St. Pierre ist wirklich eine Reise wert. Am Fuße des höchsten Bergs Martiniques, dem Mont Pélé, liegt dieser kleine verwunschene Ort. Früher war es einmal die Kulturhaupstadt Martiniques bis im Jahr 1902 der Ausbruch des Mont Pélé alles in Schutt und Asche legte.
Der Vulkan hatte wohl schon einige Wochen rumort, doch damals waren Vulkane noch nicht so gut erforscht und niemand glaubte an einen Ausbruch. Dies hatte fatale Folgen, denn beim Ausbruch des Pélé starben 28.000 Personen. Lediglich drei Menschen in St. Pierre überlebten die Tragödie.
Wir hatten hier schon einiges an Ruinen und Museen angeschaut, aber ein paar Überbleibsel aus der damaligen Zeit hatte ich noch nicht gesehen. Und die wollten wir uns heute anschauen.
Und so ging es vorbei an den Ruinen der Warenhäuser im ehemaligen Händlerviertel über einen kleinen Fluss hinüber in das älteste Viertel St. Pierres.

Hier liegt die ehemalige psychatrische Anstalt der Insel, oder etwas schöner ausgedrückt „La Maison coloniale de santé“. Für die damalige Zeit war die Klinik hochmodern, denn die Patienten wurden nach den neuesten medizinischen Erkenntnissen mit Wassertherapien behandelt. Man glaubte wohl, das Wasser hätte beruhigende Wirkung auf den Geist. Die „Badewannen“ kann man noch heute erkennen und auch der schöne belaubte Innenhof ist noch gut erhalten.


Aber auch die nicht so wirklich moderenen Isolationszellen sind noch zu besichtigen. Für die renitenten Fälle gab es drei kerkerartige Zellen, in denen die Patienten an einem eisernen Stuhl festgeschnallt wurden bis sie sich wieder beruhigt hatten. Einige dieser Stühle stehen noch heute in den Zellen und auf dem Gelände.

Die Klinik wurde 1839 eröffnet und im Laufe der Jahre weiter ausgebaut. Im Jahr 1843 standen 80 Betten zur Verfügung. Eine der bekanntesten Patientinnen war die Tochter Victor Hugos, Adèle. Die Klinik stand in dem Ruf, dass sie ihre Patienten deutlich schneller heilte, als dies in anderen Kliniken in Frankreich der Fall war und somit wurde sie im Jahr 1900 aufgrund des großen Erfolgs nochmals erweitert und bot Platz für 200 Patienten.
Doch nicht allen ging es hier so richtig gut. Die schwierigen Fälle wurden in „Einzelzellen“ gesperrt, die unter der Terrasse der Klinik lagen. Sie waren mit einer dicken Holztür verschlossen und hatten lediglich auf einer Seite ein kleines vergittertes Fenster, durch das etwas Tageslicht ins Innere der Zelle sickerte. Diese Zellen unterschieden sich nicht so wirklich von denen in einem Gefängnis.

Leider wurde die Klinik im Jahre 1902 beim Ausbruch des Mont Pélé komplett zerstört und alle Menschen, die sich in der Klinik befanden starben. 200 Patienten, 14 Krankenschwestern, 5 Nonnen, 2 Ärzte, der Kaplan und der Leiter der Einrichtung kamen ums Leben.
Erst im Jahr 1971 wurde ein Großteil der Ruinen von Archäologen freigelegt, so dass wir heute bei unserem Besuch ungefähr erahnen können, welche für ihre Zeit moderne und große Anstalt hier einmal stand.
