Ab in den Süden!

Vergangenen Sonntag erholten wir uns in Deshaies erst einmal von unserer Überfahrt von den BVI’s, bevor es am Montag daran ging, unsere Aufgabenliste für Guadeloupe abzuarbeiten. Wir klarierten ein, tauschten unsere leeren Camping-Gaz-Flaschen und füllten an der Tankstelle sechs 20l-Kanister mit Diesel, die wir gleich in unser Boot tankten.

Und am Dienstag ging es weiter nach Ilet de Pigeon, wo wir endlich wieder unseren Lieblings-Supermarkt Leader Price plündern konnten. Wir nahmen gleich noch eine riesige Ladung schmutziger Wäsche mit und während diese im Waschsalon in den Maschinen schäumte, räumten wir bei Leader Price die Regale leer. Doch leider mussten wir das in mehreren Anläufen tun, denn mehr als einen halben Einkaufswagen mit Getränken und unserer Wäsche konnten wir unmöglich in unserem Dingi unterbringen. Insgesamt fuhren wir somit drei Mal zu Leader Price und Carrefour. Bis die ganzen Einkäufe und die Wäsche verstaut waren, sah es in unserem Boot aus, als ob eine Bombe explodiert wäre und unser Kühlschrank platzt nun aus allen Nähten. Aber da in Union Island alles so furchtbar teuer ist (z.B. kostet ein Kilo Ananas in Guadeloupe €1,30 und in Union €6,80), wollten wir soviel wie nur irgend möglich in Guadeloupe kaufen. Und das Thema Käse und Wurst auf den englischen Inseln habe ich ja bereits des öfteren erwähnt 😉

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Am Mittwoch Nachmittag schnorchelten wir noch eine Runde im Jaques-Cousteau-Underwater-Reserve und waren überrascht wie viele verschiedene schöne Fische es hier gibt. Das hatten wir von unserem vorherigen Besuch gar nicht mehr so toll in Erinnerung gehabt.

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Am Donnerstag ging es, nach einem nochmaligen Schnorchelausflug, weiter nach Basse Terre. Und von hier nahmen wir früh morgens die Fahrt auf die Iles les Saintes in Angriff. Wir standen extra morgens bereits um 6 Uhr auf, weil wir wussten, dass es im Kanal zwischen Guadeloupe und Les Saintes tagsüber immer heftig bläst und hofften auf Les Saintes anzukommen, bevor der Wind richtig heftig einsetzt. Bei ca. 11 Seemeilen Distanz hätten wir eigentlich spätestens um 8:30 Uhr dort ankommen sollen. Doch natürlich lief es alles nicht so wie geplant, denn der Wind blies bereits mit 25 Knoten und wir kamen fast nicht vorwärts. So kamen wir dann ziemlich k.o. um kurz nach 10 Uhr an.

Auf Les Saintes verweilten wir dann ein paar Tage, weil wir ein geeignetes Wetterfenster für die Fahrt nach Union Island abwarten wollten. Kai überprüfte die Öl- und Kühlwasserstände der Motoren und entdeckte dabei, dass auf der einen Seite die Halterung für den Bowdenzug angebrochen war. Diese reparierte er notdürftig und auch die Leine zum Einbinden der Reffs musste neu gespleißt werden. Aber zwischendurch nahmen wir uns noch etwas Zeit, um das Fort Napoléon zu erkunden und einen Nachmittag gingen wir sogar kiten. Da es aber sehr böig war und auch ganz schöne Wellen in die Bucht liefen, machte es nicht so richtig viel Spaß. Umso mehr freuen wir uns nun aufs Kiten in Union Island.

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Und gestern früh setzen wir um 6:30 Uhr die Segel Richtung Union Island. Angekündigt waren für den Vormittag 14-16 Knoten aus Ost und am späten Nachmittag und über Nacht sollte es dann runter gehen auf ca. 13-14 Knoten. Also anfangs optimal, um mit angenehmen Halbwind nach Union Island zu segeln. Aber wann stimmt schon mal der Wetterbericht? Wir wissen ja mittlerweile, dass die Vorhersage für gewöhnlich immer um ca. 5 Knoten daneben liegt, aber man weiß leider nie, ob es 5 Knoten weniger oder mehr sind.

