Besser als erwartet

Als wir Anfang letzter Woche von Guadeloupe zurück nach Antigua segelten, hatten wir mit einem eher langen und ätzenden Törn gerechnet.

Zuerst mussten wir die Rückreise nochmal einen Tag verschieben, weil für Dienstag nur sehr wenig Wind angekündigt war. Und dann sah der Wetterbericht für Mittwoch plötzlich nicht so viel besser aus. Es sollte lediglich ca. 12 Knoten Wind haben und einige Regenschauer. Hm, sollten wir nochmal einen Tag verschieben oder Augen zu und durch? 

Wir entschieden uns für letzteres. Morgens um 6:30 Uhr waren wir startklar, doch das Wetter sah nicht so richtig gut aus. Im Kanal zwischen Guadeloupe und Antigua waren gerade recht viele Schauer unterwegs, aber so ca. in einer halben Stunde sollte es besser werden. So warteten wir noch etwas und gingen erst kurz nach 7 Uhr Anker auf.

Zuerst hatten wir nicht wirklich viel Wind, dann ging es mal eine halbe Stunde gut voran und dann schlief der Wind wieder ein. Oweia, sollten wir umdrehen, denn mit dieser Geschwindigkeit würden wir erst irgendwann bei Nacht ankommen. Na ja, wir warten mal noch etwas, vielleicht kommt der Wind zurück und tatsächlich kam er eine halbe Stunde später wieder. Und auch noch wesentlich mehr als angekündigt, so dass wir richtig zügig voran kamen. Super! Die Regenschauer hatten sich auch alle verzogen, wir hatten strahlend blauen Himmel und wunderbare Sicht. Montserrat sah aus, als ob es nur einen Katzensprung entfernt wäre und Antigua sahen wir bereits kurz nach unserer Abfahrt aus Guadeloupe.

Und der Tag wurde noch besser. Plötzlich sah ich immer mal wieder in weiter Ferne einen Wasserstrahl aus dem Wasser schießen. Das mussten Wale sein. Leider konnten wir auch mit dem Fernglas nicht wirklich viel erkennen und so warteten wir, bis wir näher waren. Aber damit war leider nichts, die Wale zogen parallel in der Gegenrichtung an uns vorbei und waren irgendwann verschwunden. Doch nicht einmal eine Stunde später sah ich wieder etwas im Wasser. War das die Fluke eines Wals? Ja tatsächlich, da vorne tauchte immer mal wieder die Schwanzflosse eines Buckelwals auf, winkte einmal kräftig und versank wieder im Wasser. Das ging bestimmt 10 Minuten so, bis er dann leider auch wieder verschwunden war. Schade, dass wir nicht näher gekommen waren.

Aber da kam auch schon der nächste Programmpunkt: Delphine! Zuerst sahen wir ein, zwei große graue Flossen schräg vor uns im Wasser, dann waren es bestimmt 10 und plötzlich waren wir von einer riesigen Schule von Delphinen umzingelt. Sie sprangen wie wild in unserer Bugwelle, sausten unter unseren Rümpfen durch und hatten Spaß. Und wir ebenso. Ich setzte mich ganz vorne auf den Bug, ließ die Beine baumeln und genoss das Schauspiel!

Das ist für uns jedes Mal wieder solch eine große Freude. Mir wäre es am liebsten, die Delphine würden uns auf unserem ganzen Törn begleiten!

So kam uns dieses Mal der Törn nach Antigua viel kürzer vor. Und da es so wenig Wellen hatte, konnte ich sogar noch etwas basteln. Wenn Segeln nur jedes Mal so schön wäre! 

Petit-Canal

Für einen unserer Tage in Port Louis hatten sich Véro und Patrice einen schönen Ausflug überlegt. In 4 Seemeilen Entfernung liegt die kleine Ortschaft Petit-Canal, die mit ihren alten Gebäuden und Monumenten eine Geschichte der Sklaverei auf Guadeloupe erzählt.

Da unsere Freunde heute ihre beiden Hunde mitnahmen, fuhren wir mit zwei Dingis. Die Hinfahrt wurde leider etwas feucht, weil es mit fast 20 Knoten aus der Bucht heraus blies und wir ordentlich durchgebeutelt wurden. Aber es ist ja warm und die T-Shirts trocknen schnell wieder 😉

Schon von weitem begrüßte uns die Ortschaft mit einer malerischen Kirche hinter einem kleinen Fischereihafen. Das sah doch vielversprechend aus.

Wir machten unsere Dingis fest und gingen auf die Suche nach dem Stadtführer, denn heute wollten wir gerne etwas mehr über die Geschichte Guadeloupes lernen. Und so buchten wir die Stadtführerin Nina für einen einstündigen Erkundungsgang.

Petit-Canal hat, wie ganz viele der umliegenden Ortschaften, eine bewegte Geschichte hinter sich. Sie wurde gegen Ende des 17. Jahrhunderts gegründet und hieß vormals Mancenillier. Der Name kommt von den Manchinelbäumen, die hier in der Karibik häufig an den Stränden wachsen und sehr giftig sind. Die Ureinwohner der karibischen Inseln, die Arawak, haben den Milchsaft als Pfeilgift benutzt und versuchten damit Eindringlinge abzuwehren. Deshalb pflanzten sie hier überall an der Küste diese giftigen Bäume.

Im 17. Jahrhundert entstanden überall auf Guadeloupe große Zuckerrohrplantagen. Die Sklaven wurden mit Schiffen aus Afrika gebracht und teilweise hier auf dem Sklavenmarkt in Petit Canal an die Plantagenbesitzer verkauft. In Petit Canal gab es seinerzeit 43 Plantagen und eine große Zuckerrohrfabrik namens Duval. In dieser Fabrik wurde das Zuckerrohr ausgepresst, der Rohzucker in Formen gepresst (genannt pain à sucre) und von den Schiffen, die die Sklaven gebracht hatten mit nach Europa genommen. Dort wurde der Rohrzucker teuer verkauft und die Schiffe segelten wieder nach Afrika, um dort neue Sklaven aufzunehmen.

