Die letzten Wochen waren nicht sonderlich aufregend und somit gab es nichts besonderes zu berichten. Der Wind nimmt, wie immer in der Sommer- oder Hurrikanzeit, beständig ab und wenn wir überhaupt kiten konnten, dann waren unsere Tricks und Sprünge doch eher verhalten. Doch das heißt nicht, dass es uns hier langweilig wird, denn ich könnte die Sommerzeit auch getrost umbenennen in die Zeit des großen Schimmels. Da wir weniger Wind haben, steigt die Temperatur und auch die Luftfeuchtigkeit und jeden Tag entdecke ich neue Schimmelflecken im Boot. Es wäre schön, wenn ich sagen könnte, dass ich, sobald ich einmal komplett durchgeputzt habe, wieder von vorne anfangen kann, doch dem ist leider nicht so. Denn wenn ich ca. die Hälfte des Bootes entschimmelt habe, bilden sich an den gerade geputzten Stellen schon wieder neue Schimmelflecken. Noch kämpfe ich verbissen, aber ich glaube es ist ein Kampf gegen die Windmühlen.
Deshalb freute ich mich sehr, als unser Ankernachbar Jean-Yves uns anbot, mit ihm einen Tag auf Fischfang zu gehen. Er hatte uns Photos von seinen Angelerfolgen gezeigt und wir waren sehr beeindruckt. Bereits vergangene Woche hatte er unser ganzes Angel-Equipment angeschaut und uns einiges erklärt. Doch was nützen einem die ganzen netten Ratschläge und Erklärungen von anderen Seglern, wenn es an praktischer Erfahrung fehlt. Und somit sahen wir beide mit großen Erwartungen unserem „Angelkurs“ entgegen.
Gestern um 7:00 Uhr holte uns Jean-Yves mit seinem Katamaran ab, wir setzten die Segel und ab ging es in Richtung Nordwesten. Wir brachten drei Angeln aus, kochten Kaffee und frühstückten gemütlich, während wir auf unseren ersten Fang warteten. Als wir um 9:30 Uhr noch nichts gefangen hatten und auch Regen aufzog, wurde Jean-Yves langsam nervös und wechselte an einer Angel den Köder. Wir sahen aufmerksam zu, denn schließlich wollten wir uns nichts entgehen lassen. Wir warteten eine weitere Stunde. Dann holte Jean-Yves wieder einen Köder ein und kontrollierte, ob alles in Ordnung ist. Kai tat das gleiche an einer der Angeln auf der anderen Seite und entdeckte dabei, dass sich die Angelleinen der zwei Angeln auf dieser Seite völlig ineinander verwickelt hatten. Also war erst einmal großes Entwirren angesagt. Nachdem das Chaos beseitigt war, warfen Jean-Yves und Kai auf dieser Seite nur noch eine Angel aus, damit nicht noch einmal solch ein Chaos entsteht. Und nun war wieder warten angesagt. Um 12:00 Uhr packte uns erneut der Hunger und wir aßen alle eine große Portion Nudelsalat und beschlossen zu wenden und langsam aber sicher nach Union Island zurück zu segeln.
Da saßen wir nun alle drei im Cockpit, mit ziemlich langen Gesichtern und Jean-Yves beteuerte uns, dass er noch nie von einem Angeltörn zurückgekommen sei, ohne mindestens einen Fisch zu fangen. Darauf konnten wir nur erwidern, dass er uns dann wohl besser zu Hause gelassen hätte, denn anscheinend lassen sich da wo wir sind einfach keine Fische sehen. So rückte Union Island von Stunde zu Stunde wieder näher, bis wir um 14:00 Uhr nur noch ca. 12 Seemeilen entfernt waren. Mittlerweile waren wir alle drei ziemlich verzweifelt und versuchten uns gegenseitig zu beteuern, dass es ja trotz allem ein schöner Segeltag gewesen war.
Und als wir alle überhaupt nicht mehr damit rechneten, passierte es endlich. Die Angelleine fing an zu surren und wir rannten alle drei wie von der Tarantel gestochen zum Heck. Tatsächlich, da hing endlich ein Fisch dran. Kai begann vorsichtig ihn reinzuholen und plötzlich sahen wir eine schöne goldschimmernde Dorade aus dem Wasser springen und mit unserem Haken kämpfen. Mit Hilfe von Jean-Yves holte Kai unseren Fang ganz langsam näher und ich hielt die ganze Zeit die Luft an und hoffte, dass uns die Dorade nicht entkommt. Nur noch ein paar Meter und wir hätten sie an Bord, doch auf den letzten Metern wehrte sie sich nochmal heftig. So beschleunigte Jean-Yves das Boot, Kai holte weiter die Angelschnur ein und mit einem letzten schnellen Ruck zogen die beiden die Dorade schnell an Bord. Und nun konnten wir unseren Fang das erste mal richtig begutachten. Mit ca. 85cm und 4kg Gewicht, war das eine der größten Doraden, die wir je gesehen hatten! Jean-Yves klärte uns dann zwar auf, dass dies eher eine kleinere wäre und ein Weibchen, denn normalerweise wären sie schon eher ca. 1,20m lang, aber das konnte unserer Freude keinen Abbruch tun.
Aber natürlich hätten wir das alles etwas einfacher haben können, denn im Endeffekt hatten wir die Dorade ca. 1 1/2 Stunden von Union Island entfernt gefangen ;-). Somit kehrten wir also um 16:30 Uhr völlig k.o. zu unserer Silence zurück, doch dort gab es noch einiges zu tun. Nun war die Dorade noch zu filetieren und zu enthäuten und schließlich zu einem schönen Dinner zu verarbeiten. Um 20 Uhr saßen wir dann endlich glücklich und zufrieden vor unseren Doradenfilets mit Reis und Ratatouille und feierten unseren tollen Fang!
Famos!