Wir gingen nochmal in die Verlängerung

Letzten Dienstag verbrachten wir den Vormittag mit Kitesurfen und Nachmittags schnitt ich ein paar Teile aus unseren alten Kites zurecht, um einen Geldbeutel damit zu basteln und Kai nähte die Teile zusammen. Außerdem erstellten wir noch eine Einkaufsliste, weil unsere Nachbarn eine Lebensmittelbestellung bei einem Yacht-Service aufgeben wollten und uns anboten, dass wir ein paar Dinge, die wir dringend benötigen mit auf ihre Liste setzen könnten.

Am Mittwoch kitete Kai für 1 1/2 Stunden und danach war ich an der Reihe. Doch kaum war ich im Wasser, als die Küstenwache durch die Bucht fuhr und über Lautsprecher durchsagte, dass alle Personen, die gerade Wassersport betreiben, sofort zu ihrem Boot zurückzukehren haben. So fuhr ich also zu unserem Boot zurück, landete unseren Kite und wartete auf weitere Erklärungen der Küstenwache. Diese drehte jedoch wieder ab und fuhr gemächlich ans andere Ende der Bucht. Was war das jetzt? Unsere Nachbarn hatten doch mit der Küstenwache gesprochen und diese hatte gesagt, dass kitesurfen erlaubt sei. Warum mussten wir nun alle zu unseren Booten zurück? Wir sahen, dass ein anderer Kitesurfer sich ins Dinghi setzte und der Küstenwache hinterher jagte. Nachdem er zurück kam, fragten wir ihn natürlich gleich, was denn los sei und er erklärte uns, dass sie gesagt hätten, kitesurfen sei verboten und wir dürften lediglich etwas um unser Boot herum schwimmen. Das konnte ja wohl nicht wahr sein! Mir standen die Tränen in den Augen! So also fühlt sich Freiheitsberaubung an! Es hatte super Wetter, die Sonne strahlte, der Wind blies und wir mussten hier am Boot hocken und in die Gegend starren. Das war so sinnlos! Denn draußen beim Kitesurfen oder auch beim Schnorcheln begegnen wir ja niemanden. Wir haben keinen Kontakt zu anderen Kitesurfern oder Schnorchlern und können uns somit auch nicht anstecken. Das ist so schwer für mich, Regeln einzuhalten, die keinen Sinn machen!

Einen Tag später, vergangenen Donnerstag, wurde die Ausgangssperre dann nochmals um eine Woche verlängert, die Regeln wurden aber deutlich gelockert. Baumärkte, Schiffszubehörläden und ein paar andere spezielle Geschäfte durften nun auch zwischen 7-12 Uhr vormittags öffnen. Außerdem ist es nun erlaubt Sport zu machen. Die Leute dürfen joggen, Fahrrad fahren, golfen und anderen sportlichen Aktivitäten nachgehen, solange

  • sie dies auf offenen Plätzen oder am Straßenrand tun
  • den Mindestabstand von 6 Fuß (ca. 1,80 Metern) einhalten
  • und dies nicht als Grund zum Treffen und Versammeln nutzen.

Wir fielen uns in die Arme! Juhu, wir dürfen wieder kitesurfen!

Doch leider kamen wir an diesem Tag nicht dazu, weil wir Probleme mit unserer Lebensmittelbestellung hatten. Unsere Nachbarn beschlossen am Vormittag, dass sie in eine andere Bucht fahren möchten, um dort auszuklarieren und ihre Lebensmittel dann direkt beim Yacht-Service abholen. Das bedeutete aber gleichzeitig, dass wir dann für unsere paar Lebensmittel auf den gesamten Lieferkosten sitzen bleiben. Also schrieben wir den Yacht-Service an, um in Erfahrung zu bringen, wie hoch die Lieferkosten sind und ich rechnete mal ungefähr aus, welchen Preis unsere Lebensmittel hatten. Ich kam auf rund US$60, falls sie alles auf meiner Liste bekommen hätten. Nach mehrmaligem Hin und Her erfuhren wir am späten Nachmittag, dass die Lieferung US$70 beträgt, dann aber noch weitere Kosten fürs Einkaufen hinzukommen, die sie noch berechnen müssten. Normalerweise sind das mindestens 20% des Preises, was dann nochmals ca. US$12 gewesen wären. So ein Mist, da würden wir dann für einen Einkauf im Wert von US$60 Lieferkosten u.ä. in Höhe von US$82 haben. Das war ja völlig unverhältnismäßig und so auch in keinster Weise von uns geplant gewesen. Leider waren die Lebensmittel schon eingekauft und wir waren völlig verzweifelt, weil wir nicht wussten, wie wir dieses Unglück nun abwenden könnten. So schrieb ich an unsere vorherigen Nachbarn und fragte diese, ob sie nicht vielleicht bereit wären, unsere Lebensmittel auch zu nehmen und wir bezahlen ihnen die Hälfte des Rechnungsbetrags. Glücklicherweise stimmten sie diesem Vorschlag nicht nur zu, sondern nahmen sogar die ganzen Lebensmittel ohne finanzielle Beteiligung von uns, weil sie einsahen, dass sie an dieser ganzen Misere nicht ganz unschuldig waren. So haben wir zwar nun keine frischen Lebensmittel, aber uns wäre bei diesen Preisen wahrscheinlich sowieso jeder Brocken im Hals stecken geblieben.