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Als wir die Nase hinter den Les Saintes in den Wind streckten, sah es genau nach der angekündigten Vorhersage aus und so setzten wir Vollzeug. Doch dann hielt uns der Wind ganz schön auf Trab. Hier ein Auszug aus unseren Logbucheinträgen:

Uhrzeit / Windstärke / Segelführung
7:45 / 5-6 / Groß ins 1. Reff, Genua ins 2. Reff
9:35 / 2-3 / Genua eingerollt, Motor an
10:10 / 4 / Genua wieder voll gesetzt, Motor aus
10:45 / 3 / Groß ausgerefft, Genua eingerollt, Motor an
11:55 / 4-5 / Genua wieder voll gesetzt, Motor aus
12:30 / 5 / Groß ins 1. Reff, Genua ins 2. Reff

Doch als wir dann aus der Abdeckung von Dominica heraus kamen (wir waren extra in 10 sm Entfernung geblieben, um keine Landeffekte zu haben, aber das war wohl nichts) hatte der Wind ein Einsehen und blieb etwas konstanter. Aber damit es uns nicht zu wohl wird, bekamen wir dafür in der Nähe von Martinique total kabbelige Wellen, die uns in alle Richtungen schaukeln ließen. Ich ging um 19 Uhr ins Bett und versuchte zwei Stunden lang vergeblich einzuschlafen. Bei dem Geschaukel und Geboller war jedoch nicht an Schlaf zu denken. Also legte ich mich auf die Eckbank im Salon, wo ich trotz recht unbequemer Lage glücklicherweise dann recht schnell einschlief.

Irgendwann wachte ich auf, weil unser Autopilot ständig piepste und sah Kai völlig hilflos am Steuerstand sehen. Wir hatten mittags bereits einmal das Problem gehabt, dass unser Boot urplötzlich total luvgierig war (für die Nichtsegler: es wollte immer in den Wind schießen, anstatt den Kurs zu halten) und hatten alle Segel neu getrimmt, jedoch ohne Erfolg. Doch als der Wind wieder zunahm, war das Problem so plötzlich wie es aufgetaucht war, wieder verschwunden. Doch nun war es erneut aufgetreten und zwar noch viel heftiger als zuvor. Der Autopilot lenkte vollen Ausschlag nach rechts und wir fuhren immer weiter nach links. Auch wenn wir selbst das Ruder übernahmen änderte sich nichts. Unsere Silence wollte unbedingt in den Wind und wir mussten mit aller Kraft gegenlenken. Dieses Mal holten wir unser Segel- und Trimmbuch hervor und Kai stellte alle Segel genauso ein, wie es dort beschrieben war. Erfolg: null! Also muss es wohl am Ruder liegen. Kai steckte den Kopf ins Wasser, konnte allerdings nichts Ungewöhnliches feststellen. Also öffnete er die Heckklappen und schaute sich die Ruderstellungen an. Auch hier war nichts zu erkennen. Wir waren ratlos. So mussten wir das Boot eine ganze Weile per Hand steuern, bis der Wind wieder etwas aufgefrischt hatte und das Problem, wie bereits zuvor, einfach erneut verschwand.

Mittlerweile hatten wir jedoch schon so viel Zeit verloren, weil unsere Silence wesentlich langsamer lief als normal, so dass wir beschlossen, dass wir es nicht mehr nach Union Island schaffen und änderten deshalb unseren Kurs in Richtung Bequia. Und natürlich trat unser Problem ca. 8 Seemeilen vor Bequia erneut auf. Wir probierten nochmals unsere Besegelung zu ändern und waren uns danach sehr sicher, dass mit einem unserer Ruder irgend etwas nicht stimmt. Also schoss ich mit unserer Silence in den Wind, Kai setzte seine Schnorchelbrille auf und ging auf Tauchstation. Ich staunte nicht schlecht, als urplötzlich hinter unserem Boot ein riesiger Teppich Seegras auftauchte, den Kai gerade aus unserem Ruder entfernt hatte. Endlich war das Problem gefunden und dann gleich noch auf solch einfache Weise behoben. Das Seegras hatte uns somit zwar unsere ansonsten sicher erfolgreiche Fahrt nach Union Island versaut, aber wir waren trotzdem so glücklich, dass mit unseren Rudern alles in Ordnung ist und wir auch als Segler nicht völlig versagen 😉

