Oktober 2024 – Auf der Werft in Trinidad – Teil 1

Nach unserem Deutschland-Aufenthalt kamen wir im Oktober zurück auf die Werft in Trinidad, wo noch einige Bootsarbeiten auf uns warteten.

Leider gesellten sich zur Liste der geplanten Reparaturen und Wartungsarbeiten, dann aber dummerweise auch noch ein paar andere Dinge.

Nachdem wir Freitag morgens um 8:15 Uhr in den Bus zum Flughafen in London gestiegen waren, kamen wir am späten Nachmittag am Flughafen in Trinidad an. Dort kippte mir unglücklicherweise unsere Laptoptasche vom Trolley und wie sich später herausstellen sollte, ging dabei das Display unseres Laptops kaputt. Das fing ja toll an!

Da wir noch beim Zoll vorbei mussten, um die mitgebrachten Bootsteile offiziell ins Land zu importieren, kamen wir umgerechnet erst um Mitternacht an unserem Boot an. Dort erwartete uns eine völlig verdreckte Silence und wir mussten gleich mal feststellen, dass unser Kühlschrank nicht mehr funktionierte. Bei mehr als 35°C Innentemperatur auch nicht so wirklich schön!

Glücklicherweise fanden wir noch am Wochenende einen Kühlschrank-Experten, der gleich am Montag morgen vorbei kommen würde, so dass wir hoffentlich nur das Wochenende ohne Kühlschrank auskommen müssten.

Der Experte kam tatsächlich am Montag, reinigte unseren Kompressor und füllte das Kühlmittel auf. Tja, das half noch nicht wirklich. Also schaute er nochmal genauer und fand ein Loch in der Kühlleitung. Dieses lötete er zu und welch Glück, der Kühlschrank wurde wieder kalt! Der Spaß kostete uns zwar US$350 (für netto 2 Stunden Arbeit und etwas Kühlmittel!), aber besser als wenn wir einen neuen Kompressor hätten bestellen müssen.

Danach räumte ich erst einmal unser Lebensmittel-Schapp wieder ein und nachmittags gingen wir beim Canvas-Shop vorbei, um zu fragen, wann unser neues Bimini fertig ist. Bereits vor unserer Abreise war alles vermessen worden und ich hatte zwei Wochen vor unserer Rückreise nochmals eine Erinnerungs-e-mail geschickt. Tja, typisch Karibik: wir blickten mit unserer Frage in komplett erstaunte Gesichter. Hm, Silence, nein, da war noch nichts angefangen. Tja, da war auch gar nichts eingeplant. Ups, da war wohl was schief gelaufen, aber man könne so ca. in zwei Wochen mit der Arbeit anfangen. Na super, in zwei Wochen wollten wir schon wieder im Wasser sein und beim nächsten Wetterfenster zurück nach Norden segeln. Das war uns zu heikel, also stornierten wir mit großer Enttäuschung unseren Auftrag und wurschtelten mit ziemlich mieser Laune an unserer Silence weiter.

Und ihr wisst ja, wenn es Dicke kommt, dann immer so richtig Dicke: am Nachmittag bekam Kai Husten, Schnupfen, Fieber und Schüttelfrost und legte sich ins Bett. Es war der 14. Oktober, unser Launch ins Wasser stand am frühen Morgen des 24. Oktober an, wir hatten also nur noch 9 Tage für die ganzen anstehenden Arbeiten. Die Werft war komplett ausgebucht, da hätten wir keine Chance den Termin zu verschieben.

So warf Kai am nächsten Tag eine Ibuprofen ein und machte ein paar nicht ganz so anstrengende Arbeiten am Boot: Schirmchen kleben. Ich putzte während dessen die Unterseite unserer Silence mit Phosphorsäure. Das war mal dringend nötig!

