Oktober 2024 – Erholung von der Werft in Chacachacare – so der Plan

Früh morgens um 6 Uhr war es wunderbar windstill und somit standen wir gleich auf und fädelten unsere Genua (unser Vorsegel) ein. Denn wir wollten gleich heute zu einer kleinen Insel zwischen Trinidad und Venezuela segeln, um dort ein paar Tage die Seele baumeln zu lassen und uns von der Werft zu erholen.

Doch unser Plan einfach für ein paar Tage auszuspannen, wurde gleich zunichte gemacht, als wir unsere Sprayhood einziehen wollten. Diese hatten wir extra vor unserer Heimreise abgenommen und zusammen mit unseren Segeln im Innern des Bottes verstaut. Während unsere Segel dies wunderbar überstanden hatten, war unsere Sprayhood mit braunem Schimmel überzogen. Gut, dass wir von Deutschland bereits das Material für eine neue mitgebracht hatten. Weil die alte sehr vergilbt und nicht mehr richtig durchsichtig war, hatten wir uns vorgenommen, im Laufe der Saison eine neue zu nähen. Tja, dieses Projekt musste jetzt wohl mit Prio 1 angegangen werden, denn ohne Sprayhood segelt es sich nicht wirklich angenehm.

Aber für den dreistündigen Törn nach Chacachacare ging es auch mal ohne Sprayhood.
Es war wunderschönes Wetter, hier in der Bucht hatte es so gut wie keine Wellen und wir segelten ganz gemütlich dahin. So schön, wieder auf dem Wasser zu sein. Wir strahlten mit der Sonne um die Wette!

Doch allzu lange sollte unser Glück nicht währen. In Chacachacare wollten wir uns gleich mal zu einem kleinen Erkundungsgang an Land aufmachen. Hierzu musste erst unser Dingimotor von seinem Platz am Heck unserer Silence zurück aufs Dingi. Doch leider ließ sich der Gasgriff nicht mehr bewegen. Kai versuchte es mit Fett, mit gutem Zureden, mit Schimpfen. Nichts half! Dann hatte er die rettende Idee. Heißes Wasser über das Gelenk schütten und danach ein paar Mal ordentlich bewegt, dann nochmal gefettet und schon funktionierte er wieder. Puh, da waren wir froh!

Dann den Außenborder aufs Dingi gemacht, am Anlasser gezogen, nichts! Er wollte einfach nicht anspringen. Wir hatten ihn extra vor unserer Abreise noch mit Süßwasser gespült. Was war denn nun los? Kai nahm den Deckel ab, inspizierte alles und kam zu dem Schluss, dass er da nichts ausrichten kann. Es sah so aus, als ob irgendwas festgegangen war und es war fraglich, ob das überhaupt zu reparieren sei.

Ich kann euch gar nicht sagen, wie uns der Frust packte. Konnte diese Pechsträhne nicht endlich mal wieder aufhören?! Uns stand es Oberkante Unterlippe!

Aber hier war es einfach so schön, dass wir recht schnell beschlossen, uns jetzt nicht unterkriegen zu lassen. Schließlich hat unser Dingi ja auch Ruder und hier herrschte nicht sonderlich viel Wind. Also machten wir einen kleinen Ruderausflug an Land.

Auf der jetzt unbewohnten Insel Chacachacare war im letzten Jahrhundert einmal eine Leprakolonie angesiedelt und überall stehen noch Häuser und Ansiedlungen aus dieser Zeit. Hier in dieser Bucht war früher eine kleine Siedlung mit mehreren Häusern und einem Steg. Alles war ziemlich zerfallen, aber die Kulisse war dennoch herrlich. So viel schöner, als auf der Werft! Also einfach mal kurz alle Sorgen vergessen und genießen!

Oktober 2024 – Auf der Werft in Trinidad – Teil 3: Zurück ins Wasser

Unser Launch war für den 24. Oktober geplant. Wir waren super im Zeitplan und fuhren am Nachmittag des 23. nochmal in die Stadt zum Einkaufen und freuten uns darauf, am nächsten Tag endlich wieder statt Matsch Wasser unter den Rümpfen zu haben.