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So haben wir nun gerade hier einklariert (Bequia gehört glücklicherweise wie auch Union Island zu den Grenadinen) und jetzt sitzen wir hier in einem kleinen Café in Bequia, um unsere e-mails zu checken und diesen Blogbeitrag online zu stellen. Und wahrscheinlich geht es dann morgen die restlichen 30 Seemeilen weiter nach Union Island.

British Virgins im Schnelldurchlauf

Leider hatten wir nicht sehr viel Zeit, um uns die vielen Inseln der BVI’s genauer anzuschauen. Als wir den Wetterbericht auf Jost van Dyke aktualisierten, sahen wir, dass es am besten wäre, in sechs Tagen unsere etwas längere Überfahrt nach Guadeloupe in Angriff zu nehmen.

Also fuhren wir die Inseln im Schnelldurchlauf ab. Wir hatten uns die Herausforderung gestellt, möglichst bis Virgin Gorda zu segeln (also den Motor nur für die Ankermanöver zu benutzen) und nie zur Übernachtung an eine Boje zu gehen. Ich bin mir nicht sicher, welches davon die größere Herausforderung war. Da der Wind natürlich, wie hier so üblich, aus Osten kam, mussten wir, um unser Ziel Virgin Gorda zu erreichen, die ganze Zeit zwischen den Inseln kreuzen und den Sir Francis Drake Channel mehrere Male überqueren.

Zuerst segelten wir vier Stunden nach Norman Island und lagen dort in einer Bucht mit starken Fallböen. Diese kamen so unvermittelt und heftig, dass uns urplötzlich eine unsere Luken mit einem lauten Knall auf Deck schlug und dabei die Scheibe einen Riss bekam. Na super, das ist ja ein toller Ankerplatz.

Am nächsten Tag ging es dann weiter nach Tortola, wo wir uns die Hauptstadt Road Town anschauten. Sie war in unserem Reiseführer als größte Stadt der British Virgins beschrieben worden und sollte einen schönen Charme ausstrahlen. Na ja, groß ist immer relativ: wir hatten die Stadt in ca. 20 Minuten einmal komplett durchquert und nach dem schönen Charme hielten wir vergeblich Ausschau. Vielleicht sind wir nach Puerto Rico aber auch einfach zu verwöhnt 😉

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Zurück an unserem Boot stellten wir mit Unwillen fest, dass wir hier nicht über Nacht bleiben können. Mittlerweile hatte sich solch ein Schwell aufgebaut, dass unsere Silence in den Wellen wippte wie ein Schaukelpferd. Also schnell Anker auf, Segel setzen und weiter in die nächste Bucht. Dort kamen wir um 16 Uhr an und stellten fest, dass wir lediglich ein Elend gegen ein anderes getauscht hatten. Hier waren zwar nicht ganz so hohe Wellen, aber dafür liefen sie von der Seite in die Bucht und wir wurden ordentlich in den Schlaf geschaukelt.

Am nächsten Tag machten wir nach einer Stunde gemütlichen Segelns, einen morgendlichen Zwischenstopp auf Salt Island, um dort das Wrack der im Jahre 1867 bei einem Hurrikan gesunkenen RMS Rhone zu umschnorcheln. Die mehr als 100m lange RMS Rhone war damals in drei Teile zerbrochen, die nun in ca. 8 – 30m tiefem Wasser liegen. Somit sahen wir beim Schnorcheln nur zwei der drei Teile, aber auch diese waren recht imposant. Vor allem der 5m große und ca. 1.500kg schwere Propeller beeindruckte uns sehr.