Aber wir sind auch so weiterhin noch ganz gut aufgestellt. Obwohl wir das letzte Mal am 19. März einkaufen waren und uns unsere Freunde eine Woche später nur eine kleine Lieferung an Würstchen und etwas Obst und Gemüse mitgebracht hatten, so haben wir immer noch genügend Lebensmittel. Es gibt noch einen halben Kopf Rotkraut, zwei Paprika, ein Pfund Karotten, 1 Kilo Zwiebeln, 1,5 Kilo Kartoffeln, zwei Butternut-Kürbisse, 2 kleine Gurken, 1 kleine Aubergine, 3 Äpfel, 1 Orange und 1 Grapefruit und natürlich jede Menge Reis, Nudeln und Dosenfutter. Damit kommen wir nochmal eine Weile über die Runden.

Da Antigua seit einiger Zeit keine neuen Covid19-Fälle hatte, hoffe ich einfach, dass die Regeln der Ausgangssperre nach und nach immer weiter gelockert werden und die Supermärkte vielleicht bald auch wieder länger geöffnet sind, so dass man dort nicht stundenlang anstehen muss.

Leider hatten wir dann auch noch kitemäßig einen Rückschlag einzustecken. Drei unserer Bekannten hatten unabhängig voneinander bei der Küstenwache angerufen und gefragt, ob denn Kitesurfen nun auch erlaubt sei, weil sie sich nicht ganz sicher waren, wie die neuen Regeln auszulegen sind. Der eine bekam die Auskunft es sei zwischen 7-11 Uhr erlaubt (warum 11 Uhr ist uns leider nicht klar), der andere bekam die Auskunft es sei nicht erlaubt und der dritte bekam die Auskunft, es sei noch nicht entschieden! Kann man sich das vorstellen? Drei Anfragen und drei verschiedene Antworten! Was nun? Wir haben uns für die erste Antwort entschieden und kiten nun einfach am Vormittag, weil dies für uns nach den neuen Regelungen eindeutig erlaubt ist und fertig! Aber solche Dinge können mich in den Wahnsinn treiben!

Und zum Schluss noch eine Anekdote aus Antigua:

Die Banken durften in den ersten beiden Wochen der Ausgangssperre nur zweimal die Woche zwischen 7-12 Uhr öffnen. Da es hier bei den Einheimischen ja noch nicht solch moderne Dinge wie Bank- und Kreditkarten oder gar online-Überweisungen gibt, werden die meisten Geldgeschäfte in der Bank getätigt. Und da diese so selten geöffnet hatte, gab es dort natürlich an den Öffnungstagen einen nicht zu bewältigenden Ansturm. Es wurden keine Warteschlangen gebildet, sondern die Leute standen in einem riesigen Pulk vor der Bank. Von Abstandhalten war keine Rede und bei Öffnung des Gebäudes versuchten alle gleichzeitig hinein zu kommen. Es herrschte Chaos! In der Zeitung konnten wir lesen, dass der Premierminister völlig entsetzt war und sich nun überlegt, ob die Banken vielleicht besser jeden Vormittag öffnen sollten. Also wer kam denn auf die doofe Idee die Banken nur so selten zu öffnen? Nee, also das konnte man ja beim besten Willen nicht ahnen, dass dann so etwas passieren könnte! Da kann ich manchmal nur den Kopf schütteln!

Ausgangssperre verlängert

Vergangenen Donnerstag wurde die Ausgangssperre um mindestens eine Woche verlängert. Die Supermärkte haben weiterhin nur von 7-12 Uhr geöffnet und man muss zwischen 1-2 Stunden anstehen, bis man an der Reihe ist. Da wir immer noch recht gut versorgt sind, haben wir uns das bisher noch nicht angetan. Aber irgendwann werden auch wir in den sauren Apfel beißen müssen, denn ziemlich sicher wird die Ausgangssperre noch ein paar Mal verlängert werden.

