Immer noch in Deshaies

Es ist eine Never-ending-Story. Wir sitzen immer noch hier fest, weil Kais Finger einfach nicht richtig verheilt ist. Am Montag, den 25.3. waren wir erneut beim Arzt. Kai hatte ja Freitags ein anderes Antibiotikum verschrieben bekommen. Am Wochenende konnten wir mit ansehen, wie sein Finger immer dicker wurde und er bekam als Nebenwirkung des Antibiotikums Nesselsucht zwischen den Beinen. Also stoppte er sofort die Einnahme, warf Antihistamin-Tabletten ein und wir cremten die Stellen mit Kortisonsalbe ein. Montags also wieder zum Arzt. Fazit: zurück auf die vorherigen Antibiotika und diese nochmals 6 Tage nehmen. 

Wir vertrieben uns die Zeit mit kleinen Spaziergängen, suchten einen Geocache, reparierten das Display eines Kartenplotters, versuchten etwas Marketing für unser Spiel zu betreiben, Kai programmierte ein paar zusätzliche Features für seine Anker-App, ich sortierte Unterlagen und machte Ablage, wir nähten nochmal ein paar kleine und größere Taschen und Geldbeutel, …

Sonntag vor einer Woche war die letzte Einnahme der Antibiotika. Der Finger war zwar deutlich abgeschwollen, aber immer noch dick und stellenweise rot. Wir warteten zwei Tage ab und als der Finger ohne Antibiotika nicht schlimmer wurde,  fuhren wir mit unserer Silence erneut nach Bouillante, um unsere Einkäufe nochmals aufzustocken, bevor wir zurück nach Antigua segeln. Auch hatte sich nach zwei Wochen schon wieder einiges an Wäsche angesammelt und so gingen wir auch gleich nochmal in den Waschsalon.

Dienstag waren wir zurück in Deshaies und wollten ursprünglich ausklarieren. Doch Kai war sich nicht wirklich sicher, ob sein Finger nicht wieder schlimmer wurde. Wenn ich die ganzen Stunden zusammenzählen würde, in denen wir schon auf Kais Finger gestarrt und ihn von allen Seiten begutachtet haben, wären wir wahrscheinlich schon bei mehr als einem vollen Tag. Mal fühlte der Finger sich besser an, mal kribbelte und schmerzte er wieder und wir waren der Meinung er wird wieder dicker. Jeden Morgen stehen wir auf, diskutieren unsere Meinung, schauen uns Vergleichsfotos von den Vortagen an und sind uns absolut unsicher. Mit diesem schlechten Gefühl wollte Kai einfach nicht hier wegfahren und da sowieso gerade nicht das schönste Wetter herrschte, beschlossen wir nochmal ein paar Tage zu warten.

Als am Donnerstag alles unverändert war, beschlossen wir, es einfach zu wagen und am Nachmittag auszuklarieren, damit wir Freitags nach Antigua segeln können.

In der Nacht auf Freitag wachte Kai irgendwann auf und sein Finger kribbelte und tat weh. Das konnte doch wohl nicht wahr sein. Am liebsten hätte ich ein Beil genommen und das Miststück abgehackt! Morgens um 7 Uhr schauten wir uns den Finger an und waren uns total unsicher. War er wirklich wieder ganz leicht angeschwollen oder bildeten wir uns das nur ein? Sollten wir nochmal zum Arzt? Aber gegenüber unserem vorherigen Arztbesuch war der Finger ja besser und wahrscheinlich würde der Arzt uns sagen, dass Kai jetzt halt mal abwarten muss. Und das hat er ja im Grunde sowieso vor.

Kai würde am liebsten hier in Dehaies bleiben bis sein Finger wieder richtig in Ordnung ist, weil er momentan sowieso nichts riskieren und somit auf keinen Fall kitesurfen möchte. Aber mir fällt mittlerweile total die Decke auf den Kopf. Wir haben oft recht viel Wind, der uns hier in der Ankerbucht wieder die schrecklichen 30 Knoten-Böen beschert, ich könnte so schön kitesurfen und statt dessen sitzen wir hier fest. Ich bin total frustriert, will ja aber auch nicht riskieren nach Antigua zu segeln. Wenn Kais Finger dann tatsächlich wieder schlimmer wird, dann müssen wir erneut mit dem Bus über die halbe Insel fahren und haben einen Riesenstress. 

Ich bin hin und her gerissen. Auf der einen Seite würde ich so gerne kitesurfen und auch endlich wegkommen aus dieser schrecklichen Ankerbucht mit ihrem böigen Wind. Heute Nacht haben wir wieder so schlecht geschlafen, weil es draußen klang, als ob ein Hurrikan um unser Boot toben würde. Auf der anderen Seite habe ich Angst, dass die Infektion doch noch nicht ganz beseitigt ist und nochmal wiederkommt. Dann wären wir hier so viel besser aufgehoben. Es ist zum Mäuse melken!