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Danach ging es weiter in die Savanna Bay auf Virgin Gorda, in die man durch und über mehrere Riffe hinweg navigieren muss. Dort lagen wir endlich mal wieder schön ruhig und geschützt und schnorchelten nochmals eine Runde im kristallklaren Wasser. Leider gab es jedoch nicht allzu viele tolle Fische zu bewundern.

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Am nächsten Morgen motorten wir an den Endpunkt unserer Reise in den British Virgins der treffenderweise Bitter End heißt. Hier machten wir uns einen relativ gemütlichen Nachmittag, holten in einer Bar nochmals den Wetterbericht und stellten einen Blogbeitrag online. Und am nächsten Tag wollten wir uns schön ausruhen, damit wir fit sind für die längere Überfahrt nach Guadeloupe. Doch wie immer, wenn man sich auf einen entspannten Tag freut, geht alles schief. Schon vor ein paar Tagen hatten wir bemerkt, dass nun auch noch ein paar Nähte am Achterliek unserer Genua aufgegangen waren, doch wir hatten beschlossen, dies dann auf Guadeloupe zu reparieren. Beim nochmaligen Check fiel Kai jedoch auf, dass sie an mehr Stellen eingerissen war, als wir unterwegs gesehen hatten und zudem hatten sich auch noch drei der sechs Befestigungen am Schothorn gelöst. So konnten wir auf keinen Fall lossegeln. Also wurde der gemütliche Tag mit sofortiger Wirkung gestrichen, die Nähmaschine aufgebaut, die Genua heruntergeholt und los ging’s. Die Nähte am Schothorn mussten wir leider mit der Hand nähen, weil der Stoff für unsere Nähmaschine zu dick war und so waren wir den kompletten Tag beschäftigt. Mittags fiel Kai dann ein, dass wir ja auch noch ein paar Liter Diesel tanken wollten. Unser Reiseführer schrieb, dass die Tankstelle um 16:30 Uhr schließt, aber da wir ja wissen, dass diese Öffnungszeiten oft nicht stimmen, fuhr Kai sicherheitshalber schon um kurz nach 15 Uhr an die Tanke. Aber was soll ich sagen, wir haben es leider nach mehr als einem Jahr in der Karibik immer noch nicht drauf, die Island Time richtig mit einzuberechnen. Natürlich hatte die Tanke bereits um 15 Uhr geschlossen; wie sollte es auch anders sein! Alles in allem also ein sehr gelungener Tag!

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Abends fielen wir um 21 Uhr todmüde ins Bett und benötigten somit für unsere Abfahrt am nächsten Morgen noch nicht einmal einen Wecker. Um 5:30 Uhr waren wir beide wach und machten uns bereit für die Reise. Um 6:15 motorten wir aus der Bucht heraus in einen wunderschönen Sonnenaufgang. Leider konnten wir mit unserer Silence bei einem Kurs von 135° und Wind aus Ost nicht wirklich segeln, aber mit Unterstützung des Motors konnten wir immerhin motorsegeln. Somit kamen wir mit ca. 7 Knoten recht flott voran. Am Abend passierten wir Saba, das eigentlich nur aus einem riesigen Felsen mitten im Meer besteht. Selbst bei Nacht sah das sehr imposant aus.

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Kurz danach ging ich so gegen 21 Uhr ins Bett und Kai übernahm die erste vierstündige Wache. Doch bereits um 23 Uhr wachte ich auf, weil ich Kai wild an Deck hin und her rennen hörte. Ich lief schnell nach oben und sah nur noch sehr nah einen Tanker an uns vorüber ziehen. Kai war völlig aufgeregt und nachdem er sich beruhigt hatte, sagte er mir, dass dieser uns fast überlaufen hätte. Der Wind hatte gedreht und Kai war gerade so sehr mit dem Versuch beschäftigt die Segel neu zu trimmen, als sich aus der Lichterkette von St. Eustachius ein Licht löste und mit hoher Geschwindigkeit auf unsere Silence zugebraust kam. Als der Frachter schon recht nah war, leuchtete er Kai mit einer Lampe in die Segel und brauste einfach weiter auf uns zu. Das war wohl seine Aufforderung ihm gefälligst Platz zu machen, was aber ziemlich unverschämt war, weil wir von rechts kamen und somit eindeutig Vorfahrt hatten. Doch bei einem Kampf von David gegen Goliath wollte Kai dann doch lieber nicht auf seinem Recht bestehen, sondern fuhr schnell eine Wende. Klar, dass seine Nerven danach etwas blank lagen. So rollten wir zusammen die Genua ein, weil wir unseren Kurs einfach nicht mehr halten konnten und motorten weiter. Ich schickte Kai ins Bett, packte meinen iPod aus und hörte Musik, während mir der Wind um die Ohren pfiff.