Und natürlich ging es am gleichen Abend bei mir los mit Husten und Fieber. Ich bekam die ganze Nacht kein Auge zu, dachte dass ich ersticke, so sehr musste ich husten. So etwas hatte ich noch nie erlebt. Aber es half ja nichts, die Arbeiten mussten weiter gehen. Denn für den nächsten Tag war relativ gutes Wetter angesagt (normalerweise regnet es in Trinidad jeden Nachmittag) und wir mussten dringend ein paar Lagen Copper Coat auf unsere Saildrives streichen und einige Stellen ausbessern. Also warf auch ich eine Ibuprofen ein und half Kai mit halb einknickenden Beinen und Hustenanfällen beim Streichen. Nach jeder Lage legte ich mich eine Runde hin, solange das Copper Coat am Trocknen war, und dann ging’s weiter.

Das Arbeiten auf der Werft im Dreck und Staub, bei Regen und Hitze ist unter normalen Umständen schon kein Zuckerschlecken, aber unter solchen Bedingungen kamen wir echt an unsere Grenzen. Kaputtes Laptop, kaputter Kühlschrank, kein neues Bimini und dann auch noch beide krank. Kai redete nur noch davon, dass er am liebsten gleich in den nächsten Flieger steigen und zurück nach Deutschland fliegen würde. Aber es half ja alles nichts, da mussten wir durch! Und auf Regen folgt ja normalerweise wieder Sonnenschein. Doch der wollte sich bei uns dieses Mal leider nicht so schnell wieder einstellen.

Endlich wieder ein Lebenszeichen von uns

Schon furchtbar lange plagt mich mein schlechtes Gewissen, weil wir so viele Monate nichts von uns haben hören lassen. Aber je mehr Zeit verging, desto höher wurde der Berg an Erlebnissen und Fotos, die ich euch nicht vorenthalten wollte und irgendwie war nie so richtig Zeit, um alle Berichte nachzuholen.

Doch nun möchte ich endlich mal damit anfangen und direkt an meinen letzten Blogbeitrag vom vergangenen Jahr anknüpfen: Die Verwüstung, die Hurrikan Beryl auf einigen Inseln in den Grenadinen anrichtete, war enorm. Einige Tage nachdem Beryl über Carriacou gezogen war, bekamen wir Fotos von umgekippten Segelbooten auf der Werft und teilweise umgekippten, teilweise gestrandeten Fotos von Booten in den Mangroven zugesandt.

Unsere französischen Freunde hatten ihren Katamaran mit dem Bug voran in die Mangroven gefahren und gut vertäut. Sie hatten die Segel mit Leinen umwickelt, die Solarpanelen und alle sonstigen Teile, die sich losreißen könnten, heruntergenommen und im Innern der Yacht verstaut. Doch als Beryl direkt über sie hinwegbrauste, zerbarst eine Fensterscheibe im Salon und Bernadette musste eine Stunde lang Bretter und Kissen dagegen drücken, damit nicht allzu viel Regenwasser herein peitschte. Sie hörten wie sich Solarpanele von anderen Booten losrissen und durch ihr Rigg schepperten und es brauste und windete wie wild.

Als alles vorüber war, besahen sie sich den Schaden. Zwei Pfeiler ihres Biminis (das Dach draußen über dem Cockpit) waren eingeknickt, eine Seite des Biminis war weggerissen, überall auf dem Deck lagen Splitter und Äste und sie hatten vorne im Rumpf ihres Bootes ein Loch unterhalb der Wasserlinie. Dort hatte sich anscheinend ein Ast der Mangroven in den Rumpf gebohrt und Wasser lief ins Boot.

Klingt alles furchtbar, aber sie hatten Glück im Unglück. Unsere deutsche Freundin, die seit Jahrzehnten in Carriacou lebt, war zur Zeit von Beryl gerade in Deutschland und als sie und ihr Mann zurück kamen, lag ihr Katamaran Kiel oben im Wasser. Ein Totalschaden!

Ich kann nur wiederholen: was waren wir froh, dass wir unsere Silence nach Trinidad gebracht hatten und sie dort sicher auf der Werft stand!