Im chinesischen Viertel der Hauptstadt Port-of-Spain gibt es fast alles, was das Herz begehrt. Vor allem aber jede Menge frisches Obst und Gemüse und das zu auch noch zu sehr erschwinglichen Preisen. Auch die Busfahrt ist alles andere als teuer. Ein Ticket für die ca. halbstündige Fahrt kostet noch nicht einmal €0,30 pro Person.

Somit war der Kühlschrank wieder voll, doch unsere Pechsträhne sollte nicht aufhören. Am Nachmittag gab der Trailer der Werft den Geist auf und uns wurde gesagt, dass erst ein Ersatzteil angefertigt werden müsse und es nicht so aussehe, als ob wir am nächsten Tag ins Wasser könnten. Na super, mindestens einen Tag länger in der Hitze und im Dreck und eine weitere Nacht von Moskitos geplagt verbringen. Und wir hatten uns so mit unseren Arbeiten beeilt!

Hm, wir könnten uns ja für einen Tag ein Auto mieten und etwas die Insel erkunden. Das wäre schön! Doch nach Rücksprache mit der Werft hieß es, wir sollten uns auf keinen Fall allzu weit von der Werft entfernen, denn sobald der Trailer repariert wäre, würde man uns sofort launchen.

Also ergaben wir uns in unser Schicksal und erledigten ein paar Arbeiten, die wir eigentlich im Wasser hätten machen wollen.

Und, wie wir schon geahnt hatten, tat sich am 24. natürlich nichts mehr und auch am Morgen des 25. stand der Trailer unbewegt an Ort und Stelle. Also weiter wurschteln und hoffen, dass wir nicht noch eine Nacht an Land verbringen müssen.

Und als wir schon gar nicht mehr damit rechneten, bekamen wir um 16 Uhr die Nachricht, der Trailer sei repariert und es könne sofort losgehen. Da hieß es für uns ganz schnell alles startklar machen und dann ging es ratzfatz: um 16:30 Uhr fuhr unsere Silence auf dem Trailer Richtung Hafenbecken und um kurz nach 17 Uhr waren wir wieder im Wasser und suchten uns im Sonnenuntergang einen Ankerplatz.

Oktober 2024 – Auf der Werft in Trinidad – Teil 2: Camp Omega

Nachdem wir, trotz aller Widrigkeiten, ganz gut mit unseren Arbeiten auf der Werft voran gekommen waren und wir uns recht schnell von unserer Grippe erholt hatten, gönnten wir uns sonntags einen freien Nachmittag und machten einen Spaziergang.

Unser (schon etwas älterer) Revierführer schrieb von einem schönen Weg, der ganz in der Nähe der Werft beginnt und durch ein ehemaliges amerikanisches Militärcamp und den Urwald ganz gemütlich auf die Spitze eines kleinen Hügels führt. Klang genau richtig für eine kurze Wanderung am Nachmittag. Am ehemaligen Zollgebäude vorbei, nahmen wir eine mit riesigem Bambus bewachsene Straße ins Inland.

Der Weg war schnell gefunden: ein uraltes Schild wies „Camp Omega“ aus und durch ein weit offen stehendes verrostetes Tor ging es die Straße hinauf. Im Gebüsch fanden wir ein paar Trampelpfade, die aber einfach nur auf eine Lichtung mit Steinen führten. Hm, schade, wir dachten, da wäre vielleicht ein kleiner Wanderweg im Wald, so dass wir nicht mehr auf der Straße laufen müssten. Also weiter auf der Straße den Berg hoch und von weitem sahen wir dann auch schon ein paar Häuser. Das muss wohl das ehemalige Camp Omega sein.

