Kai und der Hai

Vor ein paar Tagen war ich mal wieder mit dem Hydrofoil-Board unterwegs, da es bei uns zurzeit recht wenig Wind hat. Mittlerweile benutze ich meinen zweitlängsten Mast, der ca. 75cm lang ist, und kann damit schon ganz gut hin und her fahren. Problematisch sind allerdings die Richtungswechsel: weder eine Wende noch eine Halse klappt, ohne dass ich ins Wasser falle. Auch abrupte Richtungsänderungen während der normalen Fahrt enden häufig im Wasser.

Andrea war leider krank und so zog ich alleine meine Bahnen durch den Kitespot. Völlig geräuschlos glitt ich mit ca. 20 km/h dahin, als ich plötzlich einige Meter vor mir einen braunen Fleck bemerkte, der sich durchs Wasser bewegte. Beim genaueren Hinschauen stellte ich mit Entsetzen fest, dass es sich um einen ca. 1,5-2m großen Hai handelte, der gerade eine kleine Wasserschildkröte (Green Turtle) angriff. Mir blieb fast das Herz stehen, denn ich hielt geradewegs auf den Hai zu und hatte nur wenige Sekunden, um auszuweichen. Glücklicherweise schaffte ich es doch noch rechtzeitig, denn der Hai wäre über eine Kollision mit dem scharfkantigen Mast des Hydrofoils sicher nicht sonderlich erfreut gewesen. 

Jetzt bloß nicht vom Board fallen und vor dem nächsten Richtungswechsel möglichst viel Abstand zwischen mich und den Hai bringen! So fuhr ich bis mir Riffe die Weiterfahrt versperrten und ich mich wohl oder übel ins Wasser setzten musste. Mir war gar nicht wohl bei dem Gedanken, und so wollte ich blitzschnell das Board im Wasser drehen und sofort wieder aufsteigen. Und wie sollte es anders sein: vor lauter Aufregung ließ ich meinen Kite ins Wasser fallen und brauchte eine gefühlte Ewigkeit, um ihn wieder zu starten. 

Glücklicherweise sichtete ich den Hai auf dem Rückweg nicht mehr und ich beruhigte mich selbst mit dem Gedanken, dass dieser nach dem Verzehr der Schildkröte sicherlich erst einmal satt war. So kitete ich also noch einige Zeit weiter, bis ich mich dummerweise bei einem misslungenen versuchten Richtungswechsel mit dem Fuß am Mast verletzte. Da die Verletzung recht stark blutete, beschloss ich, dann doch lieber mal auf direktem Weg an den Strand zurückzufahren, nicht dass der Hai da noch eine leckere Nachspeise gewitterte hätte…

Obwohl dieses Erlebnis mir ganz schön weiche Knie gemacht hatte, so war es doch zugleich auch ziemlich faszinierend. Wer hat schließlich schon einmal einen Hai gesehen, der sich gerade eine Schildkröte einverleibt!

Zurück am Boot schaute ich sofort im Internet nach, um welche Art von Hai es sich gehandelt haben könnte. Sehr wahrscheinlich war es ein Sandbankhai. Im Allgemeinen gilt er als für den Menschen ungefährlich, so dass wir weiterhin beruhigt kiten können!

Unsere Tage mit Hurrikan Matthew

Heute haben wir mal einen besonderen Blogbeitrag für Euch: Andrea hat während uns Matthew passierte ein Tagebuch geführt, das wir Euch auf keinen Fall vorenthalten wollen! Es ist etwas länger als unsere „normalen“ Artikel, aber wir denken, dass es um der Authentizität willen nicht gekürzt werden sollte. Na, dann mal los:

Donnerstag, 22.9.
Seit einigen Tagen wird ein Tief vorhergesagt, dass sich recht spät zu einem Hurricane entwickeln könnte. Während sich die Hurricanes ansonsten oft irgendwo in der Nähe der Kapverden bilden und dann Richtung Nordwesten ziehen und meist irgendwo an der US-Küste auf Land treffen, soll sich dieses System erst kurz vor den Antillen bilden. Dies würde bedeuten, dass es nicht früh genug abbiegt, sondern irgendwo über die Antillen ziehen wird. Das müssen wir in jedem Fall genau beobachten.

