Langeweile – was ist das?

Vor ein paar Tage waren wir in Budelli und lagen dort erstmals vor Boje. Auch hier brachte uns Michel mal wieder etwas Neues bei. Wir hatten die Boje bisher immer vom Bug des Schiffes mit dem Bootshaken geangelt, aber Michel sagte uns, dass es doch vom Heck des Bootes viel einfacher geht. Also fuhren wir quasi ein „Mann-über-Bord-Manöver“. Als die Boje das Heck unseres Bootes erreicht hatte, stoppte Michel auf, Kai fädelte in aller Ruhe die Leine durch die Boje und Michel legte kurz den Rückwärtsgang ein, während Kai mit der Leine zum Bug des Bootes lief. Dort machten wir die Leine fest und das war‘s! Diese Vorgehensweise ersparte Kai, dass er sich mit dem ganzen Körper über den Bug hinaus beugt, wie wild mit dem Bootshaken herumfischt und dabei ständig aufpassen muss, dass er nicht über Bord fällt. Das werden wir in Zukunft immer so machen!

Einige Zeit später kamen ein paar Parkranger (Budelli gehört zum Nationalpark Maddelena) und kassierten den Tagespreis für den Aufenthalt innerhalb des Nationalparks bei uns ab. Ganz glücklich saßen wir danach im Cockpit und das Boot schaukelte geruhsam vor sich hin, als immer mehr Boote in die Bucht kamen. Darunter waren auch unzählige Ausflugsboote, die Touristen für ein paar Stunden am Strand von Budelli abliefern, wo sie sich mit hunderten von anderen Touristen den kleinen Strand teilen können. Als es immer voller wurde, kam plötzlich ein ziemlich großes Ausflugsboot direkt auf uns zu und verlangte von uns, dass wir die Boje freigeben müssten, weil dies ihre sei. Wir glaubten zuerst, wir hätten nicht richtig verstanden, aber die Besatzung des Bootes  bestand darauf, dass wir uns eine andere Boje suchen müssten. Wir riefen zurück, dass wir erst kurz zuvor von den Rangern abkassiert worden waren und diese uns bestätigt hatten, dass wir hier auch über Nacht liegen können. Das Boot beharrte weiterhin darauf, dass wir sofort verschwinden müssten, ansonsten sähen sie sich gezwungen die Küstenwache zu rufen. Aber da hatten sie sich mit den Falschen angelegt. Bei Erwähnung der Küstenwache platzte uns fast der Kragen und wir riefen hinüber, dass sie dies gerne tun könnten. Dieses Mal waren wir uns alle einig: wir hatten nichts Verbotenes getan! Da müsste uns die Küstenwache schon allesamt verhaften, bevor wir diese Boje wieder hergeben würden. Als der Touristendampfer feststellte, dass er bei uns auf Granit biss, fuhr er einfach zu einem anderen Boot und wir verfolgten gespannt, wie dieses von der Boje ablegte, damit das Ausflugsboot dort festmachen konnte. Natürlich war uns trotz allem etwas mulmig zumute und wir wollten unsere Bekanntschaft mit der Küstenwache nicht unbedingt vertiefen. Doch glücklicherweise blieben wir völlig unbehelligt und hatten, nachdem abends die ganzen Ausflugsboote wieder verschwunden waren, einen wunderschönen Bojenplatz. Aber die Frechheit der Ausflugsdampfer ist schon unglaublich.

BudelliAm nächsten Tag verließen wir Sardinien und es ging weiter nach Lavezzi (eine kleine Insel vor Korsika). Dort ankerten wir in einer wunderschönen Bucht und machten einen ausgedehnten Spaziergang über die Insel. Im Jahr 1855 war dort ein Schiff mit 773 französischen Soldaten in einen Sturm geraten und direkt vor der Insel mit Mann und Maus gesunken. Niemand überlebte den Untergang und von den angeschwemmten Leichen konnte lediglich eine einzige identifiziert werden. Deshalb stehen auf den beiden Friedhöfen nur namenlose Gräber und ein Denkmal erinnert an dieses schreckliche Ereignis.

