Alltägliches

Nachdem Tanja vorgestern gefragt hatte, ob wir denn einen Brotbackautomaten an Bord haben, muss ich Euch wohl mal noch etwas genauer über den Bordalltag aufklären.

Es gibt hier weder einen Brotbackautomaten, noch eine Küchenmaschine, eine Kaffeemaschine, einen Eierkocher, eine Waschmaschine, eine Geschirrspülmaschine noch irgend welche ähnlichen stromfressenden Ungeheuer ;-).

Da wir am Ankerplatz (und da werden wir von nun ab fast immer sein, denn Häfen gibt es entweder gar nicht oder sind ziemlich teuer) unseren gesamten Strom mit vier Solarpanels erzeugen, heißt es, fast immer Strom zu sparen! Wenn wir einen Stromfresser wie z.B. den Staubsauger benutzen wollen, dann müssen wir unseren Generator anwerfen und mit Hilfe von Benzin Strom erzeugen. Ihr seht also schon, alles was zu Hause selbstverständlich war, ist hier Luxus.

Am Anfang fand ich es ziemlich schwierig, wieder ohne meine tolle Nespresso-Maschine auszukommen. Die Waschmaschine und der Geschirrspüler fehlen mir auch heute noch ständig. Und dass ich nicht einfach so mal schnell den Staubsauger benutzen kann, ist für mich Horror. Aber solche Dinge wie eine Küchenmaschine, einen Eierkocher o.ä. erachte ich mittlerweile als völlig unnötig. Ich habe zwar mein Handrührgerät dabei, aber das habe ich bisher höchstens drei Mal benutzt. Die Brotteige werden mit der Hand geknetet und den Teig für den Kuchen schlage ich mit dem Schneebesen. Ja, das ist mühsam und manchmal habe ich das Gefühl, dass mir gleich der Arm abfällt, aber dafür macht es auch Sport und gibt mehr Kraft zum Segel bedienen ;-).

Passend zu diesem Thema will ich Euch schildern, was wir am Dienstag so alles gemacht haben. Morgens habe ich zuerst ein Brot gebacken und dann haben wir umgeankert, weil hier in der Bucht so blöde Winde sind. Daher liegen die Boote nicht alle in die gleiche Richtung, sondern drehen sich so, wie sie gerade lustig sind, und man liegt somit ab und an auch mal Heck an Heck mit dem Nachbarn. Da wir zu unserem Nachbarn fast schon hätten hinüber springen können, beschlossen wir, Anker auf zu gehen und den Anker ein paar Meter weiter weg erneut hinunter zu lassen. Gesagt, getan, doch leider ließ sich der Schäkel, mit dem wir den Hahnepot (die Sicherungsleine für die Ankerkette) festmachen, fast nicht mehr öffnen, so dass wir diesen dann noch fetteten und versuchten einen anderen Sicherungsring anzubringen. Nach dieser 1 1/2 stündigen Aktion gab es endlich Frühstück. Danach schnitten wir ein paar schöne Steaks aus unserem Thunfisch, stellten diese für abends in den Kühlschrank und zerkleinerten den Rest in Würfel, um Ragout daraus zu machen. Als dieses fertig war, füllten wir es in Weck-Gläser ab und kochten sie in unserem Schnellkochtopf ein. Da immer nur drei Stück auf einmal hineingehen, mussten wir die Prozedur für unsere 6 Gläser zwei Mal durchführen. Danach spülten wir das ganze Geschirr und sprangen kurz ins Meer, um uns zu erfrischen. Dann legten wir uns ca. eine halbe Stunde in die Sonne und ruhten uns aus. Mittlerweile war es schon 16 Uhr und das obwohl wir bereits um 8 Uhr aufgestanden waren.

