Tag 15 – Tief

Heute nur ein kurzes Update, damit ihr wisst, dass es uns gut geht. Nach der schlaflosen Nacht vorgestern konnten wir gestern immerhin einen halben Tag mit Nordwestwind unseren Kurs gen Antigua fahren. Gegen Abend ließ dieser aber nach, bis er ganz weg war. Nach zwei Stunden motoren, um Wasser zu machen und die Batterien aufzuladen, setzte langsam ein West- bzw. Westsüdwestwind ein, gegen den wir nicht gegenan wollten. Daher schalteten wir die Motoren aus und ließen uns über Nacht mal wieder treiben. Leider frischte der Wind in der frühen Nacht auf 5 Beaufort auf und warf dabei steile Wellen auf. Deshalb fing unsere Silence an, sich wild hin und her zu rollen, so dass an eine ruhige Nacht mal wieder nicht zu denken war. Seit heute morgen versuchen wir nach Süden, nun doch gegenan, weiter vom Kern des Tiefs wegzukommen, denn in dieser Richtung soll der Westwind abnehmen. Außerdem sind wir dann in einer guten Position, wenn der Passat morgen oder übermorgen wieder einsetzt. Ich denke, bis dahin werden wir unsere Taktik „Tags fahren, Nachts schlafen“ anwenden, denn im Moment können wir sowieso nicht in die richtige Richtung segeln.
So jetzt gibt’s erstmal Frühstück mit frischem, selbstgebackenem Brot. Das wird allerdings eine Herausforderung, denn da wir gerade gegen 5 Windstärken fahren, fliegt alles, was nicht niet- und nagelfest ist hin und her. Man bräuchte also 5 Hände um Teller, Tasse, Messer, Marmelade, Wurst, Käse festzuhalten und dann gleichzeitig noch was zu essen ;-).

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Tag 14 – Aus der Flaute in den Sturm

Gestern habe ich ja noch geschrieben, dass es ab jetzt „bergab“ geht. Bisher merken wir allerdings noch nicht viel davon, es fühlt sich eher an, als ob wir mit angezogener Handbremse fahren. In den letzten 24 Stunden hatten wir nur ein sehr leichtes Lüftchen aus Nordost, dass wir noch bis in die Nacht hinein mit unserem Spi ausnutzten. Morgens um 2 Uhr kam jedoch ein Schauer mit Böen bis 20 Knoten, so dass ich Andrea wieder mal in ihrer Freiwache wecken musste, um in einer inzwischen zur Routine gewordenen blitzartigen Aktion das Segel zu bergen. Kaum geborgen schlief der Wind natürlich wieder ein, aber diesmal vollständig. War ja klar! Also beschlossen wir, mal ein wenig Schlaf nachzuholen und legten uns beide bis 9 Uhr ins Bett!
Morgens kam wieder ein klein wenig Wind auf, der den ganzen Tag anhielt und uns mit 3 Knoten Richtung Karibik schob. Dementsprechend klein fiel dann auch unser Etmal aus: nur 71 Seemeilen!
Damit wir wenigstens ein bißchen schneller vorankamen, habe ich (Kai McGyver) unseren Spibaum notdürftig repariert. Zuerst habe ich den um 90° verbogenen Teil herausgesägt. Als inneres Verbindungsstück der beiden Rohrenden benutzte ich einen ausgedienten Hartplastikzylinder einer Signalrakete, den ich mit einer dünnen Leine umwickelte, so dass der Durchmesser genau stimmte. Dann stülpte ich das Bein unseres Salontisches (keine Angst, der Tisch steht noch, war nur das kurze Bein, um den Tisch zum Bett umzufunktionieren) über die Flickstelle und fixierte dieses durch Einschlagen von „Keilen“ (Ringklemmen aus meinem Elektrikerfundus). Sofort nach Fertigstellung dieser ausgefuchsten Konstruktion (an Land würde ich sie wohl eher einen Riesenpfusch nennen) setzten wir den Baum und siehe da, schon fuhren wir 0,3 Knoten schneller :-).
Außerdem haben wir auf der Wetterkarte gesehen, dass wir demnächst ein Gebiet mit hoher Gewittertendenz durchfahren müssen. Daher habe ich uns zwei Blitzableiter mit jeweils 35mm2 Kabeln gebaut, die man an den Mastfuss schrauben kann (mit Ringklemmen, meinem neuen Lieblingsspielzeug :-)). Von da aus kann man sie ziemlich direkt durch unser Netz zwischen den Rümpfen zu Wasser lassen. Keine Ahnung, ob das physikalisch was bringt, aber psychologisch in jedem Fall. Außerdem haben wir mal kartografiert, wo unsere ganzen elektronischen Gerätschaften versteckt sind, so dass man diese bei Gewitter möglichst schnell im Backofen verstauen kann (ohne Scherz jetzt, Stichwort Faradayscher Käfig). Dabei ist uns aufgefallen, dass wir einen größeren Backofen brauchen…
Zu guter Letzt hat mir Andrea noch die Haare geschnitten. Das war bei der Wackelei eine ganz schöne Herausforderung, aber ich finde, sie hat das ganz toll gemacht. Ich wollte zwar nie wirklich zur Armee gehen, aber immerhin könnte ich jetzt, wenn ich wollte 🙂
Abends drehte dann der Wind plötzlich auf Südost, was ein Vorbote der tropischen Depression war. Das hätte laut unserem Wetterbericht noch gar nicht passieren dürfen, von daher ging ich nach dem leckeren Abendessen, das Andrea uns gekocht hatte (Gnocchi mit Paprikasoße), etwas nervös ins Bett. 4 Stunden später, bei Wachwechsel, war es dann soweit: der Wind frischte auf 5 Beaufort auf und drehte auf Süd. Dann kam ein Schauer mit Böen der Windstärke 6. Und weiter drehte der Wind auf Südwest, West, Nordwest, Nord, alles innerhalb nur einer Stunde: mit dem um einige 100 Seemeilen daneben liegenden Wetterbericht waren wir wohl genau ins „Auge“ des Tiefs geraten. Oje, oje, da kam schon der nächste Schauer mit Böen Stärke 7, dann sogar 8. Na prima, ich glaube unser Beschwerdebrief ist bei Petrus nicht so gut angekommen. Die Nacht haben wir schlaflos aber gut überstanden, jetzt müssen wir mal schauen, wie wir aus dem Schlamassel wieder rauskommen! [gpspos lat=19.906 lon=-38.63]

