Adieu Tunisie!

Tunesien meinte es wirklich nicht gut mit uns: zuerst mussten wir über eine Stunde auf unser Gepäck warten und dann war der Transfer, den Michel und Sophie für uns organisiert hatten, nicht zu finden. Sofort stürzten sich einige Taxifahrer auf uns und fragten, wo wir denn hin wollten. Wir versuchten sie wieder los zu werden, indem wir sagten, dass uns ein Chauffeur erwartet. Das war allerdings ein großer Fehler, denn daraufhin drohten sie mit der Polizei, falls wir nicht mit ihnen fahren würden. Überlandtransfers dürfen in Tunesien wohl nur von den offiziellen, weißen Taxen gemacht werden. Durch einige geschickte Manöver durch eine Menschenmenge hängten wir die Taxifahrer ab (dachten wir jedenfalls) und fanden dabei per Zufall unseren Fahrer. Als wir gerade ins Auto steigen wollten, kamen die Taxifahrer tatsächlich zusammen mit der Polizei auf uns zu und hielten uns auf. Nach einer Stunde mit großem Palaver musste unser Chauffeur 300 Dinar (€150!) Strafe zahlen und wir konnten endlich Richtung Yasmine Hammamet aufbrechen.

Auf unserem Boot erwartete uns gleich die nächste schlechte Nachricht. Während unserer Abwesenheit war es die ganze Zeit sehr stürmisch gewesen. An einem Tag gab es sogar einen ausgewachsenen Orkan mit Böen über 60 Knoten (Windstärke 11-12). Viele Boote im Hafen wurden beschädigt, aber wir hatten noch Glück im Unglück, denn bei uns zerfetzte der Wind „nur“ den Gennaker (ein großes Vorsegel für leichte bis mittlere Windstärken), der sowieso schon sehr alt war. Glücklicherweise waren Sophie und Michel an Bord, um Schlimmeres zu verhindern.

Adieu Tunisie - Gennaker

Am nächsten Tag erholten wir uns erst mal am Pool des zur Marina gehörenden Hotels von diesem Schrecken und den Strapazen der letzten Wochen. Aber am Dienstag trafen wir bereits Vorbereitungen für die Abfahrt. Auf einem tunesischen Markt erstanden wir frischen Fisch (das Kilo Calamari kostete nur €7,50), Früchte und Würstchen. In einem kleinen Lädchen kauften wir mit Hilfe von Sophie viele leckere Gewürze und in einer Bäckerei gab es einen riesigen Laib Brot. Den Rest besorgten wir noch im Supermarkt und am Ende füllten unsere Einkäufe den kompletten Kofferraum eines Taxis. Auf dem Boot standen wir dann noch vor der Herausforderung, dies alles zu verstauen.

Adieu Tunisie - FrüchteAdieu Tunisie - WurstAdieu Tunisie - Gewürze1

Abends kamen Freunde von Sophie und Michel aufs Boot, um gemeinsam mit uns zu Abend zu essen. Patrizia ist aus Lothringen und wir waren völlig baff, als sie anfing, in lothringisch mit uns zu erzählen. Unglaublich wie ähnlich unsere Dialekte sind! Es war sehr amüsant, wenn sie von französisch in ihren Dialekt wechselte und urplötzlich sagte: „Des isch gut!“ Es war ein sehr lustiger Abend, den wir bei Calamari und Wein genossen.

Am nächsten Morgen legte Michel um 5 Uhr ab, aber leider hielt uns das Ausklarieren über eine Stunde auf. Während Andrea das ganze Spektakel verschlief, hatten die anderen ihr Vergnügen mit der Polizei und dem Zoll. Zuerst war es ein Problem, dass wir nicht auf der Passagierliste standen, weil wir ja nicht mit dem Boot eingereist waren. Dann konnten sie ihre eigenen Formulare nicht lesen und als nächstes war zu wenig Platz auf dem Formular, um uns einzutragen. Danach stimmte das Datum auf dem Stempel nicht. Und zuletzt kamen Polizei und Zoll noch persönlich an Bord, um sich davon zu überzeugen, dass wir nicht etwa vorhaben, 50 Tunesier nach Lampedusa zu schmuggeln. Und als dies alles geschafft war, fragte der Zollbeamte Michel noch frech, ob er nicht ein kleines Geschenk für ihn hätte. Da bissen sie bei ihm aber auf Granit: wir lassen uns doch nicht zuerst eine Stunde lang mit Formalitäten quälen und bedanken uns danach noch dafür!

Nach diesen morgendlichen Unannehmlichkeiten konnte unser erster Törn mit dem eigenen Boot endlich beginnen. Dummerweise hatte das Wetter nicht wirklich viel mit der Vorhersage gemeinsam, so dass wir fast den ganzen Tag gegen den Wind motoren mussten. Da kauft man sich extra ein Segelboot, weil man die Ruhe liebt, nennt es auch noch „Silence“ und dann hört man sich den ganzen Tag Motorenlärm an. Toll! Also das muss sich unbedingt noch ändern, sonst müssen wir das Boot laut Michel in „tonnère du moteur“ umtaufen.

Gestern sind wir in Sizilien angekommen und nun sitzen wir gerade im Bus nach Palermo. Herauszufinden wo und wann der Bus abfährt und wo wir die Tickets kaufen können, war bereits das erste Abenteuer. Wir wissen nicht mehr, wie viele Personen wir angesprochen und gefragt haben, ob sie englisch können. Anscheinend gibt es keinen einzigen Italiener, der von dieser komischen Sprache schon mal was gehört hat. Wir ernteten immer nur Kopfschütteln und einen Wortschwall auf italienisch. Aber mit Händen und Füßen und mit Hilfe von allen Sprachen, die wir beherrschen, haben wir es schließlich geschafft und freuen uns nun auf Palermo!