Die offiziellen Zahlen von Antigua lauten wie folgt:

23 bestätigte Fälle von Covid19
ca. 150 Menschen in Quarantäne
2 Todesfälle

Bis gestern hatte es nur sehr wenig Wind und so haben wir uns die Zeit hauptsächlich mit Arbeiten am Boot vertrieben. Zuerst einmal machten wir Frühjahrsputz am Boot: wir holten unseren Generator und Staubsauger raus, schrubbten alle Holzroste ab, putzen die Bäder und Toiletten, entfernten Rostflecken auf unserem Gelcoat und wuschen ein paar Vorhänge. Dann befreiten wir noch alle Decken von Schimmelflecken und schrubbten unser Cockpit und die Badeplattform. 

Nachdem innen alles sauber war, polierte Kai noch das ganze Edelstahl und wir schrubbten unseren Wasserpass, damit unsere Silence auch von außen wieder schön aussieht. Dann tauschten wir eine unserer Dingileinen, weil diese total durchgeschabt war und Kai spleißte gleich noch ein Auge in eine zweite Leine, damit wir diese auch irgendwann tauschen können.  

Einen kompletten Tag waren wir damit beschäftigt unseren seitlichen Sonnenschutz um ein Teil zu erweitern. Das war gar nicht so einfach, weil es auf der einen Seite an den schon vorhandenen Reißverschluss angenäht werden musste und auf der anderen Seite musste es mit Klett an unserer Sprayhood befestigt werden. Das war ein ganz schönes Stück Arbeit.

Am nächsten Tag reinigte Kai den Vergaser unseres Außenborders, weil dieser bereits seit einiger Zeit leicht verstopft war. Wir reparierten noch ein paar Löcher in der Husse des Außenborders und nähten ein paar aufgegangene Nahten fest. Und da wir schon mal die Nähmaschine aufgebaut hatten, nähten wir noch drei kleine Taschen aus Kitestoff.

An Tag 5 und 6 der Ausgangssperre war Waschtag angesagt. Wir wuschen T-Shirts, Hosen, Unterwäsche und unsere ganzen Kiteklamotten. Und wieder waren zwei Tage vorbei!

Da die Husse für die Flügel an unserem Foilboard so langsam aber sicher den Geist aufgab, nähte Kai am folgenden Tag aus einem alten Neoprenanzug und aus Kitematerial vier kleine Hussen, die sich mit Druckknöpfen zusammenheften lassen.

An Tag 8 nähten wir eine Tasche aus der Vorderseite eines alten kaputten Kiterucksacks. Außerdem beklebte ich eine Box, die auf der Oberseite völlig verschimmelt war.

An Tag 9 hatten wir eine Rüsselkäfer-Attacke: wir entdeckten in einem Paket Nudeln, das wir gerade erst vor 2 Wochen gekauft hatten, eine unglaubliche Menge an Rüsselkäfern. Wir schauten gleich unsere ganzen Nudelvorräte durch und fanden dann auch noch in einer Packung Spaghetti zahlreiche von den Viechern. Das musste alles schnellstmöglich über Bord und die anderen Nudeln füllten wir in Flaschen oder Tupperboxen. Da haben uns diese Sauviecher doch tatsächlich Vorräte für 6 Tage weggefressen. Das ist bei der momentanen Versorgungssituation nicht gerade schön!

Und wo wir schon mal dabei waren, schauten wir unsere gesamten Vorräte durch und füllten noch ein paar andere Sachen wie z.B. Sonnenblumenkerne in Plastikflaschen. So kann man seine Tage auch verbringen.

Am Samstag backten wir einen Kuchen und Kai schliff die Halterung unseres Außenborders ab und ölte sie, mottete unseren Flaggenmast ein und befestigte unsere Flagge an der Dirk (was wesentlich wartungsfreier ist, als unser Flaggenmast aus Holz).

Am Sonntag nahmen wir uns einen Tag frei von den ganzen Bootsarbeiten und gingen schnorcheln und entspannten danach bei einem schönen „Um-die-Ecke-gedacht-Rätsel“ auf unserem Trampolin.

Und heute hatte es endlich wieder genügend Wind zum Kiten. Unsere Nachbarn hatten uns erzählt, dass sie mit der Küstenwache gesprochen haben und diese die Auskunft gab, dass wir zwischen 7-12 Uhr kitesurfen dürfen. Wir waren so glücklich, denn auf vielen anderen Inseln wie z.B. Martinique ist Kitesurfen momentan verboten. 