Tag 13 – Ab jetzt geht’s bergab!

Heute um 12:58 Uhr war es soweit: Lanzarote und Antigua waren gleich weit von uns entfernt, nämlich genau 1444 Seemeilen. Das bedeutet, dass wir die Hälfte der Strecke geschafft haben! Dieses „Bergfest“ haben wir mit einem selbst gebackenen Marmorkuchen gebührend gefeiert. Petrus (danke!) hatte uns dafür sogar extra eine kurze Flaute geschickt, damit wir den Kuchen in Ruhe genießen konnten. Anschließend nahmen wir noch ein erfrischendes Bad im hier 5000 Meter tiefen atlantischen Ozean. Dabei überprüfte ich gleich noch mit Taucherbrille und Schnorchel das Unterwasserschiff – kein Bewuchs, Schrauben und Ruder noch vorhanden, alles in Ordnung! Während unseres Bades kam dann auch schon wieder etwas Wind auf, so dass die Silence sogar ohne gehisste Segel mit über 2 Knoten weiter wollte. Also, raus aus dem Wasser, Abtrocknen und Spi setzen! Leider war der Wind nach drei Stunden wieder weg, also Spi wieder runter :-(. Als wir uns gerade ein Alternativprogramm überlegt hatten, nämlich ein paar Folgen Big Bang Theory schauen, kam der Wind wieder zurück. Wir haben trotzdem erstmal eine Folge geschaut, bevor wir den Spi wieder hochzogen, schließlich müssen wir hier keine Regatta gewinnen :-). Im Moment (23 Uhr UTC) fahren wir bei 9 Knoten Nordost-Wind mit gemütlichen 4 1/2 Knoten gen Antigua. Für die nächsten paar Tage ist sehr wenig Wind angesagt, dafür viel Regen und sogar Gewitter. Zum Glück haben wir noch viele Folgen Big Bang Theory und selbst wenn diese ausgehen sollten, haben wir immer noch alle Staffeln M.A.S.H., Monk und einiges mehr!

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