Ich glaube ich muss Euch mal einen kleinen Bericht über unsere Aktivitäten in den letzten Wochen geben. Da uns immer wieder jemand einen schönen Urlaub wünscht oder uns beneidet, weil wir hier so faulenzen können, muss ich Euch mal aufklären.
Zwar haben wir mittlerweile die meisten Kartons verstaut und die Liste unserer Besorgungen stark dezimiert, aber das war auch ein ganz schönes Stück Arbeit. Ich werde Euch mal ein paar Beispiele unserer Aktivitäten aufführen:
Wir wollten gerne die auf dem Boot vorhandene EPIRB umprogrammieren lassen. Kurze Erklärung für Nichtsegler: eine EPIRB (emergency position indicating radio beacon) ist eine kleine schwimmende Boje, die im Notfall ein Signal an einen Satelliten sendet und diesem die GPS-Position der Boje übermittelt. Somit kann man in Seenot schnell geortet und hoffentlich auch schnell gerettet werden. Diese EPIRB übermittelt aber nicht nur die GPS-Position, sondern auch eine Identifikationsnummer, damit die Rettungsstelle weiß, von wem das Notsignal ausgesendet wird.
Diese Identifiationsnummer kann normalerweise mit dem Boot auf den neuen Eigner übergehen, aber leider nur, wenn beide Besitzer aus dem gleichen Land stammen. Da dies bei uns nicht der Fall war, wurde uns also eine neue Nummer zugeteilt, die wir nun auch in die EPIRB einprogrammieren lassen wollten. Leider ist unsere EPIRB schon ca. 14 Jahre alt und die Herstellerfirma wurde bereits vor Jahren von einer anderen Firma übernommen. Also liefen wir hier von Schiffsausstatter zu Schiffsausstatter und fragten, ob diese unsere EPIRB umprogrammieren könnten. Die einheitliche Antwort lautete: Nein! Und wenn wir jeweils erwähnten, dass die Boje bereits 14 Jahre alt ist, schlugen alle die Hände über dem Kopf zusammen und meinten wir müssten unbedingt die Batterie tauschen lassen (Kostenpunkt ca. €300,-), aber nach 15 Jahren würden EPIRBs normalerweise sowieso nicht mehr gewartet. Da ja auch die Reprogrammierung nicht möglich war (normalerweise Kostenpunkt ca. €130,-), beschlossen wir schweren Herzens eine neue EPIRB für €570,- zu kaufen.
Das nächste größere Ersatzteil, das wir in Angriff nahmen, war unser Fenster in der Toilette. Bei diesem war vor ein paar Jahren bei einem Einbruchsversuch das Plexiglas gesprungen und das Fenster war seither etwas undicht. Das war zwar nicht ganz so schlimm, weil es somit nur in die Toilette/Gästedusche regnete, aber für eventuell starke Regenschauer in der Karibik wollten wir es dann doch lieber repariert haben. Also holten wir uns Angebote ein, um das Fensterglas und den Griff, der auch nicht mehr ganz in Ordnung war, auszutauschen. Dies hätte uns €185,- gekostet. Da wir dann das Glas und den Griff und auch eine neue Dichtung (die wir aber bereits besaßen) selbst hätten montieren müssen, fragten wir mal, was es denn kosten würde, dies alles in einem zu tauschen. Uns wurden €230,- genannt und wir beschlossen spontan, dass wir diese Variante wählen. Als der Verkäufer dann beim Lieferanten anfragte, erfuhren wir jedoch, dass die Lieferzeit dafür 4-6 Wochen wäre. Ach herrje, so lange Zeit wollten wir dann doch nicht mehr hier verbringen. Also was tun? Doch Variante 1 wählen und mit viel Arbeit alles selbst austauschen oder vielleicht sogar einfach noch mal €70,- drauflegen und mit Variante 3 ein komplett neues Fenster für €302,- kaufen? Nachdem wir ein paar Nächte darüber geschlafen hatten, entschlossen wir uns für Variante 3, bestellten das komplette Fenster und haben es mittlerweile schon montiert.
