Oktober 2024 – Auf der Werft in Trinidad – Teil 3: Zurück ins Wasser

Unser Launch war für den 24. Oktober geplant. Wir waren super im Zeitplan und fuhren am Nachmittag des 23. nochmal in die Stadt zum Einkaufen und freuten uns darauf, am nächsten Tag endlich wieder statt Matsch Wasser unter den Rümpfen zu haben.

Im chinesischen Viertel der Hauptstadt Port-of-Spain gibt es fast alles, was das Herz begehrt. Vor allem aber jede Menge frisches Obst und Gemüse und das zu auch noch zu sehr erschwinglichen Preisen. Auch die Busfahrt ist alles andere als teuer. Ein Ticket für die ca. halbstündige Fahrt kostet noch nicht einmal €0,30 pro Person.

Somit war der Kühlschrank wieder voll, doch unsere Pechsträhne sollte nicht aufhören. Am Nachmittag gab der Trailer der Werft den Geist auf und uns wurde gesagt, dass erst ein Ersatzteil angefertigt werden müsse und es nicht so aussehe, als ob wir am nächsten Tag ins Wasser könnten. Na super, mindestens einen Tag länger in der Hitze und im Dreck und eine weitere Nacht von Moskitos geplagt verbringen. Und wir hatten uns so mit unseren Arbeiten beeilt!

Hm, wir könnten uns ja für einen Tag ein Auto mieten und etwas die Insel erkunden. Das wäre schön! Doch nach Rücksprache mit der Werft hieß es, wir sollten uns auf keinen Fall allzu weit von der Werft entfernen, denn sobald der Trailer repariert wäre, würde man uns sofort launchen.

Also ergaben wir uns in unser Schicksal und erledigten ein paar Arbeiten, die wir eigentlich im Wasser hätten machen wollen.

Und, wie wir schon geahnt hatten, tat sich am 24. natürlich nichts mehr und auch am Morgen des 25. stand der Trailer unbewegt an Ort und Stelle. Also weiter wurschteln und hoffen, dass wir nicht noch eine Nacht an Land verbringen müssen.

Und als wir schon gar nicht mehr damit rechneten, bekamen wir um 16 Uhr die Nachricht, der Trailer sei repariert und es könne sofort losgehen. Da hieß es für uns ganz schnell alles startklar machen und dann ging es ratzfatz: um 16:30 Uhr fuhr unsere Silence auf dem Trailer Richtung Hafenbecken und um kurz nach 17 Uhr waren wir wieder im Wasser und suchten uns im Sonnenuntergang einen Ankerplatz.

Oktober 2024 – Auf der Werft in Trinidad – Teil 2: Camp Omega

Nachdem wir, trotz aller Widrigkeiten, ganz gut mit unseren Arbeiten auf der Werft voran gekommen waren und wir uns recht schnell von unserer Grippe erholt hatten, gönnten wir uns sonntags einen freien Nachmittag und machten einen Spaziergang.

Unser (schon etwas älterer) Revierführer schrieb von einem schönen Weg, der ganz in der Nähe der Werft beginnt und durch ein ehemaliges amerikanisches Militärcamp und den Urwald ganz gemütlich auf die Spitze eines kleinen Hügels führt. Klang genau richtig für eine kurze Wanderung am Nachmittag. Am ehemaligen Zollgebäude vorbei, nahmen wir eine mit riesigem Bambus bewachsene Straße ins Inland.

Der Weg war schnell gefunden: ein uraltes Schild wies „Camp Omega“ aus und durch ein weit offen stehendes verrostetes Tor ging es die Straße hinauf. Im Gebüsch fanden wir ein paar Trampelpfade, die aber einfach nur auf eine Lichtung mit Steinen führten. Hm, schade, wir dachten, da wäre vielleicht ein kleiner Wanderweg im Wald, so dass wir nicht mehr auf der Straße laufen müssten. Also weiter auf der Straße den Berg hoch und von weitem sahen wir dann auch schon ein paar Häuser. Das muss wohl das ehemalige Camp Omega sein.

