Wir sind dann mal weg…

Wir sitzen gerade am Frankfurter Flughafen und unser Flug nach Tunis hat leider Verspätung. Deshalb nutze ich noch schnell die Zeit, um Euch über die Aktivitäten in der letzen Woche upzudaten. Vergangenen Sonntag war uns Petrus ja dann doch noch gewogen und wir konnten eine schöne Abschieds-Gartenparty geben. Wir haben uns riesig gefreut, dass so viele von Euch vorbeigekommen sind und wir somit die Möglichkeit hatten, uns persönlich von Euch zu verabschieden. Und wir haben uns auch gefreut, dass Ihr uns durch Eure Salat- und Kuchenspenden den ganzen Vorbereitungsstress erspart habt, so dass wir viel Zeit hatten den Tag mit Euch zu genießen.

Aber leider war der Rest der Woche dann nicht ganz so entspannt. Gleich am Montag haben wir fast alle restlichen Möbel in den Keller geschafft, so dass abends nur noch die Couch und die Matraze in der Wohnung waren. Auf einen Schlag war unsere Wohnung total unwohnlich geworden und der Keller platzte aus allen Nähten.

Wir sind dann mal weg - Wohnzimmer leerWir sind dann mal weg - Keller voll

Dienstags fingen wir an, unsere bis jetzt noch in der Wohnung verbliebenen Habseligkeiten in Stapel zu sortieren: Tunis oder Toulon, das war bei jedem Werkzeug, Kleidungsstück, Elektronikgerrät usw. die große Frage. Wenn man erst einmal nur insgesamt 40 kg Gepäck mitnehmen kann, ist das gar nicht so einfach. Und gestern Abend war es dann soweit: die ganze Wohnung war komplett leergeräumt und unser zukünftiger Hausstand in nur 20 Kartons, 5 Boxen und 3 Reisetaschen verstaut. Wir wurden in den letzten Wochen mehrfach gefragt, ob wir denn schon aufgeregt oder voller Vorfreude seien, aber dafür hatten wir überhaupt keine Zeit. Und gestern Abend überfiel uns der große Abschiedsschmerz: wir standen in der leeren Wohnung, die wir mit soviel Herzblut und Eigenleistung umgebaut und eingerichtet hatten, und wussten, dass wir gleich die Tür schließen werden und damit unser bisheriges Leben hinter uns lassen. Hier wurde uns erstmals richtig bewusst, wie schwer loslassen sein kann!

Der Countdown läuft…

So sehr wir uns vor ein paar Wochen gefreut hatten, dass wir nun erst einmal nicht mehr arbeiten gehen müssen, so sehr wünschen wir uns momentan einen 8-Stunden Arbeitstag zurück. Wir rödeln jeden Tag bis in die späten Abendstunden und fallen dann völlig erschöpft ins Bett. Es sind so unglaublich viele Dinge zu erledigen und die Zeit verrinnt uns unter den Fingern. Es fängt an bei den ganzen Impfungen, die wir benötigen bzw. die wir auffrischen müssen: FSME, Polio, Typhus, 3x Tollwut, Masern/Mumps/Röteln, Gelbfieber und Hepatitis A. Und als ob das nicht genug Aufwand wäre, ist nun auch noch der Tollwutimpfstoff ausgegangen und wir müssen jedes Mal ins Tropeninstitut nach Heidelberg fahren, um uns impfen zu lassen.

Jeder fragt uns immer als erstes, ob wir denn unsere Wohnung schon vermietet und ausgeräumt haben: ja, die Wohnung ist ab dem 17.06. vermietet, und nein, wir haben sie noch nicht ausgeräumt, sondern sind noch voll dabei, weil wir vor lauter Bürokratiekram einfach nicht dazu kommen. Jetzt fragt Ihr Euch sicherlich, was es denn da alles zu erledigen geben mag, deshalb hier ein kleiner Auszug unserer Aktivitäten: arbeitslos melden, Krankenversicherung auf Anwartschaft ummelden, Auslandskrankenversicherung abschließen, Boot registrieren lassen und dafür in Frankreich ein Zertifikat der Werft besorgen, Boot versichern, alle Versicherungen kündigen, die wir auf dem Boot nicht benötigen, Funkgerät bei der Bundesnetzagentur registrieren lassen, GEZ/ADAC/Lotto/Volleyballvereine/Zeitung kündigen, Ausrüstung und Ersatzteile bestellen, Motorräder und Autos verkaufen, Schließfach bei der Bank kündigen, uvm.