Freitag, 23.9.
Heute ist Kais Geburtstag und wir haben uns vorgenommen, dass wir den ganzen Tag faulenzen werden. Ich habe Kai einen iTunes Gutschein geschenkt und habe es geschafft, mit unserer Freundin Lynn zu vereinbaren, dass sie uns abholt, um mit uns irgendwo Burger essen zu gehen. Kai weiß noch nichts davon, denn es soll eine Überraschung werden und ich hoffe, dass er sich darüber freut.
Wettermäßig wissen wir noch nichts genaueres. Das Wettersystem hat sich noch nicht entwickelt (schlecht für uns) und die Wetterfrösche wissen nicht ob und falls ja, wann sich etwas entwickeln wird. Wir müssen einfach weiterhin abwarten.

Samstag, 24.9.
Wir liegen schon seit 1 1/2 Wochen in Port Egmont und waren die ganze Zeit völlig alleine hier. Wir genossen die Stille, die lediglich immer mal wieder von den wilden Rasenmäher-Männern unterbrochen wird. 
So langsam werden wir etwas nervös, weil es immer noch heißt, dass sich da draußen ein tropischer Sturm entwickeln könnte, der am Dienstag Abend ziemlich genau über Grenada ziehen könnte. Wir beraten, ob wir lieber nach Trinidad fahren sollten, beschließen, dass uns dies aber nicht viel bringen würde, denn auch in Trinidad bekämen wir die Ausläufer des Sturmes mit und die Ankerbucht dort ist bei weitem nicht so geschützt wie Port Egmont. Also werden wir hier bleiben und hoffen, dass sich nichts entwickelt.
Mittlerweile sind einige Boote in die Bucht gekommen, die sich wohl auch schon mal für schlechteres Wetter rüsten wollen.
Nachmittags nehmen uns Lynn und Tracy mit zu unserem zweiten Hash. Wir waren uns erst nicht sicher, ob wir mitgehen sollen, weil wir so nervös sind, doch da wir sowieso die ganze Zeit nur am Abwarten sind, können wir genauso gut mit zum Hash gehen.
Danach sind wir froh über diese Entscheidung, denn es war mal wieder super. Es ging ab durchs Gebüsch, einen furchtbar steilen geteerten Abhang hoch und danach kreuz und quer durch Zuckerrohrfelder. Der Ausblick ins Hinterland von St. Georges und auch aufs Meer ist fantastisch. Danach wird getreu nach dem Motto „Drinkers with a running problem“ bei Bier gefeiert. Wir entscheiden uns jedoch eher für Wasser, Hähnchenschlegel frisch vom Grill und Oil Down. 

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Sonntag, 25.9.
Tracy hat uns angeboten uns mit zum Boat Rumble (ein Flohmarkt für Yachties, der einmal im Monat in Secret Harbour stattfindet) mitzunehmen. Wir möchten furchtbar gerne mitkommen, doch wollten wir ihr gestern Abend noch nicht fest zusagen, weil wir nicht sicher waren, ob wir unser Boot eventuell in den Mangroven festmachen müssen. Mittlerweile sind noch ein paar mehr Boote in die Bucht gekommen, aber momentan ankern alle hier und es hat sich bisher keiner in die Mangroven gemacht. 
Der Wetterbericht ist weiterhin sehr ungenau. Mittlerweile heißt es, dass das ganze erst am Mittwoch Abend kommt, nur was da nun genau kommen soll, weiß keiner.
Also gehen wir mit zum Boat Rumble. Ich habe einige selbstgebastelte Schmuckstücke mitgenommen und Kai und ich breiten diese auf einem Tisch aus und versuchen ein bisschen was zu verkaufen. Leider sind wir nicht die einzigen mit dieser Idee und ich habe große Konkurrenz. Doch ein bisschen was können wir verkaufen und immerhin reicht unser Erlös, um am Nachbartisch ein Exemplar des Dominospiels Mexicain Train zu ergattern und wir haben sogar noch €10,- übrig. Somit hat sich das für uns gelohnt!
Als wir gegen 14 Uhr zurück in unsere Ankerbucht kommen ist es dort um einiges voller geworden. Während wir samstags insgesamt 10 Schiffe waren, haben sich diese nun mehr als verdoppelt. Doch weiterhin ist keiner in den Mangroven.