Außerdem beschlossen wir, um unseren Energiehaushalt zu verbessern, das ganze Boot auf LED-Lampen umzurüsten. Nachdem alle Lichter im Innenbereich getauscht waren, ging es an die Navigationsleuchten. Und dann kam die größte Herausforderung: wir wollen natürlich auch unser Ankerlicht tauschen (für Nichtsegler: das Licht am höchsten Punkt unseres 17m hohen Masts) und dazu war es nötig herauszufinden, was für eine LED wir hierfür benötigen. Also standen wir vor ein paar Tagen morgens um kurz vor 7 Uhr auf (da ist das Meer schön ruhig und das Boot schwankt nicht allzu sehr), Kai setzte sich in den Bootsmannstuhl und ich winschte ihn hoch bis in die Mastspitze. Welch ein Glück, dass ich Kai zu seinem 30. Geburtstag einen Fallschirmsprung geschenkt hatte und er seitdem schwindelfrei ist, denn sonst hätte ich wohl hoch gemusst. Aber das Winschen war auch ziemlich heftiger Frühsport. Kai wurde dann immerhin mit einer wunderschönen Aussicht belohnt, von der er glücklicherweise für uns einige tolle Fotos geschossen hat. Nachdem wir die LED nun besorgt haben, müssen wir diese Prozedur leider irgendwann in den nächsten Tagen noch mal wiederholen 😉
Bei einem unserer zahlreichen Besuche eines Schiffsausstatters entdeckten wir dort durch Zufall, dass dieser auch Rettungsinseln wartet. Eigentlich hatten wir vor, unsere Rettungsinsel direkt vor der Atlantiküberquerung auf den Kanaren warten zu lassen, aber wenn das hier nun gerade zufällig möglich war, konnten wir das ja auch gleich hier erledigen. Also fragten wir, was es denn kosten und wie lange das dauern würde. Uns wurde ein Preis von €650,- genannt (was durchaus im Rahmen unserer Erwartungen lag) und in 15 Tagen sollten wir die Rettungsinsel zurück haben. Das klang doch gut! Nun mussten wir uns nur noch überlegen, wie wir die Rettungsinsel von unserem Boot zum Schiffsausstatter bringen. Denn wir liegen hier ja die ganze Zeit vor Anker und müssen somit alles mit dem Dingi transportieren. Die erste Herausforderung bestand also darin, die 50 Kilogramm schwere Rettungsinsel aus einer Einbuchtung in unserem Heck in unser Dingi zu bekommen. Wir beschlossen hierfür unsere Davits zu Hilfe zu nehmen. Also machten wir die Rettungsinsel los, machten sie an den Davits fest, hoben kurz an und zu unserem Schreck begann sich die Rettungsinsel langsam zu öffnen. Wir stoppten sofort und schoben sie wieder ganz zurück. Hmm, was nun? Wie sollen wir die Rettungsinsel dort herausbekommen, ohne dass sie aufgeht (mal ganz davon abgesehen sollte sie eigentlich überhaupt nicht selbständig aufgehen)? Genau, mit Spanngurten. Also holten wir zwei Spanngurte und schlossen diese in einer relativ schwierigen Aktion um die Rettungsinsel. So, nun konnte sie nicht mehr aufgehen. Wir zogen sie langsam heraus, strafften die Davits und wollten sie dann direkt in unser Dingi gleiten lassen. Doch als die Insel aus ihrer Verankerung auf die Seite kippte, kam uns ein unglaublicher Wasserschwall entgegen, der sich in unser Dingi ergoss. Schnell drückten wir sie zur Seite und es flossen ca. 40 Liter Wasser heraus. Wir waren völlig sprachlos! Angeblich war die Insel vor 2 Jahren in Griechenland gewartet worden, aber das bezweifelten wir nun sehr. Das Einzige, was die Griechen wohl gemacht hatten, war die Insel zu öffnen, mal aus Interesse hineinzuschauen, sie dann wieder zuzuklappen, ohne sie natürlich richtig zu verschließen und sie dann falsch herum wieder am Boot anzubringen, so dass bei Seegang schön das Wasser in die Rettungsinsel hineinschwappen konnte. Tja, an eine Wartung brauchten wir hier wohl nicht mehr zu denken. Also brachten wir das gute Stück mit dem Dingi an Land und erstanden beim Shipchandler eine neue Insel (immerhin für einen Sonderpreis von €1050,- anstatt €1.150,-). Diese holten wir vor ein paar Tagen ebenfalls mit dem Dingi ab und hievten sie (fast wäre sie uns dabei ins Wasser gefallen!) an ihren Standort im Boot. So schnell wird man also Besitzer einer neuen Rettungsinsel.