Countdown - TODO

Außerdem haben wir zwei Kellerräume ausgemistet, letzten Samstag zwei Autos bis unters Dach vollgeladen und sind nach Mannheim auf den Flohmarkt gefahren. Dort haben wir gefühlt unseren halben Hausstand unter die Leute gebracht. Das lief wesentlich besser als wir es uns erhofft hatten: das Wetter war uns wohlgesonnen, wir hatten einen guten Platz ergattert und außerdem noch einen privaten Promoter angeheuert. Kais Vertriebskollege Olli lockte die Leute in Scharen an unseren Stand; Olli könnte sicher auch dem Papst ein Doppelbett verkaufen 😉

Countdown - FlohmarktCountdown - nach Flohmarkt

Während wir diese Zeilen schreiben, sind wir gerade auf der Rückfahrt vom amerikanischen Konsulat in Frankfurt. Nachdem es in der Karibik auch einige amerikanische Inseln gibt und wir eventuell auch den Intracoastal Waterway befahren wollen, haben wir mal nachgeschaut, ob man hierzu auch zu gegebener Zeit einfach einen EStA-Antrag stellen kann, aber das wäre ja dann doch zu einfach gewesen. Nein, wir benötigen natürlich ein Touristenvisum, weil wir nicht mit einem „öffentlichen Transportmittel“ einreisen. Also hat Kai sich mal einen Nachmittag frei genommen und unter vielen Flüchen 3 Stunden lang Online-Anträge ausgefüllt. Außerdem mussten wir noch zum Fotograf, um spezielle Fotos machen zu lassen, weil die biometrischen Passbilder, die wir noch zu Hause hatten, nicht akzeptiert wurden. Dann mussten wir uns nur noch einen Account auf der Internetseite der Botschaft für $10,- einrichten, hierüber einen Termin bei der Botschaft vereinbaren, dann €128.- pro Person überweisen und zur Post fahren, um einen DHL-Expressbrief zu erwerben, mit dem uns dann unser Visum zugesandt wird. Und last but not least mussten wir heute noch persönlich bei der Botschaft in Frankfurt vorstellig werden, um unser Visum genehmigen zu lassen. Welch Glück, dass nicht jedes Land solche Einreisebestimmungen hat, sonst hätten wir erst in einem halben Jahr abreisen können.

Und jetzt geht es auf schnellstem Wege wieder nach Hause, um dort das große Packen weiterzubringen. Wohnzimmer- und Büroregal sind schon abgebaut, der Schreibtisch ist größtenteils leergeräumt und die Abstellkammer teilweise ausgeräumt. Überall stehen Kisten und Kartons und es wird langsam aber sicher immer unwohnlicher. Es regiert das Chaos!

Countdown - WohnzimmerschubladenCountdown - Wohnzimmerregal

Jederzeit Sicherheit!

Und wieder ist ein spannendes und interessantes Wochenende zu Ende gegangen. Dieses Mal waren wir auf einem Sicherheitsseminar in Neustadt/Holstein, das im Einsatzausbildungszentrum „Schadensabwehr“ der Bundesmarine stattgefunden hat. Es ging dort um die Themengebiete Brandabwehr, Leckabwehr, Verlassen der Yacht und um den Einsatz pyrotechnischer Signalmittel. Und das Beste daran war, dass der Schwerpunkt eindeutig auf der praktischen Ausbildung lag und weniger auf theoretischem Blabla, das man sich letztendlich doch nicht merken kann. Denn: es geht nichts über eine Erfahrung, die man selbst gemacht hat!

Aber der Reihe nach: nachdem wir wegen der weiten Anfahrt schon am Vortag angereist waren und das Seminar am Freitag erst um 12:15 begann, hatten wir morgens noch Zeit, gemütlich im Café Wichtig am Timmendorfer Strand zu frühstücken.

Danach haben wir noch einen sehr kurzen Strandspaziergang gemacht. Der Versuchung Baden zu gehen konnten wir bei den eisigen Temperaturen und bei so viel Schnee wie es dort seit 26 Jahren nicht mehr gab, gerade eben so widerstehen.

