Nachdem wir nun seit fast vier Wochen keinen Fuß mehr an Land gesetzt hatten und seit drei Wochen keinerlei physischen Kontakt zu unseren Freunden oder jeglichen anderen Menschen hatten, gab es endlich Abwechslung in unserem mittlerweile etwas tristen Leben.
Ein Freund von uns war Ende Februar für zehn Wochen nach Hause geflogen und hatte uns gebeten, während seiner Abwesenheit auf sein Schiff aufzupassen. Eigentlich wollte er diese Woche wieder zurück auf sein Boot kommen, doch nachdem Antigua ja die Grenze geschlossen hat und es keine Flüge gibt, war ihm dies nicht möglich. Da auch überhaupt nicht abzusehen war, ob sich diese Situation bald ändert, fragte er uns, ob wir sein Schiff auf die Werft bringen könnten. Dazu waren wir gerne bereit, zumal wir uns auch schon Sorgen gemacht hatten, was mit seiner Segelyacht passiert, wenn wir Antigua verlassen müssen und nicht mehr darauf aufpassen können. Außerdem erklärte sich noch ein Freund von uns bereit uns zu helfen und das Boot gemeinsam mit uns zur Werft zu segeln.
So machten wir sein Schiff am Dienstag klar zum Segeln, ließen die Motoren etwas laufen und entfernten schon einmal ein paar zusätzliche Sicherheitsleinen von der Boje. Und nachmittags holten wir dann noch die Erlaubnis der Küstenwache, dass wir das Schiff bewegen dürfen.
Am Mittwoch hieß es um 5:15 Uhr aufstehen und um 6 Uhr verließen wir unser Boot. Der Termin zum Rausheben war um 9 Uhr und wir hatten ca. 2 Stunden Strecke vor uns. Nach ein paar anfänglichen Problemen (einer der Motoren sprang zuerst nicht an) fuhren wir um 6:30 Uhr unter Motor aus der Nonsuch Bay heraus.
Als wir aus dem Kanal draußen waren, setzten wir zusätzlich zu den Motoren noch das Vorsegel und es ging mit flotten 6,5 Knoten voran. So erreichten wir bereits um kurz vor 8 Uhr den Eingang zum North Sound, bewältigten die Riff-Passage mit Hilfe eines Tracks auf unserem iPad und schon waren wir in schönem geschützten Wasser. Ich muss schon sagen, das war für mich wirklich mal ein Erlebnis. Ich glaube ich bin seit fast 10 Jahren nicht mehr auf einem Einrumpfer gesegelt und zu Anfang dachte ich ein paar Mal, dass wir umkippen würden. Während man mit einem Katamaran überhaupt keine Schräglage hat, legten wir uns hier manchmal ganz schön in die Wellen. Das war am Anfang ungewohnt, aber im Großen und Ganzen war es fast angenehmer als auf unserer Silence. Wir schwimmen auf den Wellen wie ein Korken und immer mal wieder kracht das Wasser ordentlich an den Rumpf oder den Boden unseres Salons. Mit dem Schiff unseres Freundes schnitten wir durch die Wellen und ich hatte eher das Gefühl, dass wir uns mit dem Meer bewegen, anstatt dagegen anzukämpfen.
Bevor wir ins Bassin der Werft fuhren, holten wir noch die Genua und die Fock runter, was mit Wind von hinten wunderbar flutschte. Die kleine Fock konnten wir sogar noch während der Fahrt zusammenfalten und bereits verstauen.
Um kurz nach 8 Uhr fuhren wir dann bereits ins Bassin und machten fest. Natürlich war man noch nicht bereit für uns, weil wir ja fast eine Stunde zu früh waren. So erledigten wir schon mal ein paar Arbeiten an Bord, verstauten Leinen, Gasflaschen, Tauchtanks, …
Um 9:45 Uhr war es dann endlich so weit. Wir kamen in den Lift und das Schiff wurde aus dem Wasser gehoben. Gerne hätten wir so schnell wie möglich alle Arbeiten erledigt, um dann per Taxi wieder auf unsere Silence zurück zu kehren, aber das war leider aufgrund der Ausgangssperre nicht möglich. Da wir spätestens um 12 Uhr zurück auf unserem Boot hätten sein müssen, hatten wir uns in weiser Voraussicht Verpflegung, Duschbad, Handtücher und Schlafanzug mitgenommen, damit wir auf der Werft übernachten können. Und tatsächlich brauchten wir dann auch bis um 16 Uhr, bis wir fast alle Arbeiten erledigt hatten. Die beiden Großsegel und die Genua inklusive aller Leinen waren heruntergenommen und im Innern des Schiffes verstaut. Das Dingi inklusive Außenborder hatten wir heruntergelassen und auf eine Palette gesetzt, damit es in einer Lagerhalle verstaut werden konnte. Sonnenschütze, Rettungsleinen uvm. waren ebenfalls abgebaut und wir waren völlig verschwitzt und k.o. So gingen wir duschen, aßen zu abend und fielen dann beide recht früh und ziemlich erschöpft ins Bett.
Am nächsten Morgen standen wir um 7 Uhr auf, stellten alle Polster hoch, verschlossen die Luken, gaben den Schlüssel im Büro der Werft ab und machten uns per Taxi auf den Rückweg in die Nonsuch Bay.
Unterwegs kamen wir noch an einem Obst- und Gemüsestand vorbei, wo ich uns schnell ein Bündel Bananen, 1 Pfund Tomaten, 2 Salate und ein paar Orangen mitnahm. Welch Glücksfall!
Ein Freund holte uns am Steg ab und um 10 Uhr waren wir wieder zurück auf unserer Silence. Das alles war zwar ziemlich anstrengend gewesen, aber irgendwie auch eine sehr willkommene Abwechslung. Nach der langen Zeit alleine auf unserer Silence war es wunderschön, mal wieder auf andere Menschen zu treffen (natürlich mit gebührendem Sicherheitsabstand und teilweise mit Mundschutz) und ich merkte erst richtig, wie sehr mir der soziale Kontakt zu anderen Leuten gefehlt hatte!