Für ca. zwei Stunden hatte ich eine recht gemütliche Nachtwache, in der lediglich der ein oder andere Frachter in mehr als einer Seemeile Entfernung an uns vorbei rauschte. Doch dann wurde auch mein Puls etwas in die Höhe getrieben. Uns kam ein Frachter entgegen und unser AIS (Automaisches Identifikationssystem) sagte, dass er in 20 Minuten auf ca. 0,5 bis 1 Seemeile Entfernung an unserer Steuerbordseite vorbei fahren würde. Wir hatten irgendwann mal beschlossen, dass unsere Wohlfühlzone bei einem Mindestabstand von ca. 1 Seemeile liegt und somit schaute ich alle paar Minuten auf dem AIS nach den Angaben, um im Notfall etwas nach Backbord auszuweichen. Doch als der TCPA (time to closest point of approach) bei 15 Minuten stand, entdeckte ich plötzlich, dass noch ein weiterer Frachter von hinten auf uns zukam. Dieser sollte ebenfalls in 15 Minuten an uns vorbei fahren, nämlich an unserer Backbordseite und wie sollte es anders sein, in ca. 0,8 bis 1 Seemeile Entfernung. Man wollte uns also schön von beiden Seiten in die Zange nehmen. Ich schaute jede Minute aufs AIS und sah die beiden auch draußen rasend schnell näher kommen. Das karibische Meer ist so groß und da müssen wir drei uns genau an einer Stelle treffen. Kann das wahr sein? Was sollte ich tun, wenn einer von den beiden plötzlich seinen Kurs um ein oder zwei Grad ändert und uns dann richtig in die Zange nimmt? Irgendwann wurde mir das dann doch zu heiß und so weckte ich Kai, um mit ihm zusammen zu beschließen, ob wir etwas unternehmen sollten. Kai überwachte drinnen das AIS, während ich draußen nach den beiden Ausschau hielt und so war der Spuk nach 10 Minuten vorüber und beide Frachter waren in etwas weniger als einer Seemeile Entfernung an uns vorbeigerast. Es war also alles im grünen Bereich  und so schickte ich Kai wieder ins Bett und schaute weitere zwei Stunden zu, wie die Lichter von St. Kitts langsam an uns vorbei zogen und dann die Lichter von Nevis folgten.

Um 3:30 Uhr weckte ich Kai, weil mir mittlerweile ständig die Augen zufielen und er übernahm die letzte Nachtwache. Glücklicherweise verlief diese völlig unspektakulär. Zwischendurch konnte Kai sogar wieder etwas motorsegeln, so dass ich, als ich um 7:30 Uhr wieder aufwachte, bereits Montserrat erblickte. Leider waren wir durch den ungünstigen Wind etwas vom Kurs abgekommen und fuhren relativ weit an Montserrat vorbei. Da der Wind immer weiter nach vorne drehte, kamen wir auch unter Motor irgendwann nur noch mit 4 Knoten voran. Um Guadeloupe noch im Tageslicht zu erreichen benötigten wir allerdings eine Mindestgeschwindigkeit von 5,5 Knoten. Wir überlegten schon, ob wir wieder umkehren und für die Nacht in Montserrat bleiben sollten, als der Wind glücklicherweise wieder langsam in die richtige Richtung drehte. So konnten wir irgendwann sogar erneut die Genau setzen und brausten mit rund 7 Knoten auf Guadeloupe zu. Und nachmittags um 17 Uhr war es geschafft: wir hatten in Deshaies geankert und fielen nach dem Abendessen beide todmüde ins Bett!