War es auch, aber leider war es nicht so verlassen, wie wir gedacht hatten. Urplötzlich kam ein Wachposten mit Maschinengewehr aus einem kleinen Häuschen und rief uns sehr aufgebracht zu, wir sollen sofort stehen bleiben. OK, was ist das denn nun?
Er kam mit der Maschinenpistole in den Händen auf uns zu und herrschte uns an, was wir hier wollten. Ich entgegnete ihm ganz gelassen, dass wir mit unserem Boot auf der Werft seien und einfach nur einen kleinen Spaziergang machen wollten. Er fragte, ob wir denn das Schild unten am Tor nicht gesehen hätten, auf dem stehe, dass der Zutritt verboten sei. Ich sagte ihm, dass wir das Schild durchaus gesehen hätten, unser Revierführer aber sage, dass es sich um ein altes verlassenes amerikanisches Camp handeln würde und der Zustand des Schilds (weil nur noch schwer lesbar) und des fest gerosteten Tors uns dies auch so suggerierte.

Der junge Mann war völlig überrumpelt. Das war wohl so noch nie vorgekommen und er wusste offensichtlich überhaupt nicht, was er mit uns anfangen sollte. Er erklärte uns, dass dies ein Trainingscamp der Trinidad Army sei und wies uns an, von der Straße runter zu gehen und uns auf den Grünstreifen zu stellen. Dann sollten wir uns ausweisen. Ich holte also unsere Ausweise raus und machte einen Schritt auf den Soldaten zu, um sie ihm zu geben. Dieser machte drei Schritte rückwärts, blaffte mich an, ich solle sofort wieder von der Straße runter und machte keinerlei Anstalten die Ausweise zu nehmen. Vermutlich wuchs ihm die Situation gerade total über den Kopf, denn wollte er unsere Ausweise ansehen, hätte er ja sein Maschinengewehr loslassen müssen. So langsam aber sicher wurde mir dann doch etwas mulmig, weil der junge Mann so offensichtlich mit der Situation überfordert war.

Glücklicherweise nahte in diesem Augenblick Hilfe. Ein anderer Soldat kam aus einem der Häuser, die beiden riefen sich etwas zu, es hieß, wir sollten uns nicht von der Stelle rühren und der andere Soldat verschwand wieder. Kurze Zeit später rollte ein Auto die Straße runter auf uns zu. Vorne zwei Soldaten und hinten auf dem Rücksitz ein weiterer Soldat mit schicker Uniform. Das war wohl der Befehlshaber. Zuerst wurden wir nochmal aus dem Auto heraus befragt, was wir hier wollten und ob wir das Schild nicht gesehen hätten. Ich erzählte nochmal die gleiche Story und unsere Ausweise wurden ausgiebig studiert. Danach stiegen alle aus und der Vorgesetzte behandelte uns sehr höflich, verstand auch dass es für uns nicht so offensichtlich war, dass ein verrostetes, sperrangelweit offen stehendes Tor ohne Wachposten und ein nicht mehr richtig erkennbares Schild auf ein bestehendes Militärcamp hinweisen sollen.

Zuerst hieß es, wir würden mit dem Auto wieder nach unten gebracht, doch kurz später waren die Herren dann wohl doch überzeugt, dass wir keine Terroristen, Spione oder ähnliches waren und baten uns sehr nett wieder auf direktem Weg aus dem Camp hinaus zu gehen.

Zuvor mussten wir noch alle Fotos löschen (auch die auf denen nur Pflanzen und Blumen waren), die wir innerhalb des Camps und am Eingang gemacht hatten. Das tat ich natürlich bereitwillig, denn wir wollten ja schließlich nicht im Militärgefängnis in Trinidad landen. Und dann machten wir uns gemütlich auf den Rückweg.

Das geplante Eis am Supermarkt hatten wir uns nach diesem kleinen Schrecken wirklich verdient. Aber nachdem wir uns etwas von dem Abenteuer erholt hatten, fanden wir, dass es doch eine spannende Abwechslung zu unserem grässlichen Werft-Alltag gewesen war 😉
Und die Fotos hatte ich natürlich nicht komplett vom Handy gelöscht, sondern nur aus dem Foto-Ordner. Hihi!

 

Oktober 2024 – Auf der Werft in Trinidad – Teil 1

Nach unserem Deutschland-Aufenthalt kamen wir im Oktober zurück auf die Werft in Trinidad, wo noch einige Bootsarbeiten auf uns warteten.

Leider gesellten sich zur Liste der geplanten Reparaturen und Wartungsarbeiten, dann aber dummerweise auch noch ein paar andere Dinge.

Nachdem wir Freitag morgens um 8:15 Uhr in den Bus zum Flughafen in London gestiegen waren, kamen wir am späten Nachmittag am Flughafen in Trinidad an. Dort kippte mir unglücklicherweise unsere Laptoptasche vom Trolley und wie sich später herausstellen sollte, ging dabei das Display unseres Laptops kaputt. Das fing ja toll an!