War es auch, aber leider war es nicht so verlassen, wie wir gedacht hatten. Urplötzlich kam ein Wachposten mit Maschinengewehr aus einem kleinen Häuschen und rief uns sehr aufgebracht zu, wir sollen sofort stehen bleiben. OK, was ist das denn nun?
Er kam mit der Maschinenpistole in den Händen auf uns zu und herrschte uns an, was wir hier wollten. Ich entgegnete ihm ganz gelassen, dass wir mit unserem Boot auf der Werft seien und einfach nur einen kleinen Spaziergang machen wollten. Er fragte, ob wir denn das Schild unten am Tor nicht gesehen hätten, auf dem stehe, dass der Zutritt verboten sei. Ich sagte ihm, dass wir das Schild durchaus gesehen hätten, unser Revierführer aber sage, dass es sich um ein altes verlassenes amerikanisches Camp handeln würde und der Zustand des Schilds (weil nur noch schwer lesbar) und des fest gerosteten Tors uns dies auch so suggerierte.

Der junge Mann war völlig überrumpelt. Das war wohl so noch nie vorgekommen und er wusste offensichtlich überhaupt nicht, was er mit uns anfangen sollte. Er erklärte uns, dass dies ein Trainingscamp der Trinidad Army sei und wies uns an, von der Straße runter zu gehen und uns auf den Grünstreifen zu stellen. Dann sollten wir uns ausweisen. Ich holte also unsere Ausweise raus und machte einen Schritt auf den Soldaten zu, um sie ihm zu geben. Dieser machte drei Schritte rückwärts, blaffte mich an, ich solle sofort wieder von der Straße runter und machte keinerlei Anstalten die Ausweise zu nehmen. Vermutlich wuchs ihm die Situation gerade total über den Kopf, denn wollte er unsere Ausweise ansehen, hätte er ja sein Maschinengewehr loslassen müssen. So langsam aber sicher wurde mir dann doch etwas mulmig, weil der junge Mann so offensichtlich mit der Situation überfordert war.

Glücklicherweise nahte in diesem Augenblick Hilfe. Ein anderer Soldat kam aus einem der Häuser, die beiden riefen sich etwas zu, es hieß, wir sollten uns nicht von der Stelle rühren und der andere Soldat verschwand wieder. Kurze Zeit später rollte ein Auto die Straße runter auf uns zu. Vorne zwei Soldaten und hinten auf dem Rücksitz ein weiterer Soldat mit schicker Uniform. Das war wohl der Befehlshaber. Zuerst wurden wir nochmal aus dem Auto heraus befragt, was wir hier wollten und ob wir das Schild nicht gesehen hätten. Ich erzählte nochmal die gleiche Story und unsere Ausweise wurden ausgiebig studiert. Danach stiegen alle aus und der Vorgesetzte behandelte uns sehr höflich, verstand auch dass es für uns nicht so offensichtlich war, dass ein verrostetes, sperrangelweit offen stehendes Tor ohne Wachposten und ein nicht mehr richtig erkennbares Schild auf ein bestehendes Militärcamp hinweisen sollen.

Zuerst hieß es, wir würden mit dem Auto wieder nach unten gebracht, doch kurz später waren die Herren dann wohl doch überzeugt, dass wir keine Terroristen, Spione oder ähnliches waren und baten uns sehr nett wieder auf direktem Weg aus dem Camp hinaus zu gehen.

Zuvor mussten wir noch alle Fotos löschen (auch die auf denen nur Pflanzen und Blumen waren), die wir innerhalb des Camps und am Eingang gemacht hatten. Das tat ich natürlich bereitwillig, denn wir wollten ja schließlich nicht im Militärgefängnis in Trinidad landen. Und dann machten wir uns gemütlich auf den Rückweg.

Das geplante Eis am Supermarkt hatten wir uns nach diesem kleinen Schrecken wirklich verdient. Aber nachdem wir uns etwas von dem Abenteuer erholt hatten, fanden wir, dass es doch eine spannende Abwechslung zu unserem grässlichen Werft-Alltag gewesen war 😉
Und die Fotos hatte ich natürlich nicht komplett vom Handy gelöscht, sondern nur aus dem Foto-Ordner. Hihi!