Der ehemalige Sklavenmarkt ist direkt am Eingang des Ortes, zu Füßen der Kirche St. Philippe und St. Jaques. Leider waren sowohl die Kirche wie auch das Pfarrhaus Anfang des 20. Jahrhunderts abgebrannt und wurden 1931 neu erbaut. Der Erbauer war ein Tunesier, der sowohl der Kirche wie auch dem Rathaus ein kleines, etwas abendländisch anmutendes Türmchen aufsetzte. 

Die Kirche erreicht man über 52 große Steinstufen, die von Sklaven erbaut wurde. Jeder Plantagenbesitzer spendierte eine Stufe und stellte ein paar Sklaven zur Verfügung, die restlichen Stufen bezahlte die Vereinigung der Zuckerrohranbauer.

Vor der Kirche steht eine in Beton gegossene Glocke. Nachdem die Sklaverei im Jahr 1848 abgeschafft wurde, trugen die Sklaven hier ihre Fesseln zusammen, warfen alle in eine große Grube, entfernten die Glocke von der Kirche und zementierten alles ein. Die Glocke entfernten sie deshalb, weil sie ihnen so verhasst war, da sie ihren ganzen Tagesablauf regelte: das Aufstehen, die Mittagspause, das Schlafengehen, … 

Hinter der Kirche ging es vorbei an der ehemaligen Zisterne, zu einem der vormaligen Sklavenquartiere. Nach ihrer Befreiung standen die Sklaven ohne jegliches Eigentum da und nahmen die Holzhütten teilweise mit, um sich woanders niederzulassen.

Wir machten noch einen kurzen Abstecher zum Rathaus und danach ging es zum ehemaligen Sklavengefängnis. Ursprünglich hatten die Plantagenbesitzer die Sklaven bei Vergehen auf ihren Grundstücken gezüchtigt und eingesperrt, doch dies wurde irgendwann verboten und ein Gefängnis in der Stadt errichtet. Leider brachten nicht wirklich viele Plantagenbesitzer ihre Sklaven dorthin, denn sie mussten für die Unterbringung und Verpflegung bezahlen und so hatte das Gefängnis lediglich vier Zellen.

Leider ist es fast gänzlich zerfallen und die Natur hat es sich zurückgeholt. Mitten im ehemaligen Gefängnis wächst ein riesiger Feigenbaum, so dass man die Gemäuer von weitem kaum noch erkennen kann.

Unser Rundgang endete am Ende des Kanals, wo ein Denkmal an die Abschaffung der Sklaverei erinnert.

Danach streiften wir noch etwas durch die Stadt, die wie auch Port Louis von einigen sehr schönen Murals geprägt ist.

Alles in allem ein wundervoller Tag mit interessanten Details zur Geschichte dieses kleinen verschlafenen Orts.

Vom Pointe Antigue bis zur Anse Colas

Der Weg am Strand entlang hatte uns so gut gefallen, dass wir ihn gerne noch etwas weiter erkunden wollten. Und so machten wir uns am nächsten Tag mit unseren Freunden auf zu einer kleinen Wanderung entlang des Trace du Grand Cul-de-Sac Marin.

Wir landeten mit unserem Dingi am Pointe Antigue an, trugen es dort gemeinsam über die Steine auf den Strand und banden es an einem Baum fest. Hier war es sicher und konnte nicht abhauen.

Der Weg führte die meiste Zeit unter kleinen Bäumen im Schatten entlang, nur kurze Passagen gingen direkt am Strand entlang. Da es an diesem Tag recht bewölkt war, hatte es eine sehr angenehme Temperatur. Véro und Patrice hatten ihren 5 Monate alten Schäferhund Téo dabei, der einen riesigen Spaß hatte. Aber auch wir fanden die Wanderung total schön. 

Unterwegs begegneten uns noch zwei Parkranger, die uns erzählten, dass es gerade überall Schildkrötennester gäbe und wir vorsichtig sein sollten, dass Téo keine Eier ausgräbt. Sie hatten gerade an diesem Morgen Karettschildkröten (Hawksbill turtles) beim Schlüpfen zugeschaut und zeigten uns das Video, das sie aufgenommen hatten. Ach wie schade, dass wir nicht dabei waren. Es war sehr interessant, was sie so alles über die Schildkröten erzählten. Die Karettschildkröte lebt normalerweise in Riffen und ernährt sich dort hauptsächlich von Schwämmen, während die hier eher verbreiteten grünen Meeresschildkröten sich von Seegras ernähren. Sehr schockierend fand ich, dass von ca. 1.000 kleinen Baby-Schildkröten nur eine überlebt. Kein Wunder, dass die Karettschildkröte vom Aussterben bedroht ist. Die größte Gefahr für die Schildkröten in Guadeloupe sind die Mangusten, kleine den Mungos oder Erdmännchen ähnliche Tiere, die die Eier fressen. Und so waren die Parkranger gerade unterwegs, um Fallen für die Mangusten aufzustellen. 

An einer kleinen wunderschönen Bucht namens Anse Colas packten wir unser Picknick aus, setzten uns auf einen Baumstamm und verzehrten unsere mitgebrachten Leckereien. Der kleine Téo konnte sich etwas ausruhen, denn er war ganz schön k.o. von dem langen Spaziergang. Und frisch gestärkt machten wir uns dann wieder auf den Rückweg!