November 2024 – Leprakolonie auf Chacachacare

Von unserem Ankerplatz aus, konnten wir direkt auf die Ruinen einiger Häuser auf einem Hügel schauen und wir fragten uns, ob das vormals Villen reicher Trinidadier gewesen waren.

So machten wir uns auf einen Erkundungsgang und stellten mit Überraschung fest, dass es sich bei den Gebäuden um ein ehemaliges Krankenhaus handeln musste. Das war ja interessant. Warum gab es hier mitten in der Einöde auf einer unbewohnten Insel mal ein Krankenhaus?

Wie gut, dass es das Internet gibt, das einem solche Fragen umgehend beantworten kann. Mit Erstaunen erfuhren wir, welch bewegte Vergangenheit Chacachacare hatte.

War ja zuerst der Walfang ein großes Thema, so gab es hier wohl auch mal Baumwoll-, Zucker- und Kakaoplantagen. Aber die meisten Leute lebten zwischen 1922 und 1984 auf Chacachacare und zwar in einer Leprakolonie.

Mitte des 19. Jahrhunderts gab es in Port of Spain, der Hauptstadt Trinidads, ca. 300 Leprakranke. Um die Ansteckung durch Erkrankte zu minimieren wurde 1845 in Cocorite eine Leprakolonie eröffnet und 1868 bekam die britische Regierung Unterstützung in der Bekämpfung der Krankheit: Schwestern eines Dominikaernordens aus Burgund kamen nach Trinidad um ihr Leben den Leprakranken zu widmen. Doch die ansteckende und damals noch unheilbare Krankheit war nicht in den Griff zu bekommen. Und so beschloss die Regierung Trinidads eine neue Leprakolonie auf Chacachacare zu gründen.

1870 wurde der Leuchtturm gebaut und nach und nach kamen ein Steinpier, ein Sanatorium, eine kleine Kirche und eine Schule hinzu. Doch es dauerte noch mehrere Jahrzehnte bis die Patienten dann tatsächlich nach Chacachacare umgesiedelt wurden, denn ihnen graute vor der Einsamkeit der Insel und sie wollten Trinidad nicht verlassen. Erst im Jahr 1922 wurden die Erkrankten eines Morgens plötzlich nach Chacachacare gebracht und das alte Leprosarium angezündet, weil man davon ausging, dass es kontaminiert war.

Das Leben auf der Insel war beschwerlich. Während das Sanatorium und die Schule auf der Südseite der Insel lagen, waren die Kapelle und die Unterkünfte der Nonnen und des Arztes auf der anderen Seite der Bucht und diese mussten mit Booten hin und her fahren.

Die Nonnen opferten ihr Leben für die Pflege der Erkrankten, denn einige von ihnen verließen Chacacachare nicht mehr. Ein kleiner Friedhof etwas abgelegen vom ehemaligen Sanatorium beherbergt noch heute die Gräber der Nonnen und Ärzte, die hier auf Chacachacare starben. Zwei der Nonnen steckten sich sogar mit Lepra an, eine davon soll Selbstmord begangen haben.

Mich überkam Gänsehaut beim Anblick des Friedhofs und ich kann die Menschen nur bewundern, die ihr eigenes Leben aufgaben, um hier auf Chacachacare die Leprakranken zu versorgen.

Nachdem immer weniger Frauen ihr Leben der Kirche widmeten, war es zunehmend schwieriger neue Nonnen des Dominikanerordens für Chacachacare zu gewinnen und so verließen 1950 die letzten Schwestern die Insel und übergaben das Leprosarium an ein einheimisches Team von Schwestern. 1984 starb der letzte Leprakranke und das Leprosarium auf Chacachacare wurde geschlossen.

Es war spannend durch das ehemalige Sanatorium zu laufen. Hätte es nicht eine solch schreckliche Vergangenheit, wäre es ein wunderschöner Ort. Das ganze Gebäude ist von einem Balkon umgeben, jedes Zimmer hat große Fenster und Türen, durch die die ganze Zeit eine kühle Prise weht. Während es draußen unglaublich heiß war, war es hier drinnen herrlich angenehm und die Aussicht über die Bucht war traumhaft.