Da wir noch beim Zoll vorbei mussten, um die mitgebrachten Bootsteile offiziell ins Land zu importieren, kamen wir umgerechnet erst um Mitternacht an unserem Boot an. Dort erwartete uns eine völlig verdreckte Silence und wir mussten gleich mal feststellen, dass unser Kühlschrank nicht mehr funktionierte. Bei mehr als 35°C Innentemperatur auch nicht so wirklich schön!

Glücklicherweise fanden wir noch am Wochenende einen Kühlschrank-Experten, der gleich am Montag morgen vorbei kommen würde, so dass wir hoffentlich nur das Wochenende ohne Kühlschrank auskommen müssten.

Der Experte kam tatsächlich am Montag, reinigte unseren Kompressor und füllte das Kühlmittel auf. Tja, das half noch nicht wirklich. Also schaute er nochmal genauer und fand ein Loch in der Kühlleitung. Dieses lötete er zu und welch Glück, der Kühlschrank wurde wieder kalt! Der Spaß kostete uns zwar US$350 (für netto 2 Stunden Arbeit und etwas Kühlmittel!), aber besser als wenn wir einen neuen Kompressor hätten bestellen müssen.

Danach räumte ich erst einmal unser Lebensmittel-Schapp wieder ein und nachmittags gingen wir beim Canvas-Shop vorbei, um zu fragen, wann unser neues Bimini fertig ist. Bereits vor unserer Abreise war alles vermessen worden und ich hatte zwei Wochen vor unserer Rückreise nochmals eine Erinnerungs-e-mail geschickt. Tja, typisch Karibik: wir blickten mit unserer Frage in komplett erstaunte Gesichter. Hm, Silence, nein, da war noch nichts angefangen. Tja, da war auch gar nichts eingeplant. Ups, da war wohl was schief gelaufen, aber man könne so ca. in zwei Wochen mit der Arbeit anfangen. Na super, in zwei Wochen wollten wir schon wieder im Wasser sein und beim nächsten Wetterfenster zurück nach Norden segeln. Das war uns zu heikel, also stornierten wir mit großer Enttäuschung unseren Auftrag und wurschtelten mit ziemlich mieser Laune an unserer Silence weiter.

Und ihr wisst ja, wenn es Dicke kommt, dann immer so richtig Dicke: am Nachmittag bekam Kai Husten, Schnupfen, Fieber und Schüttelfrost und legte sich ins Bett. Es war der 14. Oktober, unser Launch ins Wasser stand am frühen Morgen des 24. Oktober an, wir hatten also nur noch 9 Tage für die ganzen anstehenden Arbeiten. Die Werft war komplett ausgebucht, da hätten wir keine Chance den Termin zu verschieben.

So warf Kai am nächsten Tag eine Ibuprofen ein und machte ein paar nicht ganz so anstrengende Arbeiten am Boot: Schirmchen kleben. Ich putzte während dessen die Unterseite unserer Silence mit Phosphorsäure. Das war mal dringend nötig!

Und natürlich ging es am gleichen Abend bei mir los mit Husten und Fieber. Ich bekam die ganze Nacht kein Auge zu, dachte dass ich ersticke, so sehr musste ich husten. So etwas hatte ich noch nie erlebt. Aber es half ja nichts, die Arbeiten mussten weiter gehen. Denn für den nächsten Tag war relativ gutes Wetter angesagt (normalerweise regnet es in Trinidad jeden Nachmittag) und wir mussten dringend ein paar Lagen Copper Coat auf unsere Saildrives streichen und einige Stellen ausbessern. Also warf auch ich eine Ibuprofen ein und half Kai mit halb einknickenden Beinen und Hustenanfällen beim Streichen. Nach jeder Lage legte ich mich eine Runde hin, solange das Copper Coat am Trocknen war, und dann ging’s weiter.

Das Arbeiten auf der Werft im Dreck und Staub, bei Regen und Hitze ist unter normalen Umständen schon kein Zuckerschlecken, aber unter solchen Bedingungen kamen wir echt an unsere Grenzen. Kaputtes Laptop, kaputter Kühlschrank, kein neues Bimini und dann auch noch beide krank. Kai redete nur noch davon, dass er am liebsten gleich in den nächsten Flieger steigen und zurück nach Deutschland fliegen würde. Aber es half ja alles nichts, da mussten wir durch! Und auf Regen folgt ja normalerweise wieder Sonnenschein. Doch der wollte sich bei uns dieses Mal leider nicht so schnell wieder einstellen.