Endlich wieder Sport zu machen war so schön und ich schaffte heute meine ersten Halsen auf dem Foilbord. Ich bin so happy!

Seit Donnerstag Ausgangssperre

Letzten Donnerstag wurde auch hier auf Antigua eine Ausgangssperre verhängt. Es wurde der Notstand verhängt und alle Einwohner müssen den ganzen Tag in ihren Häusern bleiben, und dürfen diese lediglich verlassen, um zum Arzt, zur Apotheke oder zum Supermarkt zu gehen. Wandern ist verboten und es sind bereits 17 Personen aufgegriffen und inhaftiert worden, die sich nicht daran gehalten haben.

Für uns Segler ist es nicht ganz so hart. Wir dürfen in der Nähe des Bootes schwimmen oder mit dem SUP paddeln. An den Strand dürfen wir allerdings nicht und wir dürfen nur zum Einkaufen an Land. Und dies auch nur zwischen 7 – 12 Uhr, danach haben wir auf dem Boot zu sein. Wenn wir unseren Standort wechseln wollen, müssen wir uns eine Genehmigung der Küstenwache holen.

Das klingt für mich nach wesentlich härteren Maßnahmen als in Deutschland, doch bis jetzt hat es für uns immer noch nicht allzu große Auswirkungen. Für uns fühlen sich die Tage völlig normal an, außer dass wir abends keine Freunde zum Abendessen oder Spieleband treffen. 

Das Schwierigste an der ganzen Sache ist für uns das Einkaufen. Die Mietwagenverleihe haben geschlossen und so müssten wir uns entweder eine Genehmigung der Küstenwache holen, um in eine Bucht zu fahren, in der es einen Supermarkt gibt oder wir müssten mit dem Bus zum Supermarkt. Ersteres ist ein ziemlicher Aufwand (ca. zwei Stunden nach Falmouth motoren und zwei Stunden zurück) und auf eine Fahrt mit dem Bus wollen wir zurzeit verzichten.

Vergangenen Mittwoch, am Tag bevor die Ausgangssperre in Kraft trat, gab es in den Supermärkten solch lange Schlangen, dass die Leute teilweise 5 Stunden anstanden. Dabei wurde anscheinend auch das Abstand halten vergessen und die Leute standen in Pulks zusammen. Wie doof kann man sein?

Da unsere kanadischen Freunde am Samstag vor einer Woche nochmal einkaufen waren und uns Obst, Gemüse und Fleisch mitgebracht hatten, waren wir noch gut versorgt und haben darauf verzichtet, Panik- und Hamsterkäufe zu tätigen. 

Und da wir in den letzten drei Monaten sehr wenig Konserven aufgebraucht haben, weil immer mal einer unserer Freunde einkaufen ging und uns frische Sachen mitbrachte, haben wir noch reichlich Vorräte. Ich habe gestern mal durchgezählt und bin zu dem Schluss gekommen, dass wir mindestens noch für 12 Wochen (!) Essen an Bord haben. Und das ohne dass wir irgendwelche Hamsterkäufe getätigt haben. Jeden vierten Tag backen wir uns ein Brot, jeden Tag gibt es einen ebenfalls selbst gemachten Kefir, abends einen eigengebrauten Kombucha und jeden Tag ein oder zwei Stücke Obst. So sollten uns unsere Früchte noch ca. 14 Tage reichen. Klopapier haben wir auch genügend. Wir sind also gut versorgt und sehen dem allen mit Gelassenheit entgegen.

Der einzige Punkt, über den wir uns momentan nicht im Klaren sind ist, ob wir kitesurfen dürfen. Zurzeit stellt sich die Frage nicht, weil wir viel zu wenig Wind haben, aber in ein paar Tagen soll es wieder mehr Wind geben. Klar, wir dürfen nicht an den Strand, aber wir können unseren Kite auch vom Boot starten und haben dies bereits vor der Ausgangssperre getan, um nicht mit den ganzen Leuten am Strand in Kontakt zu kommen. Somit müsste es eigentlich erlaubt sein, weil wir ja niemanden treffen. Sicher sind wir uns aber nicht und das letzte was wir wollen ist eine Strafe von EC$5.000,- (ca. €1.650,-) zu zahlen und/oder für 6 Monate ins Gefängnis zu wandern. Na ja, da müssen wir jetzt halt mal abwarten. 

Und hier zum Abschluss noch ein paar Fakten aus Antigua:

15 bestätigte Fälle von Covid19
ca. 150 Menschen in Quarantäne
keine Todesfälle