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Montag, 26.9.
Wir sind total nervös. Bereits gestern haben wir alle vier Stunden den neuen Wetterbericht geholt und heute können wir es fast nicht abwarten, bis endlich wieder ein neuer Wetterbericht erscheint. Die Lage spitzt sich unseres Erachtens zu. Doch weiterhin weiß man nichts genaues, weil sich noch kein richtiger Sturm entwickelt hat. Gestern Abend hieß es in einem Wetterbericht, ein tropischer Sturm würde sich kurz vor den Windward Islands entwickeln und das Auge würde zwischen Trinidad und Grenada durchziehen. Da er sich aber erst so spät entwickeln sollte, wurde für uns kein starker Wind vorhergesagt. Ein anderer Wetterbericht sagte zwar auch, dass sich alles sehr spät entwickeln würde, das Auge solle allerdings nördlich von uns vorbeiziehen. Na toll, nun können wir uns ja aussuchen was uns lieber ist. Das waren zwar eigentlich keine schlimmen Neuigkeiten, doch es machte uns nicht weniger nervös. Das größte Problem bei den verheerenden Hurricanes, die viel Schaden angerichtet hatten, war oft, dass der Wetterbericht entweder falsch gewesen war, oder zu früh Entwarnung gegeben wurde. Wir fühlten uns völlig verunsichert und wussten überhaupt nicht was wir tun sollten. 
Zudem fingen die ersten Boote an, sich in den Mangroven fest zu machen und es kamen immer mehr Boote in die Bucht. Was sollen wir tun? Laut Wetterbericht werden wir hier höchstens 25 Knoten aus Südost haben, also gar nichts. Aber was, wenn der Wetterbericht nicht stimmt? Wir überlegten hin und her und beschlossen am Nachmittag, dass wir uns am nächsten Morgen nach dem 8:00 Uhr Wetterbericht entscheiden werden.

