Auf den Spuren der Indianer von Penville nach Capuchin

Nachdem wir ja geklärt hatten, dass der 13. Abschnitt des Waitukubil National Trails, der an der Nordküste Dominicas von Penville nach Capuchin führt, gerade erst instand gehalten wurde, konnte uns nichts mehr aufhalten.

Morgens um 8 Uhr zogen wir unser Dingi an Land und liefen zur Bushaltestelle. Unser Plan war, mit dem Bus über den Vulkankrater in den Nordosten nach Penville zu fahren, um dort unsere Wanderung zu beginnen. Enden sollte sie in Capuchin, in einem Dorf auf der anderen Seite des Kraters, also im Nordwesten Dominicas, von wo aus wir mit dem Bus zurück nach Portsmouth wollten.

Leider liegen diese beiden Dörfer etwas am A… der Welt und somit dauerte es entsprechend lange, bis ein Bus kam, der nach Penville fuhr. Um kurz nach 9 Uhr saßen wir dann endlich im Bus und 20 Minuten später waren wir am Beginn des Wanderwegs. Flip Flops aus, Turnschuhe an und schon konnte es los gehen. Zufällig trafen wir auf einen Arbeiter, der mit einer Machete bewaffnet einen großen Sack mit Stöcken schleppte. Und dieser bestätigte uns nochmal, dass der Weg tatsächlich vor 10 Tagen frei gemacht wurde. Hervorragend!

Schon nach wenigen Metern waren wir wieder überwältigt von der wunderschönen Natur Dominicas. Wo man hinschaut saftiges Grün und teilweise konnten wir zwischen den Bäumen das tiefblaue Meer des Atlantiks sehen. Welch ein Kontrast!

Nach ca. einem Drittel der Strecke gab es einen Abstecher hinunter ans Meer auf eine kleine Halbinsel, den Point Reposoir. Nachdem die Angabe auf dem Schild zum Wanderweg besagte, dass man für den kompletten Weg lediglich 2 Stunden benötigen würde, wollten wir diesen rund 1km langen Umweg auf jeden Fall mitnehmen.

Zuerst ging es ziemlich steil durch hüfthohes Gras nach unten und ein Weg war kaum zu erkennen. Doch dann kamen wir wieder zwischen Bäume und wir sahen einen kleinen Trampelpfad der stetig hinunter an die Küste führte. Hier unter den Bäumen war es herrlich kühl und irgendwann hörten wir das Rauschen des Meeres immer näher kommen. Und dann lichteten sich die Bäume und gaben den Blick auf die Halbinsel frei, über die der Wind hinwegfegte. Wow, welch eine atemberaubende Sicht man von hier auf die steile Nordküste hat!

Nach einer kurzen Pause, während der wir uns den Wind durch die Haare pfeifen ließen und unsere verschwitzte Kleidung etwas trockneten, machten wir uns wieder an den Aufstieg, zurück zum eigentlichen Weg. 

Dieser wurde nun zunehmend beschwerlicher. Immer wieder ging es einen tiefen Einschnitt nach hinten in ein Tal, während man den Weg auf der anderen Seite der Schlucht bereits sehen konnte. Auch ging es immer wieder hoch und runter und jedes Mal wenn wir wieder ein Stück runter gingen, seufzte ich, weil ich wusste, dass ich das alles an einer anderen Stelle wieder hoch gehen musste. Aber glücklicherweise lag der Großteil des Weges unter dem kühlen Blätterdach und wir kamen recht gut voran, weil er auch in der Tat sehr schön instand gehalten war. Und unterwegs gab es ein kleines Flüsschen, an dem wir uns erfrischen konnten.

Schließlich kamen wir zu ein paar Ruinen. An dieser Stelle stand früher eine kleine Kaffeeplantage namens Grand Fond. Doch von den Ruinen war fast nichts mehr zu sehen. Der Urwald hatte alles überwuchert. Hier sollten wir vom eigentlichen Weg (ohne unseren Abstecher ans Meer) gut die Hälfte zurück gelegt haben, doch die Zeitangabe von 2 Stunden für den gesamten Weg, passte für uns nicht so wirklich. Mittlerweile waren wir ohne unseren Abstecher ans Meer und diverse kleine Pausen bereits mehr als 2 Stunden unterwegs. Für diese Zeitangabe musste unseres Erachtens jemand den Trail ohne Pause durch gejoggt sein.

Nach Grand Fond ging es dann nochmal stetig bergan und wir sahen, dass der Weg dieses Mal nicht direkt am Meer entlang um den nächsten Hügel herum führen würde, sondern dass wir quasi über den Hügel müssen. Puh, ganz schön anstrengend. 

Aber auch diese Anstrengung war es wieder wert. Zum einen sahen wir unterwegs ein Manikou ganz aus der Nähe und oben auf dem Kamm erwartete uns eine kleine Bank mit einer Kulisse wie im Film. Einfach nur herrlich!

