Tag 12 – Beschwerdebrief

Lieber Petrus!

Wir wissen ja, dass Du ein viel beschäftigter Mann bist und die Steuerung des Wetters auf dem Atlantik bei weitem nicht Dein einziges Aufgabenfeld ist. Aber trotzdem möchten wir Dir hiermit mitteilen, dass in dieser Region wohl einiges aus dem Ruder gelaufen ist und dass hier dringender Handlungsbedarf besteht. Vielleicht solltest Du Dir mal den zuständigen Mitarbeiter zur Brust nehmen. Oder gibt es den gar nicht mehr? Wahrscheinlich ist er dem letzten Optimierungsprogramm Deiner Unternehmensberater zum Opfer gefallen. Vermutlich hat Dir einer der Herren in Ihren feinen Anzügen mit ahnungsloser, aber überzeugender Stimme gesagt: „Atlantik!? Wo oder was soll denn das bitte sein? Da draußen ist ja sowieso keiner, das benötigen wir nicht. Diese Abteilung können Sie auflösen.“ So oder ähnlich wird es sich wohl zugetragen haben, obwohl das alles natürlich nur Mutmaßungen sind. Kommen wir also nun lieber zu den Fakten bzw. Forderungen, die der Auslöser für diesen Brief waren:
Punkt 1: Wenn Du Wind machst, solltest Du Dich auf eine oder maximal zwei verschiedene, aber benachbarte Windstärken pro Tag festlegen. Beispiel: morgens 4, abends 5 Beaufort ist regelkonform. Die Abfolge 3, 5, 4, 7, 3, 6, 3 ist nicht innerhalb eines Tages und schon gar nicht innerhalb einer Stunde erlaubt.
Punkt 2: Die Wellen sollten immer aus derselben Richtung kommen wie der Wind. Die Höhe der Wellen sollte außerdem immer in einem vernünftigen Verhältnis zur Windstärke stehen. 5 Meter hohe, steile Wellen bei 3 Beaufort Wind entsprechen dieser Forderung definitiv nicht! Punkt 3: Regenschauer oder neudeutsch Squalls dürfen nur vereinzelt auftreten. Wir buchstabieren: v-e-r-e-i-n-z-e-l-t. Damit ist gemeint, das in Sichtweite eines Schauers nicht schon der nächste in den Startlöchern stehen darf. Auch sollten Squalls nicht an aufeinander folgenden und schon gar nicht an drei Tagen hintereinander auftreten.
Punkt 4: Die Bewölkung sollte 3/8 Bedeckung des Himmels nicht übersteigen. Alles andere hat einen zu starken negativen Einfluß auf die Temperatur und die Anzahl der Sonnenstunden pro Tag.
Punkt 5: Der Passatwind sollte in den Monaten Dezember bis Mai gleichmäßig mit 4 bis 5 Beaufort aus Nordost bis Ost blasen. Tropische Depressionen sind während dieser Zeit im Passatwindgürtel generell nicht akzeptabel und sollten wieder ins Reich der Seefahrermärchen verbannt werden. Wir hoffen, dass Du mit diesen konkreten Angaben die Abteilung „Atlantik“ schnell wieder in den Griff bekommst bzw. wieder neu aufbauen kannst.

Es verbleiben in der Hoffnung auf eine in Zukunft bessere Zusammenarbeit, herzlichst, Andrea & Kai an Bord der Silence, „Midde ufm Adlandig“

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4 Gedanken zu „Tag 12 – Beschwerdebrief

  1. Liebe Andrea, lieber Kai
    Ja so ist das mit den Unternehmensberatern (manchmal) optimieren einen beständigen Prozess und was hinterlassen Sie,konfuse See,keine Beständigkeit woher der Wind kommt und heftige Gewitter.
    Euch eine gute Ankunft ,die Handbreit Wasser unter den Kielen sollte ja wohl gelingen,ein spannendes neues Jahr und da Ihr dies erst bei der Ankunft lesen könnt,
    Glückwunsch fùr Eure erfolgreiche Atlantiküberquerung.

    Danke dafür das Ihr uns Leser teilhaben läßt an Eurer Reise

    Herzlichst Matthias aus Bremen

  2. Wei, wei, wei … lieber Kai …
    Leider muss ich Dich enttäuschen nach unser windarmen Atlantiküberquerung hin 2009 und der stürmischen 2010 zurück, habe ich auch versucht mit Petrus Kontakt aufzunehmen und ihn daraufhinzuweisen, dass es Seglern nichts bringt, wenn sie statistisch im Mittel optimalen Wind haben.
    Er hat seine Mitarbeiter in Schutz genommen und darauf hingewiesen, dass wir Menschen so brutal gegen ihn arbeiten, dass ein normales Wetter gar nicht mehr möglich ist 🙁

  3. Ich habe Euer Schreiben an Petrus mit Interesse gelesen und finde es tollund sehr amüsant, dass Ihr auf den Unbill des Wetters mit Galgenhumor reagiert. Da kann es nur besser werden. Ich denke, in den nächsten 12 Stunden müssen Eure detaillierten Wünsche in Erfüllung gehen. Ansonsten ertappe ich mich inzwischen dabei, dass ich auf den täglichen Beitrag warte und mir immer wieder die Karte anschaue – echt packend.
    Danke und Grüße aus Frankfurt, Alexandra Mühr

  4. Hallo Ihr Beiden,

    ja, ich kann mich dem Kommentar von Frau Mühr nur anschließen, es vergeht derzeit auch kein Tag, da ich nicht auf Eure Seite schaue und außerdem über Eure Routenkarte stets verfolge, wo Ihr gerade seid. Und wenn ich nachts in meinem Bett liege, frage ich mich, wer von Euch gerade Wache hat und wie just in diesem Moment wohl die Stimmung bei Euch ist 🙂 Ich glaube, Ihr habt bereits eine große Fangemeinschaft und die tollen Berichte runden Euer Abenteuer zum perfekten Allround ab!

    Sehr herzliche Grüße
    von Tanja und Tobi (und Sina und Carina)

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