Wanderung zum Aussichtspunkt von Gadet

Am Freitag Vormittag gingen wir zur Abwechslung mal wieder zum Arzt. Wir hatten nach mehr als drei Tagen keine Besserung an Kais Finger feststellen können und so machten wir uns gleich morgens um 7:30 Uhr auf den Weg. Der Arzt, bei dem wir am Montag waren, liegt am Ortsrand von Deshaies und so machten wir einen Morgenspaziergang dorthin. Und schon als wir in die Straße einbogen, sahen wir, dass die Tür geschlossen war und ein Zettel dort hing. Der Arzt machte Urlaub und hatte für ein paar Tage geschlossen. Das kann ja wohl nicht wahr sein. Also schnell wieder zurück ins Ort und hoffen, dass der Arzt, der am Montag geschlossen hatte, nun geöffnet ist. Und wir hatten Glück, er war offen und es saßen lediglich drei Personen vor uns im Wartezimmer. Wir waren noch genau rechtzeitig gekommen, denn danach füllte sich das Wartezimmer unaufhaltsam.

Der Arzt schaute sich Kais Finger an, bestätigte, dass das Antibiotikum wohl nicht wirkte und verschrieb ihm ein anderes, stärkeres und auch eine stärkere Creme. Danach ging es wieder in die Apotheke, dann noch schnell zum Bäcker. Bereits um 9 Uhr waren wir zurück am Boot und konnten unser leckeres frisches Baguette verspeisen. So unleidig die Arztbesuche sind, so sind sie doch mit wesentlich weniger Aufwand verbunden, als in Antigua. Deshalb werden wir auf jeden Fall hier bleiben bis Kais Finger wieder richtig verheilt ist. 

Was sehr schade ist, denn gerade jetzt kommen unsere Freunde Johan & Lise für eine Woche nach Green Island und wir hätten uns sehr gefreut die beiden wieder zu sehen. Aber daraus wird wohl nichts.

Da wir beide ziemlich frustriert waren, beschlossen wir, uns etwas abzulenken und nochmals wandern zu gehen. Bereits bei unserer Wanderung am Dienstag hatten wir gesehen, dass der Wanderweg noch weiter an der Westküste entlang nach Norden führt. Doch wir waren zu k.o. um noch weiterzugehen.

So sparten wir uns dieses Mal die Wanderung über den Berg und liefen durch Deshaies bis wir auf den Wanderweg am Ortsausgang stießen. Von dort spazierten wir durch den Wald und danach am Strand entlang bis wir an der Nordseite der Bucht auf die Fortführung des Wanderwegs trafen.

Dieser ging auf einem kleinen Pfad immer direkt an der Küste entlang, von wo man eine wunderschöne Aussicht auf die Grand Anse hatte. Magnifique, wie der Franzose sagen würde!

Der einzige Nachteil war, dass der Pfad fast die ganze Zeit in der Sonne lag und ich, als wir am Ende des Weges ankamen, einen hochroten Kopf hatte und ganz schön verschwitzt war. So liefen wir noch ein paar Schritte in die nächste Ortschaft, wo wir an einem kleinen Strand eine Bank im Schatten fanden, auf der wir uns etwas ausruhen konnten. 

Sollten wir nun den gleichen Weg zurück gehen oder doch lieber an der Straße entlang, die zwar stark befahren aber dafür teilweise im Schatten war? Ich entschied mich für die Straße und wir liefen, bis wir an den Aussichtspunkt von Gadet kamen.  Dort legten wir an einem der Picknicktische eine Pause ein, aßen unser mitgebrachtes Obst und spielten eine Runde „Take it easy“ (eines meiner iPad-Geburtstagsgeschenke).

Danach hatte ich mich genug abgekühlt, um doch wieder auf den sonnigen Pfad an der Küste zurück zu gehen. Es war schon wesentlich schöner, hier in der Sonne aber ohne Autolärm zu laufen.

Kurz nach 17 Uhr kamen wir wieder in Deshaies an und mich gelüstete nach einem schönen Eisbecher. Zu schade, dass es hier nirgends so tolle italienische Eiscafés gibt wie in Deutschland. Was hätte ich für einen leckeren Fruchtbecher mit Sahne und Erdbeersoße gegeben. Aber immerhin gibt es im Ort ein kleines Eiscafé, in dem ich mir zwei Kugeln Eis mit Sahne bestellte. Das hatte ich mir nach unserem ca. 9km-Marsch in der prallen Sonne doch wahrlich verdient. Kai verzichtete und spätestens jetzt war mir eindeutig klar, dass es ihm mit seinem Antibiotika-Cocktail nicht so richtig gut geht. Denn normalerweise würde er niemals ein Eis ausschlagen. Der arme Tropf! 

