch kurze Lebensdauer die Teile auf unserem Boot haben. Glücklicherweise funktionierte sie nach einer gründlichen Reinigung wieder einwandfrei, aber wir werden uns sicherlich demnächst eine Ersatzpumpe zulegen.

Somit segelten wir dann mit zwei Stunden Verzögerung in Richtung St. John. Wir hatten schön viel Wind, so dass wir im Schmetterling gut vorankamen und am nächsten Tag bereits um 8 Uhr in St. John einliefen.

Dort fuhren wir nach einem schnellen Frühstück gleich zum Einklarieren zu Customs und Immigration. Uns war etwas flau, denn im Reiseführer stand, dass man zum Einklarieren auf jeden Fall in der Cruz Bay ankern müsse, wo wir jedoch leider keinen Platz gefunden hatten (war total überfüllt) und deshalb in der benachbarten Caneel Bay ankerten. Wir hatten schon so viele schlimme Geschichten über das Einklarieren in den US Virgins gehört und wir wissen ja auch aus Erfahrung, wie aufwändig die Einreise in die USA immer ist. Wir befürchteten also das Schlimmste: unfreundliche Beamte, stundenlanger Papierkrieg, quälende Fragen, … Doch unsere Furcht war völlig unbegründet. Der Beamte war sehr freundlich, der Papierkram war der gleiche wie auf allen anderen Inseln, es wurden geschwind unsere Fingerabdrücke genommen und das war’s schon! Wow, das war ja mal einfach!

Aber dennoch können wir die US Virgins leider nicht zu unseren Lieblingsinseln erklären. Sie sind total überlaufen, den ganzen Tag zoomen Fähren und Boote durch die Gegend, wir haben noch nie so viele Kreuzfahrtschiffe auf einem Haufen gesehen, alles ist teuer und total touristisch! Die Bucht, in der wir an einer Boje festgemacht hatten, gehört zum Nationalpark von St. John und wir hatten mit einer wunderschönen ruhigen Ankerbucht gerechnet. Tja, da hatten wir uns mal gehörig getäuscht: das war eine der schlimmsten Buchten in der wir seit Beginn unserer Reise waren. Im 20-Minuten-Takt fuhren die Fähren vorbei und machten uns so viel Schwell, dass unser Geschirr durch die Gegend flog und wir dachten, dass unsere Silence umkippt. So schlimme Konditionen haben wir normalerweise nur, wenn wir auf See gegenan gehen und hohe Wellen haben.

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Morgens flüchteten wir von unserem Boot, um eine kleine Rundwanderung auf einen Hügel mit einer wunderschönen Aussicht zu machen und kamen erst am späten Nachmittag zurück. Am nächsten Tag ging ich eine Runde schnorcheln, was zugegebenermaßen wunderschön war. Leider konnte Kai nicht mit, weil er sich am Vorabend durch das blöde Geschaukel auf dem Boot einen großen Schnitt in der Fußsohle zugezogen hatte. Das war sehr schade, denn das Wasser in den US Virgins ist so klar, dass man bestimmt 50 Meter weit sehen kann und es gibt viele große Fische, endlich mal bunte Korallen und Adlerrochen. Die Natur hier ist wunderschön und wir hätten sie gerne noch eine Weile genossen, aber sicher nicht an diesem Ankerplatz! Mal sehen, vielleicht finden wir ja auf unserem Rückweg noch ein paar schöne ruhige Buchten hier.

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Weiter ging es dann nach St. Thomas, wozu ich eigentlich nur sagen muss, dass es das steuerfreie Einkaufsparadies der Amerikaner ist, in der Hauptstraße ein Juwelengeschäft neben dem nächsten ist, wir noch nie so viele Verbotsschilder auf einem Fleck gesehen haben, gerade sechs (!!) Kreuzfahrtschiffe gleichzeitig da waren und ein kleines Bier in einer normalen Kneipe US$ 5,- kostet. Das traf somit auch nicht ganz unseren Geschmack!

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Also nichts wie weg von hier. Wir gingen gleich morgens um 8 Uhr zu Customs, füllten dort wie immer die gleichen Formulare noch mal aus, die wir schon bei der Einreise ausgefüllt hatten (man hat hier in der Karibik immer noch nicht verstanden, welch unglaublichen Dinge man mit diesen Geräten namens Kopierer machen kann!) und erfuhren von der sehr freundlichen Dame, dass wir bei unserer Weiterreise nach Puerto Rico nicht zur Immigration müssten, da unser Visum auch für Puerto Rico gültig ist. Wir sollten dort nur bei Customs vorstellig werden, weil wir aus den zollfreien US Virgins kommen. Na das klingt ja einfach! Also nichts wie zurück zu unserem Dingi und schnell weiter nach Culebra, einer kleinen Insel vor Puerto Rico.

Doch als wir an unserem Dingi ankamen, bekamen wir erst einmal einen riesigen Schreck: schon von weitem sahen wir, dass irgendwas mit unserem Festmacher nicht stimmt und beim Näherkommen entdeckten wir, dass der Ring, der ihn am Dingi befestigt, ausgerissen war. Welch ein Glück, dass wir hier (zum allerersten Mal) einen Heckanker gesetzt hatten, damit das Dingi sich nicht am Steg an den ganzen kleinen spitzen Muscheln aufrubbelt. Ohne den Anker wäre es sicherlich weggetrieben und wir hätten von Glück reden können, wenn wir es überhaupt wiedergefunden hätten. Irgendjemand muss das Unglück gesehen haben und das Dingi wieder am Steg festgemacht haben. Das war wirklich nett, denn stattdessen hätte er es auch einfach einschließlich unseres schönen neuen Außenborders stehlen können. Schön zu wissen, dass es noch so hilfsbereite Menschen gibt!

Trotzdem setzten wir gleich am 8.4. die Segel und kamen nach vier Stunden schönen Segelns mit recht viel Wind von hinten auf der kleinen Insel Culebra an. Und dort hatten wir unsere erste unschöne Erfahrung mit einem Zollbeamten, der uns ganz schön zur Schnecke machte. Aber davon und von unserer Weiterreise nach Vieques erzähle ich Euch dann im nächsten Blogbeitrag!