Oktober 2024 – Auf der Werft in Trinidad – Teil 2: Camp Omega

Nachdem wir, trotz aller Widrigkeiten, ganz gut mit unseren Arbeiten auf der Werft voran gekommen waren und wir uns recht schnell von unserer Grippe erholt hatten, gönnten wir uns sonntags einen freien Nachmittag und machten einen Spaziergang.

Unser (schon etwas älterer) Revierführer schrieb von einem schönen Weg, der ganz in der Nähe der Werft beginnt und durch ein ehemaliges amerikanisches Militärcamp und den Urwald ganz gemütlich auf die Spitze eines kleinen Hügels führt. Klang genau richtig für eine kurze Wanderung am Nachmittag. Am ehemaligen Zollgebäude vorbei, nahmen wir eine mit riesigem Bambus bewachsene Straße ins Inland.

Der Weg war schnell gefunden: ein uraltes Schild wies „Camp Omega“ aus und durch ein weit offen stehendes verrostetes Tor ging es die Straße hinauf. Im Gebüsch fanden wir ein paar Trampelpfade, die aber einfach nur auf eine Lichtung mit Steinen führten. Hm, schade, wir dachten, da wäre vielleicht ein kleiner Wanderweg im Wald, so dass wir nicht mehr auf der Straße laufen müssten. Also weiter auf der Straße den Berg hoch und von weitem sahen wir dann auch schon ein paar Häuser. Das muss wohl das ehemalige Camp Omega sein.

War es auch, aber leider war es nicht so verlassen, wie wir gedacht hatten. Urplötzlich kam ein Wachposten mit Maschinengewehr aus einem kleinen Häuschen und rief uns sehr aufgebracht zu, wir sollen sofort stehen bleiben. OK, was ist das denn nun?
Er kam mit der Maschinenpistole in den Händen auf uns zu und herrschte uns an, was wir hier wollten. Ich entgegnete ihm ganz gelassen, dass wir mit unserem Boot auf der Werft seien und einfach nur einen kleinen Spaziergang machen wollten. Er fragte, ob wir denn das Schild unten am Tor nicht gesehen hätten, auf dem stehe, dass der Zutritt verboten sei. Ich sagte ihm, dass wir das Schild durchaus gesehen hätten, unser Revierführer aber sage, dass es sich um ein altes verlassenes amerikanisches Camp handeln würde und der Zustand des Schilds (weil nur noch schwer lesbar) und des fest gerosteten Tors uns dies auch so suggerierte.

Der junge Mann war völlig überrumpelt. Das war wohl so noch nie vorgekommen und er wusste offensichtlich überhaupt nicht, was er mit uns anfangen sollte. Er erklärte uns, dass dies ein Trainingscamp der Trinidad Army sei und wies uns an, von der Straße runter zu gehen und uns auf den Grünstreifen zu stellen. Dann sollten wir uns ausweisen. Ich holte also unsere Ausweise raus und machte einen Schritt auf den Soldaten zu, um sie ihm zu geben. Dieser machte drei Schritte rückwärts, blaffte mich an, ich solle sofort wieder von der Straße runter und machte keinerlei Anstalten die Ausweise zu nehmen. Vermutlich wuchs ihm die Situation gerade total über den Kopf, denn wollte er unsere Ausweise ansehen, hätte er ja sein Maschinengewehr loslassen müssen. So langsam aber sicher wurde mir dann doch etwas mulmig, weil der junge Mann so offensichtlich mit der Situation überfordert war.

Glücklicherweise nahte in diesem Augenblick Hilfe. Ein anderer Soldat kam aus einem der Häuser, die beiden riefen sich etwas zu, es hieß, wir sollten uns nicht von der Stelle rühren und der andere Soldat verschwand wieder. Kurze Zeit später rollte ein Auto die Straße runter auf uns zu. Vorne zwei Soldaten und hinten auf dem Rücksitz ein weiterer Soldat mit schicker Uniform. Das war wohl der Befehlshaber. Zuerst wurden wir nochmal aus dem Auto heraus befragt, was wir hier wollten und ob wir das Schild nicht gesehen hätten. Ich erzählte nochmal die gleiche Story und unsere Ausweise wurden ausgiebig studiert. Danach stiegen alle aus und der Vorgesetzte behandelte uns sehr höflich, verstand auch dass es für uns nicht so offensichtlich war, dass ein verrostetes, sperrangelweit offen stehendes Tor ohne Wachposten und ein nicht mehr richtig erkennbares Schild auf ein bestehendes Militärcamp hinweisen sollen.

Zuerst hieß es, wir würden mit dem Auto wieder nach unten gebracht, doch kurz später waren die Herren dann wohl doch überzeugt, dass wir keine Terroristen, Spione oder ähnliches waren und baten uns sehr nett wieder auf direktem Weg aus dem Camp hinaus zu gehen.

Zuvor mussten wir noch alle Fotos löschen (auch die auf denen nur Pflanzen und Blumen waren), die wir innerhalb des Camps und am Eingang gemacht hatten. Das tat ich natürlich bereitwillig, denn wir wollten ja schließlich nicht im Militärgefängnis in Trinidad landen. Und dann machten wir uns gemütlich auf den Rückweg.

Das geplante Eis am Supermarkt hatten wir uns nach diesem kleinen Schrecken wirklich verdient. Aber nachdem wir uns etwas von dem Abenteuer erholt hatten, fanden wir, dass es doch eine spannende Abwechslung zu unserem grässlichen Werft-Alltag gewesen war 😉
Und die Fotos hatte ich natürlich nicht komplett vom Handy gelöscht, sondern nur aus dem Foto-Ordner. Hihi!