Brot

Da wir somit noch gar nichts von unseren ursprünglichen Vorhaben erledigt hatten, beschlossen wir, noch einkaufen zu gehen. Also warfen wir schnell einen Blick in unseren Revierführer, um zu sehen, wo der beste Supermarkt in der Gegend ist. Hier direkt im Hafen gibt es zwar einen kleinen, der hat aber nicht die wirklich große Auswahl und ist ziemlich teuer. Das gleiche gilt für den ca. 10 Minuten entfernten „Supermarkt“ in Falmouth Harbour. Aber da gibt es ja noch Bailey’s Supermarket. Hier die Beschreibung aus unserem Revierführer: „Bailey’s is reasonably priced and will deliver large orders. This is the largest supermarket in the area with the biggest range of food products. Apart from a wide selection of canned, packaged, and frozen foods, they keep a good stock of local and imported vegetables. Bailey’s also stocks household and hardware items, including cooking pans, engine oil, and duct tape.“ Na, das klingt doch genau nach dem, was wir brauchen!

Wir schnappten uns ein paar Einkaufstaschen und unsere Sackkarre und dann ging es los. Im Revierführer war ein kleiner Übersichtsplan und es sah nach einem 25 minütigen Spaziergang aus. Uns war klar, da laufen wir hin, denn wir wollen uns ja auch etwas bewegen.

Nach ca. 35 Minuten mit unserer laut scheppernden Sackkarre, die wir über die nicht immer asphaltierten Gehsteige zogen (sofern denn überhaupt welche vorhanden waren), waren wir nicht mehr sicher, ob das so eine gute Idee war. Und überhaupt, wo war denn nun dieser tolle große Supermarkt. Puh, endlich sahen wir ein Schild mit der Aufschrift Bailey’s und einer Telefonnummer darunter. Hier muss es wohl sein. Aber wo? Wir schauten uns verwundert um, denn unter dem Schild blickten wir auf die Seitenwand eines Gebäudes, das ungefähr 15m lang war. Na ja, er wird wohl mehr in die Breite gehen. Wir bogen also um die Ecke des Gebäudes und standen auch schon am Eingang. Ich warf einen Blick hinein und Kai meinte später, er sah mir richtig an, wie mir die Kinnlade herunterklappte. Der riesige Supermarkt war tatsächlich ca. 15m lang und 10m breit und hatte drei Gänge. Also nach der Beschreibung des lieben Herrn Doyle hätte ich doch zumindest etwas ungefähr in der Größe wie Aldi oder Lidl erwartet. Aber da es ja auch noch Haushaltswaren geben sollte und sogar Motoröl, stand vor meinen Augen so ein Zwischending zwischen Aldi und Globus. Hier hatte ich nun auch voll darauf vertraut, dass, wenn ein Amerikaner sagt, das wäre ein großer Supermarkt, der alles zu bieten hat, dies dann auch wirklich so ist. Denn im Vergleich zu den amerikanischen Supermärkten sind unsere Aldis ja Tante Emma Läden.

Einkauf1 Einkauf2

Aber gut, dies war er nun mal, der größte Supermarkt in der Umgebung, nun mussten wir halt damit auskommen. Ich ging durch die Regale und kann Euch gar nicht sagen, wie unglaublich froh ich war, dass ich in Lanzarote unser Boot so vollgebunkert hatte. Somit brauchten wir nur das Nötigste, wie frisches Obst und Gemüse, Mehl, Saft, brauner Zucker, Butter, Küchenrollen, Bier und ein paar andere Kleinigkeite. Also gingen wir mit unserem ungefähr halb gefüllten Einkaufswagen an die Kasse. Und da kam der nächste Schreck. Ich schätze mal, dass ich zu Hause bei Aldi für diesen Einkauf ca. €35,- hingelegt hätte, denn eine Flasche antiguanischer Rum war auch noch dabei. Was glaubt ihr, was wir bezahlt haben? Wie gesagt, Doyle meinte ja, dieser Supermarkt sei „reasonably priced“. Ich dachte, ich höre nicht recht, als die Kassiererin von uns umgerechnet €90,- verlangte. Bereits als ich eine Küchenrolle (wirklich, hier gibt es Pakete mit nur einer einzigen drin) für umgerechnet €1,50 in unseren Wagen legte, schwante mir, dass es hier doch um einiges teurer sein könnte, als ich erwartet hatte. Aber da die meisten Artikel nicht ausgezeichnet waren, kam der große Schreck dann wirklich erst an der Kasse.

