Wie kamen wir zwei Landratten denn eigentlich zum Segeln? Ehrlich gesagt eher zufällig: 2005 charterten Freunde von uns ein Segelboot (eine Bavaria 44) inklusive Skipper und hatten noch zwei Plätze frei. Wir waren zuerst etwas skeptisch, weil wir vorher noch nie gesegelt waren, aber da der Törn nur eine Woche dauerte, waren wir dabei. Wer hätte damals geahnt, dass dieser Segeltörn so zukunftsweisend für uns sein sollte!
Wir starteten in Italien und fuhren über Elba und Korsika nach Sardinien. Was im Nachhinein für eine Woche eher nach Stress klingt, war für uns einer der schönsten Urlaube. Nach ein paar Tagen auf dem Boot hatten wir den Alltagsstress hinter uns gelassen und fühlten uns erholt wie selten zuvor.
Gleich im nächsten Jahr charterten wir mit unseren Freunden das gleiche Boot inklusive Skipper und segelten eine Woche an Mallorcas Südküste entlang.
Da unser Skipper Jochen an der Uni Mannheim auch Segelkurse anbot, entschied sich Kai 2007 bei ihm den Segelschein zu machen. Im Mai bestand er die SKS-Prüfung an der Côte d’Azur und unser großer Traum nahm Formen an.
Wir hatten uns schon seit längerem überlegt, dass wir Deutschland, zumindest mal für eine Weile, gerne verlassen würden, weil uns unter anderem das Wetter hier zu schlecht war und im Rhein-Neckar-Kreis einfach viel zu viele Menschen auf viel zu engem Raum leben. Doch wohin und was dort tun? Endlich hatten wir eine Idee: wie wäre es, wenn wir uns irgendwann ein Segelboot kaufen und damit durch die Weltmeere schippern würden?
Das klang ziemlich gut, doch war das wirklich etwas für uns mit unserer kaum vorhandenen Segelerfahrung? Wir kauften uns einschlägige Literatur und beschlossen, im November auf das Blauwasser-Seminar von Bobby Schenk auf der Hanse-Boot zu gehen. Ein guter Entschluss, denn dort gewannen wir den Eindruck, dass man nicht unbedingt mit Segelbooten aufgewachsen sein musste, um solch eine Langfahrt zu wagen. Nach diesem Seminar stand für uns fest: das wollen wir machen! Jetzt galt es, das dafür nötige Geld zu sparen und sich intensiv mit dem Thema auseinander zu setzen.
Im März 2008 machten wir beide ein einwöchiges Skippertraining mit Jochen in Toulon/St. Mandrier und im Mai war Kai wieder dort zum SKS-Aufbautraining. Direkt im Anschluss charterten wir zum ersten Mal selbst ein Segelboot und segelten eine Woche an der Côte d’Azur.
Und im Jahr 2009 bestanden wir unsere erste größere seglerische Herausforderung. Jochen wollte mit seinem Boot für ein halbes Jahr in die Karibik und suchte gerade nach einer Crew für die Atlantiküberquerung. Schnell war uns klar: da müssen wir mitfahren! Das ist unsere große Probe aufs Exempel! Das Tollste daran war, dass wir auch an den Vorbereitungen teilhaben konnten. Da Jochens Boot eher ein „Schulschiff“ war, machten wir uns mit ihm zusammen Gedanken, welche Ausrüstungsgegenstände notwendig sind und recherchierten viele Dinge, die uns später noch extrem hilfreich sein sollten.
Anfang Dezember segelten wir los und nach 28 Tagen kamen wir auf Barbados an. Wir hatten unsere erste Atlantiküberquerung geschafft, waren nur wenige Tage seekrank gewesen und vollauf begeistert von der wunderschönen Karibik!
2012 nahmen unsere Vorbereitungen dann immer konkretere Formen an: wir hatten uns das Ziel gesetzt, dass wir spätestens zu unserem 40. Geburtstag ein Boot kaufen würden und dies rückte bedenklich näher. Im Februar besuchten wir noch mal ein anderes Blauwasser-Seminar auf der Boot in Düsseldorf. Und im Dezember charterten wir dann auf Lanzarote eine Lagoon 380 inklusive Skipper, weil wir uns diesen Katamaran als unser „Traumschiff“ ausgesucht hatten und ihn vor dem Kauf noch in der Praxis genau unter die Lupe nehmen wollten.
Im Februar 2013 besuchten wir ein „Medizin an Bord“-Seminar in Hamburg, im März ging es zu einem Sicherheitsseminar der Bundesmarine nach Kiel und im April segelte Kai auf oben genannter Lagoon 380 von Lanzarote nach Gibraltar. Und im Mai war es dann endlich soweit: wir kauften unsere SY Silence in Tunesien!
Wir flogen nochmals für fünf Wochen nach Hause, regelten alle unsere Angelegenheiten (unsere Jobs hatten wir bereits Ende März bzw. Ende Mai gekündigt) und am 16. Juni 2013 bezogen wir unser neues Heim! Zusammen mit der französischen Voreignerfamilie Michel, Sophie und Eva segelten wir dann in etwas mehr als einem Monat bis nach Korsika, wo die drei wohnen.
Seitdem sind wir alleine unterwegs und haben trotz unserer eher bescheidenen Segelerfahrung bisher alle Herausforderungen gemeistert. Wir haben unsere Entscheidung nicht bereut und solange unser Erspartes reicht, werdet ihr uns irgendwo da draußen auf den Weltmeeren antreffen!