Neues Großsegel

Da unser Großsegel nach 13 Jahren mehr als ausgedient hat, musste so langsam mal ein neues Segel her. Im Juni letzten Jahres war uns zwischen Antigua und Guadeloupe mal wieder ein Reff ausgerissen, welches Kai beim Segelmacher in Antigua reparieren ließ. Da gerade Sommer und nicht viel zu tun war, musste er lediglich US$250 zahlen, aber nochmal solch eine Reparatur wäre unser Segel wahrscheinlich nicht mehr wert.

Also lieber bevor das nächste Mal etwas ausreißt ein neues bestellen. Doch das war mal wieder gar nicht so einfach. Na ja, es könnte einfach sein, wenn man ein unbegrenztes Budget hätte und einfach dem Segelmacher vor Ort den Auftrag erteilen würde. Da dieser jedoch als speziellen Sonderpreis US$8.157,- wollte (inkl. Sommer-Rabatt von US$1.000,-), holten wir uns doch lieber mal noch ein paar andere Angebote ein.

Mit die bekanntesten Marken sind North Sails (hier hatten wir das Angebot von Antigua), Doyle Sails, Kemp Sails, Lee Sails, Rolly Tasker, Ullmann Sails und Quantum und so schrieben wir diese Anbieter an.

Leider antworteten nicht alle. Von Ullmann und Doyle bekamen wir auch nach mehrfacher Nachfrage keine Antwort. Aber immerhin waren einige Angebote, die wir erhielten, um einiges günstiger als das von North Sails in Antigua. Schon mal nicht schlecht, aber mit einer Preisspanne von €4.250,- (nach einem Rabatt von 10%, inkl. Versand) bis €7.015 (ohne Versand) war das trotzdem alles immer noch recht happig. Wir hatten eher so auf einen Preis von höchstens €3.500,- gehofft. Gut, dass wir dann mit einem unserer Bekannten zufällig über dieses Thema sprachen. Udo hatte sich auch gerade ein Segel bei Lee Sails bestellt und dies direkt über einen Kontakt in Hongkong getan und somit den Vermittler in USA ausgeschaltet. 

Das war ja auch mal noch einen Versuch wert. Also schrieben wir eine e-mail nach Hongkong und bekamen innerhalb weniger Tage ein Angebot zugesandt. Mit US$3.880,- (inklusive US$830,- Versand nach Antigua!) war dieses Angebot wesentlich günstiger als alle anderen und wir mussten nicht lange überlegen. Das Angebot nahmen wir an!

Doch damit fing die Arbeit für uns erst richtig an. Denn normalerweise bestellt der Laie solch ein Segel ja beim Segelmacher vor Ort, der dann vorbei kommt, alles ausmisst und das Segel anfertigt. Wenn dann irgendwas nicht passt, lässt man den Segelmacher wieder kommen und er muss es kostenlos anpassen.
Das geht bei einem Segel aus Hongkong natürlich nicht. Da mussten wir alles selbst vermessen und möglichst keine Fehler machen, denn das würde uns teuer zu stehen kommen. Jetzt fragt sich vielleicht manch einer, warum wir nicht einfach unser altes Segel vermessen und diese Maße angegeben haben. Das ging leider nicht, weil der Voreigner unseres Bootes nachträglich das Bimini hoch gesetzt hatte. Dadurch ist unser Baum höher, als auf einer normalen Lagoon 380. Aus diesem Grund hatte der Voreigner das Segel kurzerhand unten abschneiden lassen. Unseres Erachtens erhielt das Segel dadurch jedoch eine falsche Form (z.B. sind die Segellatten nicht parallel zum Baum). Und deshalb und auch weil es völlig ausgeblasen ist, wollten wir es nicht als Vorlage benutzen.

Somit mussten wir selbst die Länge vom Baum bis zum Segeltop im Mast und vom Mast bis zum Schothorn (dem unteren hinteren Seil des Segels) messen. Das war ja noch recht einfach. Auch die Angaben zu den Segellatten und den Reffs (den Punkten, an denen man das Segel durch Einbinden von Leinen bei viel Wind verkleinern kann) waren relativ schnell gemacht. Doch dann ging es um die Neigung unseres Baums, weil diese die Form des Segels bestimmt. Tja, wie messen wir am korrektesten den Winkel zwischen unserem Mast und dem Baum. Hier kommt es auf Präzision an, denn ein paar Grad daneben, würden ein völlig falsches Ergebnis liefern. So maß Kai auf mehrere verschiedene Arten und kam glücklicherweise bei allen auf ein nur minimal abweichendes Ergebnis. Müsste also passen. Hoffentlich!