Wanderung über den Gros Morne

Ursprünglich hatten wir geplant, vergangenen Sonntag gleich wieder nach Antigua zu segeln, aber Kais Finger machte uns einen Strich durch die Rechnung.

Bereits am Freitag Abend war der Finger wieder angeschwollen und rötete sich leicht. So beschlossen wir, lieber hier in Deshaies zu bleiben, wo Arzt und Apotheke nur ein paar Gehminuten entfernt sind.

Am Sonntag hatten wir die Öffnungszeiten des Arztes nachgeschaut und Montags standen wir Punkt 8 Uhr vor dessen Tür. Doch dort prangte ein Zettel, dass er wegen Krankheit heute geschlossen hat. Da wir uns relativ sicher waren, dass Kai wieder Antibiotika nehmen sollte, versuchten wir unser Glück in der Apotheke. Dort waren jedoch gerade alle Computer ausgefallen, die Apotheke stand gerammelt voll mit Kunden und es dauerte ca. eine halbe Stunde bis wir endlich an die Reihe kamen. Natürlich wollte uns die Apothekerin ohne Rezept keine Antibiotika geben, aber immerhin erfuhren wir, dass es am Ort noch zwei weitere Ärzte gibt.

So machten wir uns auf den Weg zum nächstgelegenen Arzt. Dort standen bereits drei Herren vor der Tür, die jedoch verschlossen war. Eigentlich sollte der Arzt um 8 Uhr öffnen, heute hatte er aber wohl ordentlich Verspätung. So beschlossen wir nochmals 10 Min. weiter zum nächsten Arzt zu gehen. Dort hatten wir mehr Glück. Er war geöffnet und es waren lediglich 2 Herren vor uns im Wartezimmer. Dennoch dauerte es ca. 40 Minuten bis wir an der Reihe waren. Der Arzt schaute sich Kais Finger an und verschrieb sofort Antibiotika und eine antibiotische Salbe. Mit dem Rezept bekamen wir dann auch die Antibiotika in der Apotheke und Kai startete gleich mit der Einnahme.

Wir beschlossen auf jeden Fall hier zu bleiben bis es mit Kais Finger wieder deutlich bergauf geht, weil der Arzt in Deshaies so viel leichter zu erreichen ist als in Antigua.

So vertreiben wir uns nun hier die Zeit, je nach Wetterlage, mit Arbeit am Computer oder mit kleinen Ausflügen. Wenn es regnet wurschteln wir am Boot, wenn die Sonne scheint und der Wind wie wild pfeift, flüchten wir an Land.

Am Dienstag machten wir eine kleine Wanderung. Im Norden der Bucht steht ein 206m hoher Berg namens Gros Morne. Am Friedhof von Deshaies startet ein kleiner Wanderweg, der über diesen Berg in die nächste Bucht führt. Wir starteten morgens bei leichter Bewölkung, was ideal war, denn zu Anfang ging es fast senkrecht den Berg hinauf. Ich kam ganz schön ins Schnaufen und Schwitzen und war ziemlich froh, als wir oben angekommen waren. Doch der Aufstieg hatte sich gelohnt: wir hatten einen wunderschönen Ausblick auf die Westküste Guadeloupes. 

Und ein paar hundert Meter weiter bot sich uns erneut ein toller Ausblick. Dieses Mal auf die andere Seite, die Grand Anse, ein mehrere hundert Meter langer breiter Sandstrand. Mitten im Wald zu stehen und auf diesen tollen Sandstrand zu schauen war wunderbar.

Nun ging es ziemlich steil nach unten und unterwegs sahen wir alle möglichen kleinen Tierchen.

Nach einer kurzen Verschnaufpause auf einer kleinen Bank an der Küste liefen wir hinunter zum Strand und stapften durch den Sand.

Mittlerweile war die Sonne hinter den Wolken hervor gekommen und wir zogen uns nach einer Weile doch lieber wieder auf einen kleinen Weg im Schatten der Bäume zurück. Dort fanden wir auch ein paar Picknicktische an denen wir unser mitgebrachtes Sandwich und einige Mandarinen essen konnten, bevor wir uns auf den Rückweg nach Deshaies machten. Glücklicherweise gab es einen Rundweg, so dass wir nicht wieder über den Berg zurück mussten, sondern ein Stück auf einem breiten geschotterten Waldweg gehen konnten. Dieser endete am Eingang Deshaies, von wo aus wir der Straße zurück ins Ort folgten.