Dort arbeiteten wir 10 Tage in der Hitze, um sie wieder etwas auf Vordermann zu bringen und sie auf unsere Abwesenheit vorzubereiten. Denn letztes Jahr wollten wir sie zum ersten Mal in 11 Jahren für 3 Monate alleine lassen. Wir wollten einfach mal wieder etwas Kultur tanken, Museen besuchen, Freunde treffen, Radfahren und viele andere Dinge tun, die man hier in der Karibik nicht machen kann. Auf gut deutsch: wir brauchten mal etwas Abwechslung von Strand, Sonne, Palmen und Meer! Ich hätte nie gedacht, dass ich hier jemals etwas aus Deutschland vermissen könnte, aber manchmal fehlt auch mir der Komfort eines Autos, die Vielfalt und niedrigen Preise der Lebensmittel in den deutschen Supermärkte, die vielen Museen und Veranstaltungen, ein Bett, das sich nicht bewegt, … Tja, man sehnt sich wohl immer nach dem, was man gerade nicht hat 😉

Und so flogen wir Mitte Juli von Trinidad nach London. Da es keine Direktflüge nach Deutschland gab, nutzen wir die Gelegenheit dieses Zwischenstopps und machten erst einmal 5 Tage London unsicher. Jeden morgen zogen wir los und hatten unzählige Museen und Sehenswürdigkeiten auf unserer To-Do-Liste stehen.

Wir sogen die Ausstellungsstücke in den Museen auf wie ein vertrockneter Schwamm. Jedes Museum erschien uns riesig und absolut überwältigend. Wir konnten nicht genug bekommen von all den Sehenswürdigkeiten. Das bunte Treiben der Artisten und Magier in Covent Garden war ein herrlicher Gegensatz zum grünen und ruhigen Greenwich mit seinem schönen Naval College, dem Maritime Museum, dem Observatorium und natürlich dem Null-Meridian.
Wir besichtigten St. Paul’s Cathedral und hatten vom Dach eine wunderbare Aussicht auf die Innenstadt Londons. In Westminster Abbey besuchten wir den Gottesdienst (nein, ich bin nicht gläubig geworden, aber auf diese Art mussten wir keinen Eintritt zahlen) und lauschten in der herrlichen Akustik dem Chor und dem Orgelspiel. Wir schlenderten durch die zwei berühmtesten Kaufhäuser der Stadt: Harrods und Fortnum & Mason. Wir fuhren mit einem der Ausflugsboote die Themse hoch, besichtigten das britische Museum, die National Gallery und die National Portrait Gallery. Wir ließen uns über Piccadilly Circus und durch China Town treiben, sahen uns den Buckingham Palace, Houses of Parliament, Big Ben, den Tower, the Shard, London Eye und viele andere Dinge von außen an. Wir schlenderten durch den Hyde Park und stolperten am Trafalgar Square in ein kostenloses Konzert des London Symphony Orchestra. Welch ein grandioser Zufall und welch tolle Ruhepause in dem ansonsten so quirligen London.

Selbst die U-Bahn-Station, in deren Nähe unsere Unterkunft lag, war eine Sehenswürdigkeit für sich. Alfred Hitchcock war in Leighton aufgewachsen und so zieren die Wände der Station unzählige Mosaiken mit Szenen aus seinen Filmen.

Ich glaube wir haben in 5 Tagen mehr Sehenswürdigkeiten und Museen gesehen, als in den vorangegangenen 11 Jahren. Wir waren absolut geflasht!

Hurrikan Beryl verwüstet Carriacou

Vor nicht ganz zwei Wochen klarierten wir noch in Carriacou ein und saßen danach gemütlich mit einem Eis vorm Supermarkt. Wir waren durch das kleine Örtchen in der Tyrell Bay geschlendert und hatten es genossen nach 4 Jahren endlich mal wieder hier zu sein.

Leider wurde heute morgen Carriacou von Hurrikan Beryl komplett zerstört.

Schon seit mehreren Tagen hatten wir die Wettervorhersage aufmerksam verfolgt. Es war wieder einmal eine tropische Welle von den Kapverden losgezogen, die auf dem Atlantik immer mehr Fahrt aufnahm. Zuerst wurde von einem tropischen Sturm gesprochen, dann von einem Hurrikan und von Wetterbericht zu Wetterbericht verschlimmerten sich die Prognosen.