Lavezzi Friedhof1 Lavezzi Denkmal

Aber auch landschaftlich ist die Insel toll. Neben schönen Buchten gibt es ein paar bizarre Felsformationen und jede Menge blühende Pflanzen und grüne Wiesen. Und am Abend lagen wir wieder mit wenigen anderen Seglern bei einer angenehmen Brise in der türkisfarbenen Bucht.

Lavezzi ElefantLavezzi BuchtLavezzi Gruppenfoto Lavezzi Bucht Kai Lavezzi Ankerplatz Lavezzi Abend

 

Und wir haben doch ein Segelboot…

Nach den letzten beiden recht negativen Blogs, wollen wir heute lieber mal über ein paar positive Dinge berichten:

Vor einigen Tagen haben wir z.B. zum ersten Mal unseren Spinaker gesetzt. Für alle Nichtsegler: der Spi ist ein Leichtwindsegel für Wind aus achterlichen Richtungen. Endlich hatten wir Wind von hinten und nicht wie die ganzen Tage vorher direkt auf die Nase. Bis zu diesem Tag hatten wir tatsächlich langsam daran gedacht unser Boot umzubenennen, weil wir ständig mit Motorenlärm unterwegs waren (von Silence konnte da keine Rede sein). Aber an diesem Tag war alles anders und wir konnten unser schönstes Segel setzen.

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Für uns war es das allererste Mal, dass wir mit Spi gesegelt sind, und wir haben es riesig genossen. Der Wind kam mit ca. 11 Knoten von hinten, unser Spi stand wie eine eins und wir segelten mit flotten 4,4 Knoten übers Wasser. Ja, so macht das Segeln Spaß! Und wenn man dabei bei tollem Sonnenschein noch einen Blick auf wunderschöne Küsten und Strände hat, dann ist die Welt in Ordnung.

Abends lagen wir in Porto Cervo, dem Saint-Tropez von Sardinien. Dort treffen sich die Reichen mit Ihren riesigen Motoryachten und auch wir hatten Gelegenheit einige davon zu bestaunen. Unglaublich, dass Privatpersonen Yachten in der Größe von Kreuzfahrtschiffen haben. Wir lagen vor dem Hafen in einer kleinen Bucht vor Anker und hatten einen wunderbaren Blick auf die die schönen Häuser an der Küste und die ganzen großen Yachten. Und obwohl in unserem Revierführer steht, dass man im Sommer in dieser Bucht nur schwerlich einen Platz bekommt, waren wir am Abend ganz alleine.