Einen etwas unheimlichen Touch gaben den Gebäuden jedoch die Rabengeier, die überall herum lungerten. Von unserem Ankerplatz, direkt unterhalb des Sanatoriums, konnten wir sie nachts über die Wellblechdächer hüpfen hören, was ziemlich schaurige Geräusche erzeugte. Kein Wunder, dass die Insel im Ruf steht verwunschen zu sein. So schön die Ruinen bei Tag aussehen, nachts würde ich sie nicht erkunden wollen 😉

Noch ein kleiner Exkurs zum Thema Lepra, für die, die es interessiert. Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich dachte diese Krankheit sei ausgerottet. Für mich war Lepra etwas, dass es vor Jahrhunderten mal gab (ich hätte die Krankheit ins Mittelalter gesteckt), aber mir wäre nie in den Sinn gekommen, dass es auch heutzutage noch Neuerkrankungen gibt.

Entdeckt hatte den Erreger 1873 der Norweger Gerhard Armauer Hansen, weswegen sie auch Hansen-Krankheit genannt wird (auf dem Gedenkstein auf dem Friedhof wurde z.B. unter dem Namen der Schwester Rose de Ste. Marie Vebert vermerkt, dass sie an der Hansenean disease gestorben ist). Die Krankheit wird durch ein Bakterium ausgelöst und geht mit Veränderungen an Haut, Schleimhäuten, Nervengewebe und Knochen einher. Oft verlieren die Erkrankten das Gefühl für Kälte, Hitze und Schmerz und verletzen sich somit unbemerkt. Da keine Schmerzen verspürt werden, werden Wunden nicht behandelt und durch Entzündungen sterben dann Körperteile ab.

Die Übertragung findet durch Tröpfcheninfektion statt. Da Lepra jedoch nur schwach ansteckend ist, bedarf es für die Übertragung des Erregers eines langfristigen engen Kontakts mit einem Infizierten. Oft liegt die Ursache von Neuerkrankungen in mangelnder Hygiene und einem geschwächten Immunsystem.

Die Inkubationszeit ist sehr lang. Sie dauert mindestens einige Monate, für gewöhnlich ca. 5 Jahre, manchmal aber auch 20 Jahre oder länger.

Heutzutage gilt Lepra als heilbar und kann mit Chemotherapie und Antibiotika bekämpft werden. Dennoch gab es z.B. im Jahr 2023 mehr als 180.000 Neuerkrankungen. Die meisten Erkrankten leben in Indien, Brasilien und Indonesien.

November 2024 – Zweiter Anlauf nach Chacachacare

Nachdem wir unseren ersten Besuch Chacachacares aufgrund der Probleme mit unserem Außenborder leider sehr vorzeitig abbrechen mussten, hofften wir, dieses Mal etwas länger bleiben zu können.

Wir hatten schon von einigen Seglern gehört, dass die Insel sehr schön sein soll und nun wollten wir diese endlich auch mal mit eigenen Augen erkunden.

Chacachacare ist die westlichste Insel Trinidads und liegt im Golf von Paria. Dieser ist ein Teilstück des karibischen Meeres, der zwischen Trinidad und Venezuela verläuft. Er ist maximal 30m tief und weist durch den Zufluss von Süßwasser des Orinoco-Deltas einen wesentlich geringeren Salzgehalt auf (0,2% anstatt 3,5%) als der Rest der Karibik.

Somit hat man von den Hügeln Chacachacares nicht nur einen herrlichen Blick über Trinidad und die kleinen vorgelagerten Inseln, auch Venezuela ist nur ein paar Meilen entfernt. Und überall sieht man Ölplattformen aus dem Meer sprießen. Während sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts hier eine blühende Walfangindustrie entwickelte, wird heute im Golf von Paria nach Öl und Erdgas gebohrt.

Zuerst wollten wir uns mal einen Überblick über Chacachacare verschaffen. Und von wo aus wäre das besser, als von einem Leuchtturm. Bis vor einigen Jahren gab es noch einen Leuchtturmwärter, der mit seiner Familie am Fuße des Leuchtturms wohnte. Heute ist die Insel unbewohnt. Na ja, fast unbewohnt, denn Tiere gibt es hier schon einige, wie z.B. die Rabengeier, die wir bereits aus der Ferne über der Insel kreisen sahen.