Doch all zu lange wollten wir hier nicht rasten. Nur schnell ein Schluck aus unserer Wasserflasche und dann ging es weiter. Es ging wieder hoch und runter und schließlich kamen wir an einen Fluss, von dem wir wussten, dass er ziemlich am Ende unseres heutigen Trails lag. Also erst einmal frisches Quellwasser trinken und dann die kribbelnden und erschöpften Füße ins kühle Nass stellen. Welche Wohltat!

Danach lief es sich gleich wieder viel leichter und wir kamen bald in Capuchin an. Hier mussten wir noch ein Stück auf der „Hauptstraße“ entlang laufen bis wir an die Bushaltestelle kamen. Und hier warteten bereits einige Einheimische auf den Bus, der dann auch tatsächlich 15 Minuten später kam. Das klappte ja wie am Schnürchen.

Allerdings hatten wir für den 7,5km langen Trail plus den 1km langen Abstecher ans Meer inkl. diverser kleiner Pausen 5 1/2 Stunden statt 2 Stunden benötigt. Man sollte den Zeitangaben auf den Schildern also nicht unbedingt Glauben schenken!

Nach 20 minütiger Fahrt waren wir wieder an unserem Dingi und freuten uns auf ein erfrischendes Bad im Meer und abends gab es zur Stärkung einen Burger mit Pommes!

Bwa Nef Falls und eine kalte Schwefelquelle

Nach unserem Besuch bei den Indianern fuhren wir an der Ostküste entlang bis ganz in den Norden Dominicas. Unser eigentliches Ziel war der Ausgangspunkt für ein Segment des Waitukubuli Trails. Dieser Trail ist ein Wanderweg, der im Süden Dominicas am Scotts Head startet und in 14 Abschnitten über die gesamte Insel bis zu den Hügeln (Cabrits) am Ausgang von Portsmouth führt. Das Problem mit dem Wanderweg ist, dass er leider in den letzten Jahren nicht mehr so richtig instand gehalten wurde. Hurrikan Maria hatte im Jahr 2017 die Insel sehr verwüstet und seitdem wird dieser Wanderweg nur noch teilweise gepflegt. Und da wir an einem der nächsten Tage gerne das vorletzte Segment erwandern wollten, galt es erst einmal heraus zu finden, in welchem Zustand sich dieser Abschnitt befindet.

Doch auf dem Weg dorthin kamen wir zuerst an einer riesigen Baustelle vorbei. Westlich der Straße wurde ein immenses Terrain platt gemacht und uns kam ein LKW nach dem anderen entgegen. Wir machten kurz Halt und fragten, was denn hier gebaut wird: ein neuer Flughafen!  Und zwar ein internationaler Flughafen, denn momentan besitzt Dominica nur einen kleinen Flughafen, den man lediglich mit Propellermaschinen erreichen kann.

Danach machten wir noch einen schnellen Abstecher zu den Bwa Nef Falls. Dies ist ein kleiner Wasserfall, der, obwohl er in rund 20 Minuten zu Fuß erreichbar ist, sehr wenig frequentiert wird, weil er so abgelegen ist. Und er war auf jeden Fall den Abstecher wert. Der ca. 25m hohe Wasserfall hat sich in schwarzes Vulkangestein gegraben und sieht inmitten des grünen Dschungels düster und unheimlich aus. Das Wasser war herrlich kühl für ein kleines Fußbad und schön erfrischt machten wir uns auf den Rückweg zu unserem Auto.

Den Einstieg in den Waitukubuli Trail (Waitukubuli ist übrigens das indianische Wort für Dominica und dieser Weg wurde von den Indianern geschaffen, als es noch keine Straßen gab) fanden wir sofort und zu unserem Glück stieg dort gerade ein Rastafari mit einer Machete in ein Auto. Wir stoppten ihn schnell und fragten, ob er denn wisse, in welchen Zustand sich der Wanderweg befindet. Und tatsächlich konnte er uns sagen, dass dieser Abschnitt gerade erst vor 14 Tagen frei gemacht wurde. Na, das klang doch super und somit stand unserer Wanderung an einem der nächsten Tage nichts mehr im Wege!

Doch bevor wir nach Hause fuhren, stand noch ein kleiner Tagesordnungspunkt auf dem Programm: die kalten Schwefelquellen (Cold Soufrière) auf dem Morne aux Diables. Diese liegen in einem alten Vulkankrater auf ca. 500m Höhe und die Straße führt direkt durch den Krater an den Quellen vorbei. Nach lediglich 10 Minuten Laufzeit waren wir schon da. Und während wir bisher nur heiße Schwefelquellen kannten, überraschten uns diese tatsächlich mit kaltem Geblubber. Es stank zwar schon ziemlich nach Schwefel, aber ich konnte es nicht lassen, trotzdem mal meine Füße hinein zu stecken. Ebenfalls erstaunlich erfrischend!

