Kaum zu glauben, aber wahr: wir haben es endlich geschafft, aus Hyeres wegzukommen! Diese Zeilen schreibe ich (Kai) gerade bei Abenddämmerung in einer romatischen Bucht an der Nordostküste Menorcas. Wie üblich sind die Motorboote heute Abend alle verschwunden und wir liegen nun (fast) alleine in türkisblauem Wasser vor einem leeren Sandstrand.
Aber der Reihe nach: nachdem wir die Pumpe für unseren Wassermacher bekommen hatten, bauten wir diese und eine neue Membran ein und danach schnurrte das Teil wieder wie ein Kätzchen. Nach kurzer Einlaufzeit macht das System nun endlich echtes Trinkwasser! Ok, den Wassertank müssten wir noch reinigen, aber bis dahin füllen wir das frische Nass eben einfach direkt in Flaschen ab.
Nun konnte es endlich an die Planung der zweitägigen Überfahrt nach Menorca gehen. Proviant hatten wir schon bei einem Grosseinkauf ein paar Tage zuvor gebunkert, so dass wir nur noch ein passendes Wetterfenster abwarten mussten. Nach einem Blick auf die Wetterkarte wurde schnell klar: entweder schon am nächsten Tag losfahren und in der ersten Nacht mit ziemlich viel Rückenwind unterwegs sein, oder noch mindestens eine Woche abwarten. Natürlich entschieden wir uns für die erste Variante und machten am Sonntag das Schiff klar zum Segeln. Dabei kam gleich das nächste Problem ans Tageslicht: beim Routinecheck der Motoren fiel uns auf, dass die Backbordmaschine plötzlich Kühlwasser in die Bilge spukt. Hört denn das nie auf? Ok, schnell im Internet recherchiert, woran das liegen könnte, Explosionszeichnung des Kühlsystems und einige Forenbeiträge mit Hinweisen gefunden, nachgedacht, nochmal genauer auf den Motor geschaut und voila: eine Schlauchschelle, die für die Abdichtung zwischen Süßwasser- und Salzwasserkreislauf zuständig ist, war verrutscht. Also haben wir die Schelle neu angebracht und gehofft, dass wir das Problem damit behoben haben. Aber dazu später mehr…
Nach einem kurzen Tankstopp im Hafen von Hyeres waren wir um 16:30 planmäßig Richtung Menorca unterwegs. Ein letztes Mal vorbei an der Insel Porquerolles motorten wir gegen einen leichten Südwind in den Sonnenuntergang.
Allmählich wurde aus dem Süd- zuerst ein West- und dann der angesagte frische Nordwestwind. Nach beinahe 6 Stunden Motorenlärm konnten wir endlich segeln! Leider war die Freude nur von kurzer Dauer, denn der Wind nahm immer mehr an Stärke zu, bis es morgens um 5 Uhr mit 7 Bft blies! Zu dem Zeitpunkt war uns längst klar, dass mit dem berüchtigten Golfe Du Lion (einer der stürmischsten Ecken weltweit!) nicht zu spaßen ist. Im Wetterbericht war nur von 5 Bft die Rede gewesen, aber den hatte der Löwe wohl nicht gelesen! Durch den starken Wind baute sich außerdem schnell ein hoher und vor allem steiler Seegang auf. Da half nichts: das Grosssegel musste runter und dafür musste jemand in stockfinsterer Nacht aufs Vordeck. Kennt eigentlich jemand die Sendung „Die härtesten Jobs der Welt“ mit den Krabbenfängern in Alaska? Nicht? Müßt ihr mal schauen (läuft auf N24 oder so). Außer, dass das überkommende Wasser natürlich viel wärmer war, habe ich mich genauso gefühlt, wie die Jungs dort oben (obwohl die Bedingungen in Alaska natürlich um Grössenordnungen schlimmer sind): keine 10 Sekunden nach meiner Ankunft auf dem Vordeck kam auch schon der erste Brecher über und sowohl ich, als