Dann wurde es Ernst. Punkt viertel nach zwölf wurden wir auf dem Parkplatz in der Kaserne vom Seminarleiter mit folgenden Worten empfangen: „Ab jetzt wird hier das gemacht, was wir sagen. Ist das klar?“. Na, dachten wir, das fängt ja prima an…

Danach war erst mal Einzug in die Mehrbettzimmer angesagt. Ganz gespannt folgten wir dem Leiter im Gänsemarsch zu den Unterkünften, denn wir hatten bis dahin beide noch nie eine Kaserne von innen gesehen. Die Stuben waren aber deutlich sauberer und besser als die Absteige, die Kai vor einem Monat in Hamburg gebucht hatte (siehe Beitrag hier). Unsere Befürchtungen waren also unbegründet.

Nach einer kurzen Theorieeinheit konnte der Spaß nun endlich beginnen. Dafür wurden wir in zwei Gruppen zu je 18 Personen eingeteilt, um die Wartezeiten an den einzelnen Ausbildungsstationen nicht zu groß werden zu lassen. Dabei wurden wir genau wie alle anderen als Paar angereisten Teilnehmer voneinander getrennt. Begründung: Vermeiden, dass die Männer den Frauen während der Übungen ständig sagen, was sie besser oder anders machen sollen. Das war sicherlich schon mal die Basis für die durchwegs gute Stimmung, die zwischen allen Beteiligten während des gesamten Seminars herrschte.

Nacheinander durchliefen wir an diesem ersten Seminartag die beiden Stationen Brandabwehr und Leckabwehr. In der Brandhalle galt es mittels verschiedener Feuerlöscher Brände der Klasse A (Feststoffbrände) und B (Flüssigkeitsbrände) mit verschiedenen Löschmitteln zu bekämpfen. Jeder(!) Teilnehmer durfte jeweils mit einem Pulverlöscher, einem CO2 Löscher und mit einem Feuerwehrschlauch gegen die verschiedenen kleinen oder auch schönen großen Feuer antreten. Wenn Andrea vorher gewusst hätte welch Riesenspaß das macht, hätte sie als Kind sicherlich auch Feuerwehrfrau werden wollen.

Außerdem wurde eindrucksvoll vorgeführt, wie man es nicht macht: mit einem Wasserstrahl in einen Flüssigkeitsbrand zu spritzen mag zwar wegen der anschließenden explosionsartigen Ausbreitung des Feuers spektakulär sein, aber im Notfall ist es dann doch eher kontraproduktiv…

Danach ging es weiter mit der Leckabwehr. Dafür wurden wir in Gruppen zu 6 Personen unterteilt und in einen Tank gesteckt, der dem Inneren eines Schiffes glich. Dort waren einige „Löcher“ und „Risse“ vorbereitet, die von außen durch Öffnen von Ventilen mit Wasser versorgt werden konnten. Wer davon ausging, dass nun für jedes Team nur an einer Stelle ein Leck entstehen würde, der hatte sich gründlich getäuscht. Kaum hatte man das erste Leck halbwegs im Griff, fing das Wasser urplötzlich an anderen Stellen an zu sprudeln und zu spritzen, so dass man in kürzester Zeit klatschnass war. Das Ganze war zwar im Vergleich zu einer kleinen Segelyacht deutlich überdimensioniert, aber es war trotzdem interessant zu sehen, was man mit ein paar Brettern, Balken, Sitzkissen und Leckstopfen ausrichten kann. Immerhin war es auf diese Weise möglich, mehrere große Lecks soweit abzudichten, dass die Bilgenpumpen die so reduzierte Wassermenge im Griff hatten. Von der Vorstellung, dass man ein Leck auf See wieder vollständig dicht bekommt, sollte man sich aber lieber trennen, denn sonst gerät man zu leicht in Versuchung, eine eigentlich bereits perfekte Abdichtung wieder zu demontieren…

Nach einem leckeren Abendessen in der Offiziersmesse ließen wir den ersten Seminartag gemütlich in der Bar bei „ein paar Tassen Bier“ ausklingen. Trotz des anstrengenden Tages übermannte (bzw. überfraute) uns die Müdigkeit erst kurz nach Mitternacht (die Geschichten am Offizierstisch waren einfach zu spannend), was wir  am nächsten Morgen bereuten, da am Vorabend „Frühstück um 7:15“ befohlen worden war. Tja, wir waren halt doch in einer Kaserne.