Und hier noch ein kurzes Video der kalten Schwefelquellen: Cold Soufrière

Besuch bei den Indianern

Dominica ist die einzige Insel der Karibik, auf der auch heute noch eine große Population der indianischen Ureinwohner leben. Früher wurden diese „Caribs“ (Kariben) genannt, doch da die Bezeichnung „Kariben“ bei vielen wegen ihrer umstrittenen Assoziation zum Begriff Kannibalen abgelehnt wird, beschloss das Parlament von Dominica im Jahr 2015 die Umbenennung in eine frühere Bezeichnung: „Kalinago“. 

Bis zur Unabhängigkeit Dominicas im Jahr 1978 lebten die Kariben in ihrem Gebiet weitgehend von der übrigen Insel isoliert. Die ersten Straßen wurden erst in den 1970er Jahren gebaut.
Und auch heute noch nahmen wir deutliche Unterschiede zum Rest der Insel wahr. Während die Kalinago mittlerweile natürlich in ganz normalen Häusern wohnen, sind die Straßen zu einem Großteil in einem jämmerlichen Zustand. Und an der rauen Ostküste lebt man immer noch sehr abgeschieden. Die Einwohner des Kalinago Territory leben zum Großteil vom Verkauf von Kokosnüssen, dem Bootsbau (Kanus) und dem Verkauf von Korbflechtarbeiten. Außerdem gibt es ein Museumsdorf für Touristen, das Kalinago Barana Auté, welches wir vor ein paar Tagen besichtigten.

Hier erfuhren wir, dass die Kalinago in Dominica mit ca. 3.500 Personen ein 15qkm großes Territorium bewohnen, in dem 8 kleine Dörfer liegen. Das Land im Territorium ist gemeinsamer Besitz der Kalinago und wird von einem Häuptling regiert.

Samantha, unsere Kalinago-Führerin, nahm uns mit auf einen Rundgang durch das Museumsdorf, während dem sie uns die Kultur erläuterte, uns viele Pflanzen zeigte, die auch heute noch genutzt werden, und uns die frühere Lebensweise erklärte.

Nach dem Rundgang hatten wir Gelegenheit, zwei Frauen bei ihren Korbflechtarbeiten zuzuschauen und natürlich standen die schönen Körbe, Taschen usw. auch zum Verkauf. Da ich jedoch bereits im vergangenen Jahr eine ganze Menge dieser wunderbaren Körbe gekauft hatte, erstand ich dieses Mal nur noch ein kleines Brotkörbchen und einen Korb mit Deckel.

Die Körbe werden aus dem Stamm einer Pflanze namens Vetiver hergestellt. Der Stamm wird in einzelne Halme geteilt und dann in der Sonne getrocknet. Gefärbt werden die Halme dann entweder durch die Farbe einer anderen Pflanze (gelb) oder indem sie für fünf Tage in Matschlöcher (Larouma Pit) gelegt werden (schwarz). Und dann dauert es einen ganzen Tag bis ein solches kleines Körbchen geflochten ist, welches man für €10,- erwerben kann. Nicht gerade ein umwerfender Stundenlohn und dementsprechend arm ist auch die Bevölkerung des Kalinago Territory!

Nach dem Besuch von Barana Auté wollten wir unbedingt noch eines der typisch traditionellen Brote der Kalinago probieren. Dieses heißt Cassava und wird aus einer Wurzelknolle namens Maniok hergestellt. Unsere Führerin hatte uns gesagt, wo wir eine Bäckerei finden, die diese Brote verkauft und da fuhren wir dann gleich mal noch hin.

Wir hatten eigentlich einen kleinen Verkaufsstand erwartet, in dem verschiedene Sorten des Brotes verkauft werden, doch zu unserer freudigen Überraschung konnten wir uns direkt im Hauptraum der Bäckerei den gesamten Produktionsprozess anschauen.

Zuerst werden die Knollen geschält und dann in einer kleinen Holzpresse per Hand ausgepresst. Danach kommen die Knollen in einen großen Sack und werden nochmals mit einer hydraulischen Presse ausgepresst. Das austretende Wasser wird gesammelt und zur Herstellung von Wein und anderen Getränken verwendet.

Die ausgepressten Knollen werden per Hand über einem geflochtenen Sieb zerrieben und  dann werden daraus entweder die Brotfladen geformt und gebacken oder der zerriebene Maniok wird in einem großen eisernen Topf gebacken bis Mehl entsteht.

In dieser Bäckerei gab es die leckeren Fladen in mehreren Geschmacksrichtungen. Entweder „plain“ (natur), was eher nicht viel Geschmack hatte und etwas trocken war. Oder mit Kokosnuss mit und ohne Zucker oder mit Ingwer und Kokosnuss. Letzteres war unser klarer Favorit. Während die Kokosnuss das ganze etwas saftiger machte, gab der Ingwer dem Fladen einen leicht scharfen Geschmack. Einfach nur lecker und macht richtig satt! 

Und hier noch ein paar Impressionen der wunderschönen Ostküste Dominicas: