Zuerst einmal möchte ich mich entschuldigen, dass ihr so lange nichts von mir gehört habt!
Ursprünglich hatte ich geplant, dieses Jahr im Juli und August für zwei Monate nach Deutschland zu gehen, um Freunde und Verwandte zu besuchen und etwas Urlaub zu machen, während Kai hier auf unser Boot aufpassen wollte.
Doch leider kam es anders. Anfang Juni fragte meine Mutter, ob ich nicht schon früher kommen könne. Meinem Stiefvater ging es gesundheitlich sehr schlecht (er war an Darmkrebs operiert worden und der Krebs war zurück gekommen) und meine Mutter hatte im April ein künstliches Kniegelenk bekommen, was im Mai plötzlich wieder rausgesprungen war und ihr nun erhebliche Schmerzen bereitete.
So buchte ich meinen Flug von Martinique nach Paris um, buchte einen zusätzlichen Flug von Guadeloupe nach Martinique und Kai segelte mit mir von Antigua nach Guadeloupe, um mich dort in den Flieger zu setzen. Nach 23 Stunden Reisezeit kam ich dann am 13. Juni ziemlich gerädert in der Eifel an und verbrachte dort die nächsten drei Monate mit meiner Mutter und meinem Stiefvater.
Eigentlich wollte ich Mitte September wieder zurück nach Martinique fliegen, doch leider verstarb mein Stiefvater Anfang September und so verschob ich meinen Rückflug nochmal um einen Monat, um meiner Mutter mit der Organisation der Trauerfeier und den ganzen Formalitäten zu helfen.
Und vergangene Woche ging es dann wieder zurück in die Karibik. Genau rechtzeitig bevor es in der Eifel so richtig kalt wurde, kam ich hier in die Hitze der Hurrikan-Saison zurück. Welch Kontrast! Hatte es in der Eifel morgens teilweise einstellige Temperaturen, so haben wir hier in Martinique momentan nie unter 30ºC. Als wir vergangenen Donnerstag vom Einkaufen zurück kamen, hatten wir sogar 39,2ºC in unserer Silence. Da kam dann sogar ich ins Schwitzen. Aber ich muss sagen, dass ich den Temperaturunterschied doch insgesamt recht gut wegsteckte. Ich hatte zwei Tage etwas Kreislaufprobleme und dann war ich akklimatisiert. Ich hab es einfach gerne warm!
Aber nicht nur die Hitze ist ein krasser Unterschied zu Deutschland. Wenn man die ganze Zeit hier in der Karibik auf seinem Schiffchen lebt, fallen einem manche Dinge gar nicht mehr auf. Wenn man dann aber vier Monate in der ersten Welt verbracht hat, treten die Kontraste zur dritten Welt doch ganz schön stark hervor.
Zum einen war ich nun wieder die gut gefüllten Supermärkte gewöhnt. Diese schönen Obst- und Gemüseregale, wo es fast alles gibt, was das Herz begehrt. Die unglaubliche Auswahl an Wurst, Käse, Backwaren, usw. Und nun stand ich hier wieder vor teilweise leeren Regalen. Seit 9 Tagen versuchen wir Salat zu kaufen, waren schon in mehreren verschiedenen Supermärkten, aber kein Glück. Auch an Gemüse sieht es momentan mau aus. Zurzeit gibt es Paprika, Karotten, Kartoffeln, Kohl, Zwiebeln, Frühlingszwiebeln, Tomaten und Gurken. Keine Zucchini, Auberginen, Brokkoli, Blumenkohl, Lauch, … Ich könnte heulen, wenn ich hier im Supermarkt vor den Regalen stehe und mich an das Angebot im Lidl zurück erinnere.
Auch merke ich jetzt noch extremer als vorher, wie laut in der Karibik die Menschen sind. Hier ist man wohl nur glücklich, wenn man Lärm machen kann. Während in Europa die Leute in Bus und Bahn Kopfhörer tragen, wenn sie mit dem Handy Musik hören oder Videos anschauen, wird hier einfach das Telefon auf laut gestellt und auf den Schoß gelegt. Somit plärrt im Bus aus jeder Richtung andere Musik und man will sich am liebsten die Ohren zuhalten. Abends wird irgendwo im Ort getrommelt oder eine Gruppe übt im Freien mit ihren Blasinstrumenten oder jemand hört in einem Haus bei offenen Fenstern ohrenbetäubend laute Musik. In Deutschland unvorstellbar, da würden die Anwohner auf die Barrikaden gehen, hier ist das normal!
Und wenn man vier Monate in einem richtigen Haus gelebt hat, dann kommt einem unsere Silence auf einmal winzig klein vor. Ich war etwas geschockt, als ich unser Boot betrat und mit dem ersten Schritt in den Salon schon direkt vor unserem Esstisch stand. Ich hatte das Gefühl, dass der Raum mit zwei Personen bereits überfüllt ist und wir uns ständig im Weg sind. Das war mir in den vergangenen Jahren nie so vorgekommen. Wahnsinn, wie anders das auf einmal alles auf mich wirkte.
Und was auch ein großer Unterschied ist: man kann nie einfach mal schnell irgendwo hin gehen oder mit dem Auto hinfahren. Wir müssen immer erst unser Dingi runterlassen, an Land fahren, an einem Steg festmachen, das Dingi fest ketten und dann können wir loslaufen oder in einen Bus steigen. Das ist solch ein Aufwand, wenn man sich einfach nur mal schnell etwas die Beine vertreten, den Nachbarn besuchen oder einkaufen gehen will.
Aber an all den Dingen sehe ich wieder mal, welch unglaubliche Gewohnheitstiere wir Menschen sind. Wenn man die ganze Zeit so lebt, wie wir hier leben, fallen einem viele Dinge gar nicht mehr so auf. Und erst wenn man es mal wieder anders hatte, sieht man wieder viel deutlicher, was einem hier so alles fehlt.
Und doch muss ich sagen, haben beide Welten ihre schönen Seiten. Hier verzichten wir auf viele Annehmlichkeiten, aber dafür lacht fast jeden Tag die Sonne, es ist schön warm und wir haben einen riesigen Swimmingpool!
Mein Fazit für heute: Das Leben ist schön, von einfach war nie die Rede!