Auch Leinen waren bei Lee Sails günstiger als in USA oder Antigua, also bestellten wir gleich noch eine neue Dirk und eine Genua-Reffleine. Alles in allem 62m Leine, da lohnt sich ein Unterschied von US$1,- pro Meter auch.

Jetzt noch einen Broker finden, der uns das Segel durch den Zoll bringt, wenn es hier ankommt. Da wir nicht in Antigua wohnen, sondern eine Yacht in Transit sind, müssen wir hier weder Zoll noch Steuern zahlen, was die Sache dann auch um einiges günstiger macht. Aber man darf es nicht selbst beim Zoll abholen, sondern benötigt hierzu einen Broker.

Insgesamt hatte uns der ganze Prozess ca. 3 Monate gedauert. Die Anfertigung des Segels dauerte dann nochmal 6 Wochen und die Lieferung nach Antigua 10 Tage. Und so konnten wir unser neues Segel dann endlich Ende April in Händen halten.

Kai war total aufgeregt, weil er solche Angst hatte, er könnte sich bei irgendwas vertan haben und das Segel würde nicht passen. Am liebsten hätten wir es gleich hochgezogen, um zu sehen, ob alles passt. Da gab es nur ein Problem: da die ganzen Beschläge an unserem alten Segel eigentlich noch okay waren, hatten wir für das neue Segel zum Beispiel keine Lattenboxen bestellt, sondern wollten diese von unserem alten auf unser neues Segel umbauen.

Aber unser altes Segel funktioniert momentan ja noch. Es wäre schade, wenn wir jetzt einfach alle Beschläge abmontieren und das Segel in den Müll werfen würden. Viel lieber möchten wir es noch eine Weile benutzen. Aber wie wissen wir dann, ob das neue Segel passt, wenn wir es nicht anstatt des alten Segels hochziehen können?

Hm, sollen wir das alte Segel runter nehmen, uns irgendwo eine große Wiese suchen und die beiden Segel ausbreiten und übereinander legen? Puh, das wäre ein riesiger Aufwand, zumal die Segel ganz schön schwer sind, uns aus dem Stegreif auch kein geeigneter Ort einfiel und das neue Segel ja auch eine leicht andere Form haben müsste. 

So legten wir das Segel erst einmal aufs Vordeck und schauten, ob die richtige Anzahl Reffs und Taschen für die Segellatten eingenäht waren. Das sah schon mal gut aus, aber ob die Form des Segels auch passt, konnten wir so nicht sehen.

Wir schliefen erst einmal ein paar Nächte über diesem Problem und dann kamen wir auf die Idee, das neue Segel einfach an den drei Ecken am alten Segel zu befestigen und beide zusammen hoch zu ziehen. Dann müssten wir doch sehen, ob das alles passt. Gesagt, getan: neues Segel in den Segelsack gehievt, auseinander gefaltet, am alten Segel festgemacht und dann stieg die Spannung! Langsam zog Kai beide Segel zusammen hoch und wir überprüften jeweils die Stellen, an denen die Reffs eingebunden werden. Die passten alle haargenau. Super!

Dann überprüften wir die Segellatten. Die ersten zwei oberen Latten passten auch genau, nur die letzten drei Segellatten waren an etwas anderen Stellen. Aber das war uns ja vorher klar gewesen. Sah also auch gut aus. 

Also Segel ganz hoch, die Spannung wuchs noch weiter, et voilà das sah auch gut aus! Unser neues Segel war eventuell ein, zwei Zentimeter kürzer als unser altes, aber lieber zu kurz als zu lang, denn dann hätten wir es nicht am Mast einbinden können. Wahnsinn! Es war alles perfekt!

Ich kann euch gar nicht sagen, wie erleichtert wir waren. Alles richtig gemacht und wir haben für „nur“ €3.600,- ein schönes neues Segel 🙂   

2 Gedanken zu „Neues Großsegel

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