Leider hatten wir nun auch keine Lust mehr, mit unseren Einkäufen und unserer Sackkarre wieder den ganzen weiten Weg zurückzurumpeln. Also nahmen wir uns ein Taxi, das uns auch nochmal ca. €5,50 kostete und ließen uns zurück zu unserem Hafen fahren.

Dort luden wir die Einkäufe in unser Dingi, fuhren zu unserer Silence, hievten sie dort wieder heraus und wuschen dann erst einmal das ganze Obst und Gemüse ab. Denn leider gibt es hier überall viele tolle kleine Tierchen, die wir aber nicht unbedingt an Bord haben möchten. Dann taute ich noch den Kühlschrank ab (er hat oben ein kleines Eisfach, das nach ein paar Wochen immer ziemlich vereist ist und tropft), wusch ihn aus und verstaute unseren Einkauf darin. Somit hatte uns diese Prozedur des Einkaufens 3,5 Stunden gekostet und ich war noch nicht mal ganz fertig. Denn am nächsten Morgen füllte ich noch das gekaufte Mehl in Plastikflaschen (das machen wir immer, damit die Tierchen, die eventuell darin sein könnten, im Fall der Fälle nicht auf die ganzen anderen Vorräte springen, sondern schön in der einen Flasche eingeschlossen sind) und verstaute ein paar Kleinigkeiten unter unserer Eckbank.

Kühlschrank Mehl Eckbank

Abends brieten wir uns dann nochmal Thunfischsteaks (insgesamt mit dem Eingekochten, hatten wir aus diesem Thunfisch mehr als 10 Mahlzeiten herausgeholt) und aßen dazu Eisbergsalat und Reis-Curry-Salat. Dann ging es ans Geschirr spülen und danach habe ich noch angefangen die Fotos unserer Atlantiküberquerung für Euch herauszusuchen. Anschließend schauten wir noch eine Folge Big Bang Theory und schliefen danach todmüde ein.

Tuna

Also ihr seht, so einfache Dinge wie z.B. Einkaufen, werden hier schon fast zum Tagewerk. Zu Hause habe ich das entweder abends auf der Heimfahrt vom Büro erledigt oder Kai und ich sind Freitags abends zusammen einkaufen gegangen.

Das soll jetzt aber nicht unbedingt eine Beschwerde sein, denn eigentlich finde ich es schön, dass wir hier mal wieder etwas geerdet werden und somit auch wieder viel mehr schätzen können, in welchem Luxus wir zu Hause gelebt haben.

Ich muss immer wieder schmunzeln, wenn ihr uns so sehr beneidet. Vergesst nicht, wir sind hier nicht in einem Urlaubsressort, wo man von morgens bis abends bekocht wird, sich einfach an der Bar seinen Cocktail holt und sich dann in den Liegestuhl legt und ab und zu mal einen schönen kleinen Ausflug macht!

Hafen Bäckerei

2 Gedanken zu „Alltägliches

  1. Hallo Ihr beiden,
    das war ja mal ein Abendteuer für ein paar Lebensmittel. Und ich heule hier immer schon über das Sortiment bei Kaufland o. ä. Ich bin leider noch nicht dazu gekommen, all Eure Berichte zu lesen, aber die Fotos sind schon richtig toll. Ich wünsche Euch noch viel Spaß und wenig Ärger/Reparaturen in der schönen warmen Karibik. Schicke Euch auch gerne ein Care-Paket 🙂
    LG
    Christin

  2. Nun ja, ich gebe zu, dass mit dem Brotbackautomaten hätte ich mir durchaus selber denken können 🙂
    Diesen Revierführer hätte ich wohl schon längst über Bord geworfen … ist es nicht ratsamer Einheimische oder andere Segler zu fragen?

    Freue mich auf weitere spannende Berichte!

    Grüße
    Tanja

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