Dienstag, 27.9.
Kai konnte heute nacht nicht sonderlich gut schlafen und hatte sich um 2:00 Uhr den aktuellen Wetterbericht angeschaut. Nun sagte dieser einstimmig, dass sich das System irgendwo im Umkreis von Barbados entwickeln und dann eher nördlich von uns vorbei ziehen würde. Aber das war immer noch alles ganz schön ungenau und ich hatte die Schnauze voll von dieser Ungewissheit. So traf ich morgens um 6:50 Uhr endlich eine Entscheidung. Wir hatten schon immer gesagt, dass wir bei einem Hurricane o.ä. lieber in einer benachbarten Bucht wären, als in Port Egmont, weil hier bei den vergangenen Hurricanes immer ziemlich großer Schaden entstand, durch Boote die sich losgerissen hatten und quer durch die Bucht pflügten. 
So gingen wir um 7:30 Uhr Anker auf und motorten eine halbe Stunde in die andere Bucht. Als wir Port Egmont verließen, waren mittlerweile 41 Boote dort vor Anker bzw. in den Mangroven und dort trafen wir lediglich auf 11 Boote, wovon nur eines in den Mangroven lag. 
Aber für uns war mittlerweile klar: wir machen uns auf das Schlimmste gefasst und das heißt, wir machen unser Boot an den Mangroven fest, ganz egal, was der Wetterbericht sagt. So starteten wir um ca. 8:00 Uhr mit unserem Manöver und lagen ganze drei Stunden später gut vertäut mit dem Bug in den Mangroven. Das war auch noch etwas, was uns völlig durcheinander gebracht hatte. In Carriacou hatten wir mit Georg und Conny vom Arawak Dive Center darüber gesprochen, wie das ist, wenn ein Hurricane kommt und die Boote dort in die Lagune in den Mangroven fahren. Die beiden hatten uns erklärt, wie sie die Boote dort festmachen. Kai hatte vergangene Woche im Internet recherchiert und dort auch einen tollen Bericht eines Katamaran-Inhabers gefunden, der genau beschrieb wie viele Leinen und Anker er wie ausgebracht hatte. Und sowohl in diesem Bericht als auch von Georg und Conny hatten wir die Aussage erhalten, dass man immer vorwärts in die Mangroven fährt. Hinten sitzen ja schließlich die Propeller, die Saildrives und die Ruder, kurz gesagt, alles was auf keinen Fall beschädigt werden sollte, während vorne an den Rümpfen keinerlei Gefahr besteht, dass etwas in den Mangroven beschädigt werden kann. Wieso fuhren dann alle rückwärts dran? Wir ignorierten das und fuhren wie geplant vorwärts rein, während wir zwei ankommende Boote dabei beobachteten, wie auch sie rückwärts einparkten. Eines der beiden Boote kannten wir übrigens: es war der Däne Peter auf der Mandaley.
Um 11:00 waren wir ziemlich k.o. und beschlossen eine Pause einzulegen und zu frühstücken. Dann nahmen wir noch die Genua herunter, umwickelten unser Lazy Bag inkl. unseres Großsegels mit einer Leine und zu allerletzt bauten wir noch unser Bimini ab. Wir hatten den ganzen Tag strahlend blauen Himmel und Sonnenschein und es wehte ein laues Lüftchen. Irgendwie kann man sich gar nicht vorstellen, dass da am nächsten Tag ganz in der Nähe ein Sturm vorbeiziehen soll.
Der Wetterbericht sagte nun, dass es eine langsame Entwicklung gibt, es jedoch noch kein tropischer Sturm ist, weil es keine geschlossene Zirkulation gibt. Voraussichtlich sollte das System nördlich an uns vorbeiziehen und Martinique treffen und wir sollten lediglich 10-15 Knoten Wind aus Westen und weiterhin die 25kn aus Südosten bekommen. 
Abends gingen wir, völlig erschlagen von der stundenlangen Arbeit in der Hitze, mit gutem Gefühl ins Bett und waren zuversichtlich, dass wir, falls die Wettervorhersage nicht stimmt, nun auch für schlimmeres Wetter gerüstet sind.