Culebrita und neue Geschichten vom Einklarieren

Auf unserem Rückweg machten wir erneut einen Stopp in Culebra und trafen dort zu unserer großen Freude wieder auf Netti, Holger & Familie. Wir hatten schon die ganze Zeit gehofft, dass wir sie irgendwo nochmal wiedersehen und wie es der Zufall wollte, kamen sie am gleichen Tag in Culebra an wie wir. Natürlich verlängerten wir unseren geplanten 2-Tages-Aufenthalt auf Culebra spontan um ein paar Tage, um nochmals einige schöne gemeinsame Spieleabende zu verbringen. Und dann mussten wir uns leider auf unbestimmte Zeit verabschieden. Holger wird zusammen mit seinem Papa das Boot zurück auf die Kanaren segeln, während Netti mit den beiden Kindern mittlerweile vor einigen Tagen von Puerto Rico nach Hause geflogen ist. Wir drücken die Daumen, dass die Heimreise nicht allzu unangenehm wird und hoffen, dass wir die vier irgendwann mal wieder treffen werden!

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Danach ging es weiter nach Culebrita, wo wir mit nur zwei anderen Booten in einer wunderschönen Bucht vor einem leeren Sandstrand lagen. Wir machten eine kleine Wanderung zum Leuchtturm, von wo wir die tolle Aussicht auf unser Boot und auch auf Culebra genossen. Dann schauten wir den Pelikanen beim Fischen zu, bevor wir uns am Strand entlang zu „The Baths“ aufmachten. In unserem Führer stand, dass dies eine Art von natürlichen Jacuzzis seien und wir waren gespannt was uns dort erwartet. Und tatsächlich wurde die Landschaft plötzlich immer felsiger und nachdem wir ein Stück ins Landesinnere gegangen waren, entdeckten wir die „Jacuzzis“. Es gab drei verschiedene Becken mit kristallklarem Wasser, umgeben von Felsen. Wir suchten uns das schönste aus und badeten mehr als 1/2 Stunde lang im angenehm temperierten Wasser (ca. 28°-30°C). Immer wieder ergoss sich vom Meer ein Schwall frischen Wassers in unser Becken und so gelangen vermutlich auch die kleinen Fische hier hinein, die munter ganz nah um uns herum schwammen. Ach, war das erholsam! Auf Culebrita hätten wir sehr gerne mehrere Tage verbracht, aber leider sind wir ja etwas in Eile, weil wir rechtzeitig vor Beginn der Hurrikan-Saison in Union Island sein möchten.

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Somit ging es am nächsten Tag gleich weiter nach St. Thomas (US Virgins). Dies ist eigentlich nur 17 Seemeilen von Culebrita entfernt, aber der Wind kam genau aus der Richtung in die wir wollten. Somit mussten wir die ganze Strecke kreuzen, segelten am Ende 35,5 Seemeilen und brauchten dafür fast sieben Stunden. Schwer vorstellbar, dass man in sieben Stunden nur 31,5 km weit kommt, oder? Da wären wir zu Fuß schneller gewesen (wenn wir denn über Wasser gehen könnten)!

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Nach einer weiteren Übernachtung in St. James segelten wir am nächsten Tag nach St. John, um dort schnell auszuklarieren und gleich noch nach Jost van Dyke (British Virgins) zu segeln. Wir fuhren in die Caneel Bay (ihr erinnert Euch vielleicht: das war die Bucht, in der einem die Gläser aus dem Schrank fallen), machten an einer Boje fest, hüpften ins Dingi und fuhren in die Cruz Bay, wo wir ja auch schon einklariert hatten. Leider kam dort gleichzeitig mit uns eine Fähre an, so dass wir uns in einer langen Schlange einreihen durften. Nachdem wir an der Reihe waren, übergaben wir dem Zollbeamten unsere vollständig ausgefüllten Formulare. Er nahm diese entgegen, warf einen kurzen Blick darauf und fragte, ob wir tatsächlich als nächstes auf die BVI’s wollten? Wir bejahten dies und daraufhin gab er uns unsere Formulare mit dem Kommentar zurück, dass es dann nicht nötig wäre auszuklarieren, wir müssten nur in den BVI’s einklarieren. Kann denn das wahr sein? Seine Kollegin in St. Thomas hatte uns bei unserer Weiterfahrt nach Puerto Rico groß und breit erklärt, dass wir bei der Rückfahrt von Puerto Rico nicht beim Zoll vorstellig werden müssten, sondern erst, wenn wir die US Virgins verlassen wollten. Und die gleiche Dame hatte uns auch die Formulare mitgegeben, damit wir diese schon mal ausfüllten könnten. Und nun hätten wir das alles nicht machen müssen, sondern hätten direkt von St. James nach Jost van Dyke segeln können. Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt!

