…auf den Typ, der die gestrige Wettervorhersage verbrochen hat! Da hat sich der gute Herr „Meteorologe“ mal um lockere 10 Knoten Wind „verschätzt“. Ich meine, wenn jetzt zum Beispiel ein Hurrikan statt 120 Knoten in Wirklichkeit 130 hat, dann ist das eine Sache, die den Bock nicht fett macht. Aber wenn wir mit unserer Silence gegen 24 Knoten statt gegen 14 Knoten Wind fahren müssen, dann ist das der Unterschied zwischen sportlichem, aber entspanntem Segeln und einem Kampf um jeden Meter gutgemachte Strecke.
Das Ganze fing gestern Nachmittag an: an unserer Steuerbordseite zog schon stundenlang eine riesige und pechschwarze Squall vorbei, als plötzlich der Wind immer weiter zunahm, bis es uns mit konstant über 20 Knoten die Gischt ins Gesicht blies. Unser Vorschiff war teilweise unter den Wassermassen nicht mehr zu sehen und gefühlte einige tausend Liter Wasser klatschten an unsere Salonfenster. Bei Sonnenuntergang legte der Wind nochmals einen Zahn zu, und inzwischen stand auch ein stattlicher Seegang gegen uns. So kamen wir natürlich nur noch sehr langsam vorwärts: unter Riesengetöse, erzeugt durch die gegen den Salonunterboden schlagenden Wellen, die kreischenden Motoren und den durchs Rigg pfeifenden Wind quälten wir uns mit wenig mehr als 3 Knoten durch die Nacht, anstatt beim vorhergesagten Wind mit 6 Knoten dahinzubrausen. Während ich am Ruder saß, begann die Situation an meinen Nerven zu zerren und machte mir Sorgen, ob wir bei dieser Geschwindigkeit mit unserem Dieselvorrat überhaupt bis Guadeloupe kommen würden. Nach einiger Rechnerei hieß die Antwort leider „Nein“. Was tun, wenn der Wind nicht bald nachlässt? Im Süden liegt Venezuela, das ist uns aber zur Zeit zu gefährlich. Direkt nach Norden zu den BVI’s segeln, das würde vielleicht klappen. Aber da wollen wir doch eigentlich gar nicht hin! Oder umdrehen? Nein, das kommt nicht in Frage, da wäre ja unsere ganze bisher gegen den Wind gut gemachte Strecke futsch! Dann doch lieber den Kommentar von Andrea zu meinem sorgenvollen Gesicht beherzigen: „Augen zu und durch!“.
Und tatsächlich, um 2 Uhr morgens, nach 10 stündigem Kampf, begann der Wind etwas nachzulassen und einige Zeit später wurden auch die Wellen wieder erträglicher. Uff!
Bevor wir aber zur Bord- bzw. Wachroutine übergehen konnten, hieß es noch Wunden lecken: die bereits im letzten Beitrag erwähnte Undichtigkeit der Notausstiegsluke hatte sich durch die von außen mit großer Wucht anschlagenden Wellen deutlich verschlimmert. Inzwischen konnte man nicht mehr von einem Hereinsickern sprechen, nein, es war eindeutig ein Hereinfließen! Glücklicherweise hatten wir das frühzeitig bemerkt und unterstützten die nun doch überforderte Windel mit drei großen Handtüchern. Während unserer 10 stündigen Fahrt in der „Waschmaschine“ haben wir aus diesen geschätzte 5 Liter Wasser ausgewrungen! Ach ja, und apropos Windel: heute morgen liest doch Andrea auf der Packung die Aufschrift „16kg“ und sagt zu mir: „Hey, das ist ja Wahnsinn: die kann ja 16kg aufsaugen!“ Ich: „Ja, nee is klar, ne!“. Ihr seht, es ist schon besser, dass wir keine Kinder haben ;-)!
Seit heute morgen hat sich das Wetter dazu entschlossen, sich lieber wieder an der Vorhersage zu orientieren. Im Moment gönnen wir unseren Motoren sogar eine Pause und sind mit immerhin zwischen 4 und 5 Knoten unter Segeln unterwegs. Hoffentlich bleibt das so, dann sind wir trotz allem morgen Abend in Guadeloupe!