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Mittwoch, 28.9. 
7:00 Uhr: Nachts wachten wir des öfteren durch heftige Regenschauer auf und mussten immer wieder unsere Luke schließen. Glücklicherweise hatte es etwas abgekühlt (auf 28°C anstatt der momentan üblichen 32°C), so dass es auch bei geschlossenen Luken noch aushaltbar war. Wind wehte überhaupt keiner. Das Wasser in der Bucht war spiegelglatt und wir waren beruhigt.
Heute morgen regnete es weiterhin und der Himmel ist grau in grau. 
Mittlerweile hat man dem System dem Namen Matthew gegeben und es zum Tropical Storm erklärt, dessen Auge über Martinique ziehen soll.
8:00 Uhr: Die anderen Boote in der Bucht, die noch vor Anker sind, haben sich auf Nord gedreht und im Laufe des Vormittags drehte sich nun alles auf West. Ich kann gar nicht sagen, wie erleichtert wir waren, als wir das beobachteten. Es schien so, als ob wir wirklich Glück haben und alles nördlich an uns vorbeizieht. 
13:00 Uhr: Jens, ein Deutscher, der zusammen mit seiner Frau Änne und seinem Hund ebenfalls auf einem Katamaran wohnt (dies aber bereits seit ca. 30 Jahren) besuchte uns gestern und ließ uns seinen Bericht des Hurricans Ivan im Jahr 2004 da. Er hatte diesen Hurrican auf seinem Boot genau hier in dieser Bucht miterlebt und sein Bericht ließ uns die Haare zu Berge stehen. 
Erst da wurde uns beiden klar, wie sehr wir die letzten Tage gebangt hatten, dass wir eventuell so etwas erleben müssen und wie erleichtert wir nun waren, dass dieser Kelch anscheinend an uns vorüber ging. Die ganze Anspannung der letzten Tage überschwappte uns nochmal und wir brachen beide gleichzeitig in Tränen der Erleichterung aus. 
Jetzt erst wurde mir bewusst, wie sehr wir die ganze letzte Woche um unser Boot gebangt hatten, wir uns gesorgt hatten, dass wir eventuell eine falsche Entscheidung treffen, wir uns immer wieder fragten, was das Richtige ist. In Deutschland waren wir nie mit solch schwerwiegenden Entscheidungen konfrontiert. Dort gibt es keine Hurricanes, die Dir Dein ganzes Haus unter dem Hintern wegreißen können und die auch noch lebensbedrohlich sind. Tja, nichts im Leben ist umsonst. Und für das tolle Leben, das wir normalerweise hier an Bord führen, gilt es ab und an auch seinen Preis zu bezahlen.
15:30 Uhr: Die Boote drehen gerade etwas nach Südwesten und der Wetterbericht sagt, dass der Hurricane über Martinique gezogen ist. Das heißt zwar, dass uns das Schlimmste noch bevorsteht, doch wir müssen nur mit ca. 25 Knoten Wind rechnen. Trotz grauem Himmel und immer mal wieder kleinen Regenschauern ist für uns die Welt in Ordnung!
17:00 Uhr: Der Wind hat gerade nach Süden gedreht, aber ich habe es nur bemerkt, weil die anderen Boote sich gedreht haben. Wir liegen hier immer noch völlig ruhig.
17:30 Uhr: Jetzt geht es anscheinend los. Wir haben zwischen 17-25 Knoten Wind und es kommt eine schwarze Wolkenwand von Süden auf uns zu.
18:00 Uhr: Die Wolkenwand zog über uns hinweg und es regnete heftig. Doch nun haben sich alle Boote nach Südosten gedreht und der Wind ist weg. Soll es das tatsächlich schon gewesen sein? Ist Matthew bereits weitergezogen? Wir holen den neuesten Wetterbericht und dieser sagt, dass Matthew noch über Martinique ist. Auch auf dem Regenradar sehen wir riesige Regenschauer, die ihr Zentrum in Martinique haben und sich gegen den Uhrzeigersinn drehen. Doch bei uns kommt außer vereinzelten Schauern nichts mehr an.
20:00 Uhr: Der Wetterbericht sagt, dass Matthew immer noch über Martinique zieht. In St. Pierre wurden 100 km/h gemessen. Wie gut, dass wir nicht in Martinique sind. Doch hier bei uns kommt der Wind mittlerweile wie gewohnt aus Osten und es weht lediglich eine leichte Brise. Dafür regnet es die ganze Zeit. Es kommt mir vor wie in Deutschland im November, nur eben glücklicherweise nicht so kalt.
21:00 Uhr: Wir gehen zu Bett und werden noch ein paar Folgen M.A.S.H. schauen. Draußen regnet es weiterhin und ab und an geht die eine oder andere Böe über unser Boot. Es wäre ja so schön, wenn wir bereits alles überstanden hätten und uns eine ruhige Nacht bevorstehen würde. Der Wetterbericht sagt jedoch, dass das „Schlimmste“ für uns erst noch kommt. Zwischen 22:00 Uhr und 8:00 Uhr soll es bis zu 25 Knoten geben. Na ja, wenn es tatsächlich nicht mehr als das sein wird, dann haben wir keine Sorgen. 
22:00 Uhr: Wir hören wie der Wind draußen zunimmt, aber es ist alles im grünen Bereich