Somit fuhren wir also wieder mit dem Dingi zurück zu unserer Silence und machten Leinen los, um endlich nach Jost van Dyke zu segeln. Und auch dort verlief das Einklarieren völlig anders als erwartet (glücklicherweise jedoch viel positiver). Nachdem wir ca. eine Stunde lang nach einer geeigneten Stelle zum Ankern gesucht hatten (hier auf den BVI’s sind leider fast alle Buchten mit Bojen zugepflastert, die mindestens US$ 30,- pro Nacht kosten!) und in eine benachbarte Bucht ausweichen mussten, kamen wir dann endlich am frühen Nachmittag zum Einklarieren. In unserem Führer stand, dass man für die Dauer des Aufenthalts eine Cruising Permit erwerben muss und, dass diese US$ 4,- pro Person und Tag kostet. Außerdem sollte es noch eine kleine Einklarierungsgebühr geben und beim Ausklarieren sollten nochmals US$ 20,- pro Person anfallen (dies war uns auch von Holger & Netti bestätigt worden). Zuerst mussten wir zu einem kleinen Fenster im Polizeigebäude, wo uns eine Angestellte nach unserem Bootsnamen und dem Gewicht unseres Bootes fragte. Und dann waren gleich mal die ersten US$ 10,- fällig und wir bekamen eine Quittung von der Port Authority. Na, das fing ja schon mal gut an, denn diese Gebühren wurden nirgends erwähnt. Danach durften wir beim Zollbeamten wieder zwei Formulare ausfüllen und da wir nur fünf Tage bleiben wollten, fragten wir, ob wir denn vielleicht auch gleich ausklarieren könnten. Leider verneinte er dies und sagte, dass das nur bei einem Aufenthalt von weniger als drei Tagen möglich wäre. Tja schade, aber einen Versuch war es ja wert. Nachdem wir ihm die ausgefüllten Formulare gegeben hatten, sah er sich diese kurz an, rief seiner Kollegin etwas zu und meinte plötzlich, er hätte heute seinen guten Tag und er ließe uns doch auch gleich ausklarieren. Oh, das war ja eine tolle Nachricht. Wir bedankten uns überschwänglich, bezahlten die von ihm geforderten US$10,- Gebühr und dachten, dass die fette Gebühr nun anscheinend noch bei Immigration zu zahlen sei. Doch irgendwie war wohl unser Glückstag. Die Dame von Immigration verlangte von uns US$0,20 (!) als Gebühr für die beiden auszufüllenden Formulare, sagte uns, dass damit alles erledigt sei und wünschte uns einen schönen Aufenthalt auf den BVI’s. Wir grinsten breit und machten, dass wir so schnell wie möglich weg kamen, bevor noch irgendjemandem eine Gebühr einfällt. Wenn uns das nur öfter mal passieren würde, dass wir anstatt der erwarteten US$80,- lediglich US$20,20 bezahlen müssen!

Das wollten wir gleich am Abend gebührend feiern und wo wäre dafür ein besserer Ort als in der weltbekannten Foxy’s Bar bei einem der berühmt berüchtigten Painkiller. Diesen genossen wir zum Sonnenuntergang und schwangen danach sogar noch mit ein paar anderen Seglern die mittlerweile ziemlich eingerosteten Tanzbeine!

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