Porto Cervo4Porto Cervo3

 Porto Cervo2Porto Cervo1

Nun sind wir gerade im Maddelena-Archipel unterwegs. Die Inseln sind traumhaft, nur leider am Tag oftmals etwas überfüllt. Am Wochenende waren wir in einer Bucht auf Caprera und tummelten uns dort tagsüber mit mehr als 20 anderen Booten. Da war es gar nicht einfach ein Plätzchen zum Ankern zu finden. Schließlich beschlossen wir, dass wir uns sicherheitshalber nicht nur mit unserem Anker, sondern auch noch mit zwei Leinen hinten an Felsen festmachen. Dies hatten wir mit unserem Kat bisher noch nie getan und somit waren wir leider auch nicht so richtig gut vorbereitet. Während Kai die Motoren steuerte, drückte man mir eine Leine in die Hand und sagte, ich solle zu den Felsen schwimmen und diese dort festmachen. Also sprang ich mit meinem Bikini ins Wasser, schwamm schnell mit der Leine zu den Felsen und stellte dort fest, dass überall auf den Felsen kleine süße schwarze Seeigel saßen. Nach Zögern meinerseits, wurden vom Boot Befehle gerufen: „Schnell, schnell, mach uns an einem Stein fest. Beeile Dich!“ Aber wie soll ich um einen Stein festmachen, wenn dort lauter Seeigel sind? Also tauchte ich nochmal kurz mit dem Kopf unter Wasser, fand einen Platz auf dem Stein für meine Füße, stellte mich hin und fing an die Leine um den Stein zu wickeln. Doch leider waren auch oben am Stein Seeigel, so dass ich mit meiner Hand einen davon streifte, erschrak und erst einmal mit meiner Arbeit inne hielt. Wieder wurde gerufen: „Schnell, beeile Dich doch!“ Tja und da stand ich nun mit meiner Leine und mir fiel vor lauter Hektik überhaupt kein Knoten mehr ein. Wie war das doch jetzt gleich mit dem Palstek? Egal, einfach das machen, was mir einfällt, fürs erste wird es schon reichen und später kann man ja immer noch einen anderen Knoten machen. Also machte ich schnell zwei halbe Schläge, stürzte mich wieder ins Wasser, schwamm zurück zum Boot und holte mir die zweite Leine. Glücklicherweise war bei dieser nicht mehr ganz so viel Eile geboten und ich konnte mir in aller Ruhe eine gute Stelle aussuchen und einen schönen Palstek anbringen.

Zurück am Boot war ich fix und fertig, aber auch heilfroh, dass ich uns immerhin halbwegs sicher an den Felsen festgemacht hatte. Zwar hatte ich mir dabei ein paar Blessuren geholt (eine Riesenschramme an der Wade blutete heftig, ich war mit der Fußsohle in irgendetwas getreten und an der Hand hatte ich mich auch noch leicht aufgerissen), aber mit etwas gründlicherer Vorbereitung wird das in Zukunft hoffentlich alles besser. Nächstes Mal werde ich auf jeden Fall Handschuhe, Badeschuhe, Taucherbrille und Schnorchel tragen. Oder noch besser, ich lasse einfach Kai ins Wasser springen und ich mache das mit den Motoren 😉

Kai musste dann sowieso nochmal nachbessern, weil ich vor lauter Angst vor den Seeigeln leider etwas niedrige Felsen genommen hatte. Hier im Mittelmeer gibt es zwar keinen großen Tidenhub (ca. 50cm), aber als die Flut kam, standen diese doch recht schnell unter Wasser. Also schwamm Kai mit guter Ausrüstung von Michel nochmals hin und machte uns schön an großen Felsen weiter an Land fest.

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Aber immerhin hatte sich der ganze Aufwand gelohnt. Mittags kam der Eismann direkt zu uns ans Boot und wir aßen jeder ein Magnum für günstige €5,- pro Stück. Am Abend gingen fast alle anderen Boote Anker auf und verschwanden in der Abendsonne, so dass wir fast alleine waren.

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Sardinien und die Küstenwache – Staffel 1, Episode 2

Wir hatten gedacht unsere Episode mit der Küstenwache wäre nun vorüber und wir könnten wieder unseren schönen „Alltag“ aufnehmen, aber da hatten wir uns leider geirrt.

Da wir die Strafe nicht direkt bei der Küstenwache bezahlen konnten, mussten wir am nächsten Tag mit unseren ganzen Formularen zur Post gehen, um dort die beiden Strafen auf zwei verschiedenen Konten einzuzahlen. Bei der Post angekommen, erwartete uns eine Riesenschlange an Menschen. Nahezu alle älteren Herrschaften von Arbatax hatten sich hier versammelt. Wir sahen uns fragend an. Gab es hier heute irgendwas umsonst? Aber dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen (schließlich hatte ich ja mal bei einer Bank gearbeitet): es war der 1. Juli und alle Rentner holten sich ihre Pensionen ab.

