Vergangenen Montag startete die RORC600 in Antigua. Die 600 steht für die 600 Seemeilen, die die Teilnehmer zurückzulegen haben. Gestartet wird in English Harbour, dann geht es an Green Island vorbei hoch nach Barbuda. Von dort nach St. Kitts und Nevis, um Saba herum nach St. Barths, dann weiter nach St. Martin. Nach der Umrundung von St. Martin geht es an Montserrat vorbei bis ganz runter nach Guadeloupe. Auch Guadeloupe muss umrundet werden, bevor es nochmal hoch nach Barbuda geht. Und dann kommt ein Schlag nach Redonda, bevor es auf der letzten Geraden zurück nach English Harbour geht.
Für uns wäre das eine halbe Weltreise, für manche von den Teilnehmern, ist es eher eine kleine Übernacht-Fahrt. Bei der RORC600 gibt es verschiedene Klassen und so sieht man die verschiedensten Arten von Booten: Trimarane (mit und ohne Foil), Katamarane und Einrumpfer in allen Größen.
Vor ein paar Jahren hatten wir uns bei wenig Wind mal mit dem Dingi draußen bei Green Island mitten ins Regatta-Feld gesetzt und die Teilnehmer waren ganz nah an uns vorbei gezogen. Dieses Jahr hatten wir wesentlich mehr Wind und verfolgten die Regatta deshalb von der nordöstlichen Spitze Green Islands.
Die schnellsten waren die beiden Trimarane Zoulou und Maserati. Sie starteten als letzte in English Harbour und waren doch die ersten, die wir ca. 10 Meilen später an Green Island vorbeiflitzen sahen. Wir hatten einen recht regnerischen Tag mit teilweise 25-30 Knoten Wind und die beiden zogen draußen mit knapp 30 Knoten Geschwindigkeit an uns vorbei. Uns stockte der Atem, als wir die beiden riesigen Trimarane mit mächtig viel Gischt an uns vorbei sausen sahen. Welch ein Gefühl muss das sein, auf einem dieser Schiffe mitten in der Gischt zu sitzen und das Wasser unter sich vorbei rasen zu sehen. Wir schauten mal kurz in eine Live-Aufnahme auf der Regatta-Website rein und bekamen nach wenigen Sekunden schon fast Kopfschmerzen von dem unglaublichen Lärm, der auf Maserati herrschte. Da revidierte ich doch gleich wieder meine Aussage, dass ich liebend gerne mal mitsegeln würde. Wahrscheinlich würde ich das keine Stunde aushalten.
Als der Großteil des Feldes vorbei gezogen war, gingen wir wieder zurück auf unsere Silence und verfolgten das Rennen übers Internet im warmen und trockenen Salon.
Die beiden Trimarane lieferten sich teilweise ein hartes Kopf-an-Kopf-Rennen. Als sie an Green Island vorbei kamen, lag Zoulou ein kleines Stück vorne und das blieb auch lange so. Doch dann fuhr Maserati auf dem Weg nach Guadeoupe ihre Foils aus (Zoulou hat keine Foils) und zog Zoulou mit einer Höchstgeschwindigkeit von 40 Knoten (!) davon. Das ist so was von irre schnell! Eine große Fähre oder ein Frachtschiff ist teilweise mit über 20 Knoten unterwegs, d.h. sie fuhren doppelt so schnell. Das ist wie wenn man mit dem Auto mit über 500 km/h über die Autobahn rast. Und so konnte sich Maserati einen Vorsprung von 13 Seemeilen heraus arbeiten. Doch leider verloren sie diesen langsam aber sicher wieder auf dem Weg von Guadeloupe nach Barbuda. In Barbuda machte Maserati dann noch einen taktischen Fehler und wurde kurz danach von Zoulou eingeholt. Und somit gab es auf den letzten 30 Seemeilen ein Kopf-an-Kopf rennen, das Zoulou mit 11 Sekunden (!) Vorsprung gewann. Könnt ihr euch vorstellen, dass ihr 600 Meilen segelt und dann das Rennen um 11 Sekunden verliert. Entsetzlich!
Zoulou und Maserati beendeten das Rennen somit nach nicht ganz 31 Stunden, während die langsamsten Teilnehmer dafür mehr als 4 Tage und Nächte brauchten.
Obwohl er später ankam, siegte jedoch Alex Thomson (ein bekannter Vendée Globe Teilnehmer) mit seinem Katamaran Tosca Gunboat (jedes Boot bekommt je nach Klasse einen bestimmten Faktor, der dann später auf die Gesamtzeit angerechnet wird). Er hatte für die gesamte Strecke etwas mehr als 45 Stunden benötigt.
Als wir am Donnerstag von Green Island nach Jolly Harbour segelten, kamen uns einige Teilnehmer auf der Zielgerade entgegen. Drei von ihnen passierten uns ganz nahe und sie taten mir entsetzlich leid. Während ich die letzten drei Nächte ganz gemütlich in meiner Koje gelegen hatte, hatten sich die Crews dieser Boote (teilweise nur 2 Personen) diese Nächte um die Ohren geschlagen. Nein, das wäre eindeutig kein Sport für mich!
Bei einem gemütlichen Sundowner genossen wir am Freitag Abend den Sonnenuntergang in Jolly Harbour, während auf der anderen Seite der Insel die Siegerehrung der RORC600 stattfand.