Der zweite Tag startete nach einer theoretischen Einführung mit Übungen mit Rettungsmitteln in der Schwimmhalle. Zuerst bekam jeder wunderschöne Einheits-Armeekleidung. Dann wurde eine Schwimmweste des gleichen Modells angelegt, das auch von der Bundesmarine verwendet wird. Danach wurden eine kleine und  große Rettungsinsel ausgelöst. Anschließend stiegen wir direkt vom Beckenrand in die Inseln, was trotz der eingeschalteten Wellenanlage problemlos möglich war. Aber dann wurde es richtig ungemütlich: eng, duster, stickig, nass, alles schwankt, waren die Eindrücke, die wir aus der Rettungsinsel mitgenommen haben. Und wir müssen unbedingt die Kenntnisse verschiedener Seemannslieder auffrischen, damit wir uns im Notfall gut ablenken können. Zu unserem großen Glück wurden wir bald gerettet und durften eine 4,5m hohe Mauer erklimmen, die die Bordwand eines größeren Schiffes simulierte. Also: alles raus aus den Inseln und die Netze hoch, die von oben herunterhingen.

Beim Hochsteigen ist Kai schlagartig klar geworden, wie clever es eigentlich wirklich war, nicht zur Bundeswehr zu gehen :-). Oben angekommen wurde uns gesagt, dass auch dieses „Schiff“ in Seenot geraten und im Begriff zu sinken sei. Also ging es mit einem gewagten Sprung ins Wasser weiter, bei dem dann endlich die Rettungsweste ausgelöst wurde. Die nächste Aufgabe war es, wieder in die Rettungsinseln einzusteigen. Dies war aber aufgrund der voluminös aufgeblasenen Rettungswesten nur mit äußerster Kraftanstrengung und fremder Hilfe möglich. Daher merke: wenn irgend möglich immer direkt vom Schiff in die Rettungsinsel steigen!

Jetzt wurde es noch mal richtig interessant: das nächste Kommando lautete: eigenes Ölzeug und eigene Rettungswesten anlegen und zur Simulation der Bewusstlosigkeit mit dem Gesicht nach vorne ins Becken springen. Dann Abwarten, ob die Weste es schafft, einem automatisch wieder umzudrehen. Dabei wurde klar, dass Rettungsweste nicht gleich Rettungsweste ist. Rund ein Drittel der Mitstreiter wäre im Ernstfall wohl ertrunken und wir wissen nun ziemlich genau welche Art von Rettungsweste wir uns zulegen werden (da wir beide keine eigenen hatten, durften wir die von den Ausbildungsleitern benutzen, die wir am liebsten klammheimlich mitgenommen hätten).

Zum Showdown im Schwimmbad wurde Andrea aus allen Teilnehmern ausgewählt (vielleicht war sie am Vorabend am Offizierstisch doch etwas zu vorlaut ;-)), um uns die Rettung eines Schiffbrüchigen durch einen Helikopter vorzuführen. Das war auch einmal eine schöne Erfahrung.

Nach dem Mittagessen und einem weiteren Theorieblock ging es raus auf die Pier zum Verschießen der Signalmittel. Es wehte bei -5°C ein frischer Wind aus Nordost, so dass es leider zu gefährlich war, jeden Teilnehmer eine Fallschirmrakete abschießen zu lassen. Die Raketen fliegen bis zu 400m hoch und können brennend am Boden ankommen, wenn sie nicht genau senkrecht abgefeuert werden und genau in Windrichtung lag der Yachthafen, den wir natürlich unter keinen Umständen abfackeln wollten, obwohl wir dann gleich mal unser neu erworbenes Wissen bezüglich der Brandbekämpfung hätten erproben können. Aber somit mussten wir uns mit einer Demonstration durch einen Ausbilder begnügen.

Allerdings durfte jeder von uns eine Handfackel abbrennen und eine Leuchtkugel schießen, was die Handhabung solcher Signalmittel ausreichend verdeutlichte. Und danach war es uns allen so kalt, dass wir einfach nur wieder auf schnellstem Weg ins Warme wollten.

Wir haben an den beiden Tagen sehr viel gelernt und sind froh, das mal mitgemacht zu haben. Da kann man noch so viel in Büchern lesen, es geht einfach nichts über die praktische Erfahrung und Erprobung. Der anfängliche „Befehlston“ war im übrigen direkt nach dem Beziehen der Stuben in ein „freundliches aber nachdrückliches Bitten“ übergegangen, so dass während des gesamten Seminars eine sehr angenehme Atmosphäre herrschte und alle Ausbilder waren immer für ein Späßchen zu haben. Wir fühlen uns nun viel besser auf einen Notfall vorbereitet und können dieses Seminar allen Seglern wärmstens empfehlen.