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Donnerstag, 29.9.
8:00 Uhr: Ich habe super geschlafen und bin nur ein paar Mal aufgewacht, als Kai aufgestanden ist, um das Wetter zu checken. Ich glaube sonst hätte ich die ganze Sache einfach verschlafen. Der Wind hatte tatsächlich die ganze Nacht mit ca. 25 Knoten gepfiffen und es regnete auch fast durchgehend. Kai holte um 2:00 Und um 5:00 Uhr den Wetterbericht und dieser stimmte genau mit dem bei uns vorherrschenden Wetter überein. So legte auch er sich wieder ins Bett und schlief beruhigt weiter.
10:00 Uhr: Draußen ist alles immer noch grau in grau. Ich habe uns frische Brötchen gebacken und wir hatten gerade ein schönes gemütliches Frühstück bei angenehmen 28°C.
14:00 Uhr: Draußen regnet es ständig. Mal stärker, mal schwächer. Ab und an haben wir überhaupt keinen Wind, eine Stunde später bläst es wieder mit ca. 30 Knoten. Eigentlich hatten wir vor, heute wieder alle Leinen „abzubauen“, die beiden Anker einzuholen und irgendwo mitten in der Bucht ganz normal zu ankern. Doch bei diesem Wetter schickt man ja keinen Hund vor die Tür. Wäre auch alles kein Thema, wenn da nicht die grässlichen Sand Flies wären, die in Scharen über uns herfallen, sobald wir eine Luke oder die Tür öffnen. So liegt Kai momentan im Bett und liest etwas, während ich im Salon sitze und bastle.
18:00 Uhr: Vor einer halben Stunde hatte der Regen kurz aufgehört, doch nun regnet es schon wieder. Noch dazu haben wir schon den ganzen Nachmittag Gewitter. Ständig blitzt und donnert es. Aber dafür ist es wieder total windstill. Hoffentlich ist dieses eklige Novemberwetter morgen endlich vorbei. Matthew zieht sehr langsam weiter und wurde mittlerweile zum Hurricane erklärt. Er reicht über die ganze Karibik. Solch einen riesigen Sturm haben wir noch nie gesehen. Ich kann nicht beschreiben wie froh wir sind, dass wir so wenig davon abbekommen haben! 
20:30 Uhr: Auf dem Regenradar sieht man auf den ganzen kleinen Antillen keinen Regen mehr, außer über Grenada. Hier hat sich ein großes Regengebiet festgesetzt und es blitzt, donnert und regnet immer noch. Also wir hätten jetzt genug davon. Morgen hätten wir gerne wieder Sonne! 

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Freitag, 30.10.
9:00 Uhr: Die Sonne ist endlich wieder da! Nun geht’s raus aus den Mangroven.
13:00 Uhr: Wir haben uns in einem dreistündigen Manöver wieder vor Anker verholt, nicht ohne jede Menge Gefluche, da das Ankergeschirr unseres Zweitankers schwer zu handhaben ist und unseren kompletten Bug mit Matsch einsaute. Danach war noch eine Stunde Boot putzen angesagt. Und jetzt müssen wir auch noch dringend nach St. Georges einkaufen gehen, weil wir in unserem Kühlschrank noch genau eine Karotte, einen halben Salat und zwei Eier haben, da wir in letzter Zeit keine Nerven zum Einkaufen hatten. Erst durch Gespräche mit Jens und Änne über Hurricane Ivan wurde uns übrigens klar, wie dumm das war. Die beiden haben berichtet, dass damals für mehrere Wochen Notstand auf der Insel herrschte. Da die ganzen Ernten vernichtet waren, gab es überhaupt kein Gemüse und Obst zu kaufen und teilweise war sogar die Wasserversorgung unterbrochen. Wie gut, dass wir einen Wassermacher haben und ich immer für mehrere Monate Dosenfutter an Bord habe. Aber außer ein paar Magnesiumtabletten hätten wir keinerlei Vitamine an Bord gehabt.
17:00 Uhr: Glücklicherweise haben wir sowohl bei der Hinfahrt wie auch bei der Rückfahrt sofort einen Bus bekommen. Doch danach mussten wir unsere Tüten noch ca. 1/2 Kilometer durch Gras und Gebüsch bis zu unserem Dingi schleppen. Wir sind total platt und werden nach dem Abendessen sicher gleich ins Bett fallen.
Und wir werden bestimmt noch ein paar Tage brauchen, um alle Sicherheitsmaßnahmen wieder zurückzubauen.