Wir ließen unser Dingi am Strand zurück und machten uns auf den Weg. Zuerst ging es auf einem kleinen Waldweg relativ steil bergan, doch bereits nach ca. 10 Minuten mündete dieser Weg auf einer geteerten Straße. Und diese führte uns bis auf die Spitze des Berges, auf dem der Leuchtturm steht.

Zu unserer Freude war der Leuchtturm nicht verschlossen, so dass wir tatsächlich auf einer etwas verrosteten Leiter bis ganz nach oben klettern konnten. Und oben konnten wir sogar durch eine kleine Tür ins Freie gelangen und von dort die Aussicht genießen und die Rabengeier beim Kreisen beobachten.

Dutzende von ihnen zogen majestätisch ihre Bahnen in der Luft. Mit einer Körperlänge von 56-74 Zentimetern und einer Flügelspannweite von 1,33-1,60m sind sie schon recht beeindruckend. Aus der Ferne glänzt ihr Gefieder ganz schwarz und nur aus der Nähe kann man den für Geier so typischen nackten Kopf und Hals sehen. Welch schöne Aussicht gepaart mit einer tollen Flugshow 😉

 

Oktober 2024 – Gaspar Grande

Nachdem wir unseren Außenborder so schnell wieder zurück bekommen hatten, machten wir gleich Nachmittags einen kleinen Testlauf.

Vor der Küste Chaguaramas liegt eine kleine Insel namens Gaspar Grande (oder auch Gasparee genannt). Sie ist gerade mal 2,4km lang und 0,8km breit, soll aber ein paar schöne Attraktionen für Besucher bereit halten. Neben allen möglichen Tieren wie Eidechsen und Fledermäusen gibt es auch einige Schlangenarten wie z.B. Königsboas.

Wie viele karibische Inseln hat auch Gaspar Grande eine bewegte Vergangenheit. Im 17. Jahrhundert wurde sie von Piraten als Basis benutzt. Im 18. Jahrhundert wurde sie von den Spaniern an einen Franzosen übertragen, der dort Baumwolle anbaute. Dann wieder war es im spanischen Besitz und diese errichteten zum Schutz gegen die Engländer ein Fort und ein Dutzend Kanonen. Wegen der kampflosen Übergabe Trinidads an die Briten kam es aber nie zum Einsatz.

Im 19. Jahrhundert wurde im Westen der Insel eine Walfangstation errichtet, Ende des 19. Jahrhunderts entstand am gleichen Ort ein Luxushotel. So nach und nach wurde Gaspar Grande zur Urlaubsinsel reicher Trinidadier, die sich dort Wochenendhäuser errichteten.

Im zweiten Weltkrieg wurde von den Briten eine Baracke für Soldaten und eine Batterie mit zwei Geschützen errichtet.

Heute haben wieder reiche Trinidadier ihre Wochenendhäuser auf Gaspar Grande und die Insel gilt als Ausflugsziel für Touristen. Denn ihre Kalksteinhöhlen mit ihrer blauen Grotte sollen sehenswert sein. Und genau diese wollten wir uns gerne anschauen.

Zuerst einmal hatten wir etwas Schwierigkeiten die richtige Stelle zum Anlanden zu finden, aber ein paar freundliche Gärtner in einer Villa wiesen uns den Weg. Und tatsächlich fanden wir ein Dock mit einem kleinen überdachten Wartehäuschen und einem Schild.

Von dort führte ein geteerter Weg zwischen ein paar Häusern hindurch langsam und stetig den Hügel hoch. Nach ca. 15 Minuten kamen wir an ein Schild, das auf die Höhlen hinwies, doch das ganze Gelände war verwaist. Wir suchten ein bisschen herum und fanden schließlich den Eingang zu den Höhlen, doch dieser war leider verschlossen. Welch Enttäuschung!

Aber da wir nun schon mal da waren, nahmen wir auf dem Rückweg eine kleine Abzweigung und schauten uns zumindest noch eines der Geschütze aus dem zweiten Weltkrieg an. Der Umweg lohnte sich, denn nicht nur hatte man von hier oben eine recht schöne Aussicht, sondern wir sahen auch noch einen wunderschönen Schmetterling. Alles in allem also doch ein lohnender Ausflug!