auch Andrea, die im Cockpit versuchte, das Boot mit den Motoren im Wind zu halten, waren nass bis auf die Unterhose. Das Boot schaukelte wie eine Nussschale auf den Wellen und ich hatte vor lauter Festhalten eigentlich gar keine Hand mehr frei, um das Segel zu bergen. Trotzdem haben wir es nach einiger Zeit geschafft, das Segel runterzuholen und fuhren von da an lediglich mit einem auf Bettlakengröße verkleinerten Vorsegel weiter. Mit 5kn segelten wir Richtung Südosten, um zu vermeiden, dass die Brecher von der Seite kommen und sich direkt in unser Cockpit ergießen. Leider ging es auf dem Kurs höchstens nach Algerien, Menorca würden wir so nie „treffen“. Im Laufe des nächsten Tages nahm der Wind dann langsam wieder ab, aber der Seegang, den der Löwe über Nacht ausgespukt hatte, wurde eher noch höher. Somit segelten wir weiterhin mit voller Fahrt Richtung Afrika. Auch andere Geschöpfe hatten mit dem Wind zu kämpfen: plötzlich landete ein kleines Vögelchen auf unserem Boot, sichtlich am Ende seiner Kräfte. Wahrscheinlich trieb der Wind es vor sich her, bis es hier, mehr als 100 Seemeilen von jeglichem Land entfernt, wieder einen „Baum“ fand. Leider flog es nach sehr kurzer Ruhepause wieder davon, wer weiß wohin…
Gegen Abend ließ der Seegang deutlich nach, der Wind allerdings auch. Also, Motor an, Kurs Menorca! Nach einer ruhigen Nacht mit unzähligen Sternschnuppen, unendlich vielen leuchtenden Quallen und nur wenigen anderen Schiffen wurden wir am nächsten Morgen von zwei Delfinen begrüßt. Sie sprangen neugierig aus dem Wasser, um zu sehen, was da wohl für ein seltsames Meeresgetier schwimmt. Nach kurzem „Beschnuppern“ unserer Silence waren sie aber auch schon wieder weg, wahrscheinlich hatten sie mehr Appetit auf Fisch als auf Kunststoffboot.
Nach 17 Stunden motoren bekamen wir gegen Mittag kurz vor der Ankunft endlich nochmal guten Segelwind und brausten mit 7 Knoten auf fast glatter See gen Menorca. Da die Motoren nun ausgeschaltet waren, machten wir neugierig die Motorhaube der Backbordmaschine auf, um zu überprüfen, ob unsere Reparatur erfolgreich war: Juhu, war sie! Routinemäßig checkten wir noch schnell die Steuerbordmaschine und, wie sollte es anders sein: Kühlwasser in der Bilge! Kaum zu glauben, aber diesmal haben wir uns genau 10 Sekunden über eine gelungene Reparatur freuen dürfen. Wir werten das aber durchaus als Fortschritt, denn normalerweise haben wir immer schon vor einer ausstehenden Reparatur das nächste gravierende Problem entdeckt…
Eine Stunde später kamen wir in einer wunderschönen Bucht hinter einer vorgelagerten Insel an, die Andrea im Revierführer entdeckt hatte. Dort warfen wir unseren Anker zum ersten Mal auf spanischen Grund, gönnten uns einen Cocktail und liessen Motor Motor sein.
Morgen segeln wir dann weiter nach Mahon, der Hauptstadt von Menorca. Wir hoffen, dass wir dort endlich mal wieder einen Platz im Hafen bekommen, um unsere Silence mit dem Wasserschlauch von der Salzkruste zu befreien, die sich durch die überkommende See auf dem ganzen Schiff gebildet hat. Drückt uns bitte die Daumen, dass wir die Steuerbordmaschine genau so schnell repariert bekommen wie die auf der Backbordseite und dass danach endlich mal Schluß ist mit den Problemen, damit wir hier nicht wieder wochenlang festhängen!




