Die voraussichtliche Zugbahn lag irgendwo zwischen St. Vincent und Grenada. Viele Inseln gaben Warnungen für ihre Bewohner aus, denn niemand wusste genau, welche Zugbahn Beryl nehmen würde. Barbados, St. Lucia, St.Vincent & die Grenadinen, Grenada & Carriacou und Tobago gaben Hurrikan-Warnungen aus. Martinique und Trinidad veröffentlichten Sturmwarnungen.

Unsere Nachbarinsel Tobago rechnete also noch mit sehr starken Winden, während es bei uns in Trinidad mit geschätzten Maximalwerten von rund 60 km/h eher glimpflich aussah.

Gestern Abend sah es stark danach aus, dass Beryl sehr weit im Süden bleiben und vermutlich Carriacou oder Grenada treffen würde. Momentan hielt er noch ziemlich genau auf Tobago zu, aber es war ziemlich sicher, dass er etwas nach Norden abdrehen und uns nicht treffen würde.

Aber wir machten uns große Sorgen um einige unserer Freunde. Eine deutsche Freundin hat ein Haus in Carriacou und unsere französischen Freunde, mit denen wir vor zwei Wochen noch in Union Island Domino gespielt hatten, waren gerade mit ihrem Boot in Carriacou. Sie waren in der verzwickten Lage zu entscheiden, ob sie lieber in Carriacou bleiben und ihr Boot dort in den Mangroven vertäuen oder ob sie nach Grenada fahren sollten. Jede Entscheidung konnte die falsche sein.

Wie glücklich konnten wir uns schätzen, dass wir bereits in Trinidad in Sicherheit waren und keine solche Entscheidung treffen mussten.

Nachts um kurz vor 4 Uhr erreichten die Ausläufer Beryls Trinidad & Tobago. Während wir noch überhaupt nichts davon zu spüren bekamen, bekam Tobago einiges an Regen ab. Und um 7 Uhr fing es auch bei uns ordentlich an zu prasseln.

Um 9 Uhr war dann klar: Beryl würde genau über Carriacou ziehen. Die erwarteten Windgeschwindigkeiten waren nochmals hochkorrigiert worden. Die Amerikaner waren mit einem Flugzeug in den Sturm hinein geflogen und maßen eine Windgeschwindigkeit von 240km/h. Beryl wurde zu einem Hurrikan der Kategorie 4 und nahte mit großen Schritten. Welch ein Disaster!

Eigentlich hätten wir viele Arbeiten an unserer Silence zu erledigen gehabt, aber heute morgen stand uns nicht der Sinn danach. Wie gebannt verfolgten wir immer wieder das Regenradar von Barbados und sahen dabei zu, wie Beryl auf die kleinen Antillen zuhielt. Beryl nahm weiterhin Fahrt auf und rauschte schließlich tatsächlich mit 240km/h direkt über Carriacou.

Uns standen die Tränen in den Augen und wir bangten so sehr um unsere Freunde. Wir hatten seit dem Vorabend nichts mehr von den beiden gehört und wissen bis jetzt nicht, ob sie mit ihrem Boot in Carriacou geblieben oder nach Grenada gesegelt sind. Unserer deutschen Freundin geht es gut: sie ist momentan in Europa. Aber sie weiß momentan nicht, wie es um ihr Haus steht und was davon noch übrig ist. Welch schreckliche Ungewissheit.

Es gibt momentan auch noch keine offiziellen Berichte aus Carriacou, aber wir haben ein paar Fotos und Videos der Zerstörung gesehen. Hier ein Video auf YouTube:

Und nachmittags bekamen die Leute, die hier in der Marina bzw. in der Bucht vor Anker oder an Bojen lagen, die Auswirkungen ebenfalls zu spüren. Welch schreckliches Geschaukel und was sind wir froh, dass wir hier sicher und fest an Land stehen.

Wir sind so dankbar, dass es uns und unserer Silence gut geht und wir bangen und hoffen, dass das auch für unsere Freunde und all die Menschen in Carriacou gilt.