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Soweit Andreas’ Tagebuch. Matthew, inzwischen ein Hurricane der Kategorie 4 von 5 (mit Windstärken um 240 km/h), hat die ABC-Inseln nördlich passiert und ist auf dem Weg nach Jamaica, Haiti und Kuba. Wir hoffen, dass er dort nicht zu großen Schaden anrichten wird und dass die Menschen sich dort ausreichend auf die drohende Gefahr vorbereiten (können!).

Bonjour Guadeloupe!

Wie Andrea ja schon im letzten Beitrag geschrieben hatte, war vergangene Nacht wieder mal wesentlich mehr Wind als vorhergesagt. Die Variante war aber heute, dass es sich am Tag nicht wieder beruhigte, sondern die ganze Zeit über so weiter blies. Dies war insofern brenzlig, als dass uns so langsam aber sicher der Diesel in unseren Tanks ausging! Wir hatten zwar noch ausreichend in Kanistern dabei, aber wie sollten wir bei dieser konfusen Welle verhindern, dass Salzwasser in die vom Bootsdesigner sinnvollerweise recht nahe über der Wasserlinie angebrachten Tankstutzen gerät? Unmöglich!

Ich denke ja, dass diese Serienboote nur für die Bootsmessen konstruiert sind. Da sollen die dann hübsch aussehen, vor allem auch der Frau gefallen und hoppla hat der Ehemann ein neues Boot gekauft. Das legt er dann in den Hafen von St. Tropez und ist ’ne Weile unheimlich stolz drauf. Dann kauft er sich ’ne Villa in Monaco und das Boot muss weg. Da kommt ein Fahrtensegler daher, kauft das Ding und segelt los. Und jetzt passiert, was der Bootsdesigner ja nicht ahnen konnte: es gibt tatsächlich jemanden, der so bescheuert ist, mit einem für die Messe gebauten Dummy auf Ozeanen rum zu schippern!

Sorry, ich schweife ab. Aber auch wenn wir unser Boot inzwischen (meistens) lieben, musste das mal gesagt werden!

Wo waren wir stehengeblieben? Ach ja, der Dieselvorrat ging zur Neige. Nach langem hin- und herrechnen beschlossen wir einfach, dass es noch bis nach Guadeloupe reichen wird, oder besser gesagt reichen _muss_, denn das Nachtanken war uns unter diesen Bedingungen zu gefährlich.

Heute morgen um halb zehn kam ich dann zum Wachwechsel in den Salon und das erste was ich rufe ist: „Guadeloupe!“. „Wo?“ fragt Andrea, plötzlich wieder hellwach. „Na da, am Horizont!“. „Ja stimmt! Und ich dachte das seien nur wieder dunkle Wolken. Juhuuu!“

Aber wir mussten trotzdem noch fast drei Stunden auf diesem Waschmaschinenkurs durchhalten. Am Ende drehte der Wind noch ein bisschen Richtung Südost und wir konnten sogar noch ein Stündchen segeln und somit ein paar Liter Diesel sparen! Um kurz nach 11 Uhr kamen wir endlich in den Schutz der Leeküste von Guadeloupe und konnten Wind und Wellen Adieu! sagen. Es war kein schwerer Abschied, nein, im Gegenteil, wir sind heilfroh das wir dieses Pärchen erstmal los sind :-).

Und dann war es soweit: endlich, nach 4 Tagen und 8 Stunden auf See, 325 Liter verbratenem Diesel und 10 Liter eingedrungenem und ausgewrungenem Salzwasser hieß es um 14 Uhr: „Bonjour Guadeloupe!“.