Vorgestern und gestern wollten wir uns dann mal wieder etwas mehr den häuslichen Dingen widmen und haben ein neues Obst- und Gemüseregal in unserem „Abstellraum“ (auch Hundekoje genannt) eingebaut. Leider hatte die Konstruktion des Voreigners vor 10 Tagen ihren Geist aufgegeben und war auf unseren Wassermacher gefallen. An diesem bekam dadurch natürlich ein Schlauchstutzen einen Riss und der Wassermacher war undicht. Dieses Problem haben wir mittlerweile halbwegs behoben, aber ich hatte seither kein Gemüseregal mehr. Als wir in einem Supermarkt Obstkörbe aus Draht sahen, kam Kai die rettende Idee. Wir kauften beim Shipchandler noch zwei Haken, GFK-Matten und Epoxy-Harz und schon konnte es losgehen. Kai rührte sich ein Glas voll Epoxy-Harz an (was sich im Nachhinein als grober Fehler entpuppte) und legte los. Auf der Anleitung stand, dass man 30 Minuten Zeit hat, bis das Harz anfängt auszuhärten und nach 15 Minuten hatte Kai den ersten Haken festlaminiert. Er lag also wunderbar in der Zeit. Doch nach ca. 18 Minuten fing das Glas in Kais Händen an etwas warm zu werden. Nach 20 Minuten war es nicht nur warm, sondern heiß und nach ca. 22 Minuten fing es an ganz stark zu qualmen. Mittlerweile hatte er vielleicht ein fünftel seiner Mischung verbraucht (und somit eindeutig viel zu viel angerührt). Als es immer stärker qualmte wurde uns langsam mulmig und wir beschlossen im Notfall das Glas samt Inhalt in hohem Bogen aus der Luke über Bord ins Wasser zu werfen. Es dampfte zwar immer mehr, aber glücklicherweise blieb es bei der starken Rauchentwicklung, so dass Kai im Eiltempo noch auf der anderen Seite den Haken fest an die Innenseite der Bordwand laminieren konnte. Also nächstes Mal rühren wir dann vielleicht doch lieber etwas weniger Epoxy-Harz an. Gestern haben wir einen Haltbarkeitstest durchgeführt und danach die neuen Obst- und Gemüsekörbe an einer Leine aufgehängt. Juhu, jetzt habe ich wieder einen wunderbar durchlüfteten Aufbewahrungsort für mein Obst und Gemüse.
Und vorgestern freuten wir uns dann auch noch über einen spontanen Besucher. Thomas, ein ehemaliger Kollege von Kai, war gerade mit dem Motorrad hier in der Nähe unterwegs, hatte in unserem letzten Blog gelesen, wo wir uns gerade befinden und uns einen Kurzbesuch abgestattet. Das war eine schöne Gelegenheit einen ganz gemütlichen Tag zu verbringen und mal ausnahmsweise nicht allzu viel zu „arbeiten“. Schön, dass Thomas uns etwas aus unserem Bestell- und Reparaturwahn herausgerissen hat 😉
Vielen Dank für eure Posts. Macht viel Spass sie zu lesen. Wo seid ihr denn gerade??
Weiterhin Mast und Schottbruch!
Toby
PS: Andrea, bin seit 1.8 bei Ipreo. 🙂
Wir hängen immer noch in Hyeres fest, haben die Hoffnung aber noch nicht aufgegeben, dass wir hier doch bald wegkommen 🙂
Soso, nun bist du also bei der Konkurrenz deines alten Arbeitgebers gelandet. Kannst Frau Horstmeier und Evdokia schön grüßen.
Klasse wie ihr das meistert; wir können das als kleine Jollensegler nachvollziehen. Das mit dem heißen Epoxy hatte ich dir auch sagen können – zu viel Härter. Man arbeitet aber dann sehr schnelll!!! Weiterhin viel Glück und gut Wind.
Ja, stimmt, seeeehr schnell, kann ich bestätigen. Ich hatte wirklich kurze Zeit Panik, dass uns das ganze Boot abbrennt!
Freue mich immer sehr, wenn es von euch was zu lesen gibt. Das reißt uns hier jedes Mal ein wenig aus dem Arbeitsalltag 😉
Aber da werde ich morgen gleich mal Thomas fragen, was er vom Kurzbesuch bei euch noch zu berichten hat. Wäre auch gerne da gewesen….
Sonja und ich wünschen euch weiterhin alles alles Gute und lasst bald wieder von euch hören!
Ihr könnt uns uns gerne jederzeit besuchen, demnächst sind wir auf den Balearen. Gefüllte Tauchflasche und Automat sind an Bord, nur leider kein Kompressor. Aber der findet sich an Land bestimmt! LG, Kai
„ein wenig“ ist gut! Wenn ich kündige, seid ihr schuld! 😉
Weiterhin gute Reise und keep the blog coming!
Ok, ich nehme die Schuld auf mich, wenn du kündigst :-).
Den Blog am Leben zu erhalten habe ich mir viel zu einfach vorgestellt. Selbst hier in Europa gibt es kaum „Free Wifi“ und ich muss alles über 3G für 10ct/MB machen.
Aber so ist halt das Fahrtenseglerleben: die einfachsten Dinge sind kompliziert und die komplizierten Dinge sind unmöglich. Aber gerade das ist das schöne daran!
LG, Kai
Schafft euch ein paar Brieftauben an! Die haben mit 32GB USB Stick an den Füßen einen netten Durchsatz 🙂
endlich mein zweiter Versuch, mich hier anzumelden, um automatisch benarichtigt zu werden, wenn es was neues auf der Seite gibt :-)…
Bisher denke und lese ich so von Euch!
Habt ihr schon einen Plan wo ihr Ende Oktober seid? Mitten auf dem Atlantik vermutlich?! Oder gäbe es eine Chance Euch da noch auf den Kanaren zu treffen :-)?!
LG, wir vermissen Euch hier!!