Wir zählten durch: 20 Leute vor uns und genau ein Schalter geöffnet. Wir stoppten die Zeit, die der Postbeamte zur Bearbeitung eines Klienten benötigte und kamen beim ersten auf 15 Minuten. Der Horror stand uns in den Augen! Also gut, vielleicht war das ein außergewöhnlich schwieriger Fall, wir stoppten nochmal. Der zweite kam zwar nur auf 8 Minuten, aber nun waren ja immer noch 18 Personen vor uns. Wir rechneten schnell hoch und kamen auf eine Wartezeit von läppischen 3 Stunden! Ungläubig sahen wir uns an und beschlossen, dass dies erst einmal keinen Sinn hat. Wir gaben auf und gingen zurück zu unserem Boot, um die kostbare Zeit lieber mit Wasser auffüllen, Geschirr spülen, u.ä. Dingen zu verbringen. Ein paar Stunden später nahmen wir einen zweiten Anlauf, aber leider vergebens. Die Schlange war unverändert lang.

Somit beschlossen wir, unser Glück tags darauf im nächsten Hafen (Cala Gonone) erneut zu versuchen. Dort sah die Situation schon wesentlich besser aus: lediglich 9 Personen vor uns und zwei Schalter geöffnet. Juhu, nach Adam Riese also nur ein viertel der Schlange von gestern. Noch dazu ging es hier wesentlich schneller voran und so mussten wir nur ca. eine halbe Stunde anstehen. Der Postbeamte bearbeitete ohne Probleme unsere erste Strafe und wir atmeten auf. Endlich können wir dieses unleidige Kapitel abschließen. Doch dann kam er zur zweiten Strafe, schaute etwas komisch und holte seinen Kollegen zu Hilfe. Der starrte auch kurz auf den Bildschirm, ging mit unserem Formular zurück zu seinem Rechner, schüttelte nach kurzer Zeit den Kopf und teilte uns in Italienisch mit, dass es leider nicht möglich sei, das Geld einzuzahlen, weil das Konto geschlossen sei. Wir starrten ihn ungläubig an. Er wiederholte für uns in gebrochenem Englisch „account closed“. Und nun? Wir baten ihn, dies in Italienisch aufzuschreiben und mit einem Stempel und Unterschrift zu versehen. Danach verließen wir ziemlich wütend die Post. Kann das wahr sein, da ist man schon gewillt alle Strafen zu zahlen und dann schafft es die Küstenwache nicht einmal, einem die korrekte Kontonummer zu geben?!

Glücklicherweise hatte Kai die rettende Idee: er hatte am Vorabend das Büro der Küstenwache von Gonone gesehen und wir gingen schnurstracks dorthin. Dort erklärten wir mit Händen und Füßen (natürlich sprach mal wieder niemand englisch), dass wir die Strafe nicht bezahlen können und drückten ihnen unsere Papiere inklusive der Notiz des Postbeamten in die Hand. Nachdem drei Personen sich ca. 10 Minuten lang unsere Unterlagen angeschaut hatten, kam man auf die Idee in Arbatax anzurufen. In lautem Italienisch wurde heftig diskutiert und eine Kontonummer durchgegeben. Leider war es jedoch die gleiche, die bereits auf unserem Formular stand. Also hieß es, wir sollten in ca. einer Stunde noch einmal vorbeikommen, Arbatax würde die korrekte Kontonummer bis dahin raussuchen. Gesagt, getan, eine Stunde später standen wir wieder im Büro und tatsächlich erhielten wir eine andere Kontonummer.

Also ging es nun wieder mit dieser Kontonummer zur Post, wir standen erneut ca. 20 Minuten lang an, gaben dem Postbeamten die neue Kontonummer, hofften und bangten und welch Wunder, es funktionierte! Wir waren noch nie so froh, 372 Euro ärmer zu sein!

Strafe Post

Nun müssen wir lediglich noch die Zahlungsbelege einscannen und diese per e-mail an die Küstenwache von Arbatax schicken. Dann können wir dieses leidige Kapitel hoffentlich endlich ad acta legen.