Unser Traum wird wahr!

Zugegeben: in den letzten Wochen war uns schon etwas mulmig zumute. Die Jobs gekündigt, die letzten Arbeitstage vorbei, aber das Wichtigste fehlte noch für unsere Auszeit: die Yacht! Nachdem wir in Valencia schon eine große Enttäuschung erlebt hatten (siehe hier), flogen wir Ende letzter Woche mit gemischten Gefühlen nach Tunesien, um die nächste Lagoon 380 zu besichtigen. Unsere Anspannung hat sich aber bereits am Morgen nach der Anreise etwas gelöst, als wir den Katamaran zum ersten Mal in Augenschein nehmen durften. Der Unterschied zu Valencia hätte größer nicht sein können. Anstatt von einer Maklerin empfangen zu werden, die aufgrund des Desinteresses des derzeitigen Eigners auf die einfachsten Fragen keine Antwort wußte, wurden wir hier direkt von Michel, Sophie und Eva, der französischen Eignerfamilie, herzlichst empfangen. Schon nach der ersten Runde ums und durchs Boot waren wir uns sicher: Liebe auf den ersten Blick, wir haben unsere SY Silence gefunden! Aber nun fing ein anderes Bangen und Hoffen an: wenn jetzt nur der Gutachter, der erst in drei Tagen kommen wird, keine größeren Probleme entdeckt…

Liebe auf den ersten Blick

Bis dahin gab es aber noch jede Menge zu tun. Michel hatte extra mit einigen Arbeiten am Boot gewartet, damit er uns zeigen kann, wie alles funktioniert. Dazu gehörte es, alle Segel anzuschlagen (Großsegel, Genua und Genacker), den Wassermacher nach der Winterpause wieder in Betrieb zu nehmen, einen Öl- und Filterwechsel der beiden Motoren durchzuführen und vieles mehr. Andrea musste dabei ständig übersetzen, was für die Arme mit ihren eingerosteten Französischkenntnissen sehr anstrengend war. Auch hatte sie teilweise (noch) nicht den technischen Background, um die Sachen zu verstehen, die Michel erklärte. Außerdem fand uns die kleine Eva ebenfalls sehr interessant, so dass Andrea zeitweise von zwei Seiten gleichzeitig beschallt wurde. Damit das Ganze nicht zu sehr in Stress ausartete, bereitete uns Sophie jeden Tag ein ausgiebiges Mittagessen nach französischer Art mit mindestens drei Gängen!

Wir fielen aber trotzdem jeden Abend todmüde in unser Bett. Nichtsdestotrotz hatte Kai eines Abends noch die Muße, den tunesisch-deutschen Evakuierungsplan in unserem Hotelzimmer zu lesen. Dabei haben wir ein neues deutsches Wort gelernt: „verchmuckt“. Wir wissen zwar absolut nicht, was damit gemeint sein könnte, aber das ist gerade der Clou an dem Wort: man kann es immer und überall und für alles einsetzen: das Wetter ist aber heute wieder total verchmuckt! Oder auch: warum fährt der verchmuckte Typ vor mir nicht endlich rechts rüber? Wir verwenden es gerne und häufig. Wenn ihr uns alle dabei helft, wird es vielleicht irgendwann das Wort des Jahres werden!

Wenn wir nicht gerade auf dem Boot beschäftigt waren, fieberten wir der Ankunft des Gutachters entgegen, den wir aus Deutschland einbestellt hatten. Am Dienstag war es endlich soweit: Heiko kam morgens um 10 Uhr an den Steg. Sein erster Eindruck war ebenfalls sehr gut. Nach seinem Rundgang an Deck ging es direkt zur Werft, um die Yacht aus dem Wasser zu heben und das Unterwasserschiff zu begutachten: dann die erste Erleichterung: juhu, keine Osmose (quasi der Garaus für eine GFK-Yacht), keine Schäden an den Rümpfen, alles in Ordnung!

Bootskauf - Werft

Am nächsten Tag ging es endlich aus dem Hafen raus zum Probesegeln. Aber halt: so einfach ist das nicht, wir sind schließlich in Tunesien! Selbst für einen kurzen Törn von zwei bis drei Stunden muss man zuerst mit allen Pässen und dem Original des Einreisepapiers beim Zoll vorstellig werden und anschließend das Ganze noch von der „Garde national“ absegnen lassen. Es muss nun mal alles seine Richtigkeit haben hier. Nachdem wir auch diese Hürde genommen hatten, hiess es Auslaufen und Segel setzen. Heiko war genau wie wir vom Zustand der Segel positiv überrascht. Selbst der 12 Jahre alte Genacker machte noch einen guten Eindruck. Den Spinnacker konnten wir leider nicht testen, dafür war der Wind mit knapp 20 Knoten doch etwas zu stark. Pünktlich zur Mittagszeit haben wir vor Hammamet noch den Anker getestet und in beinahe karibischer Atmosphäre eine wiederum von Sophie hervorragend zubereitete Mahlzeit genossen.

Bootskauf - Ankern

Zum Nachtisch gab es außer dem Käse noch einen von Kais verchmuckten Französischkenntnissen verursachten großen Lacher: eigentlich wollte er sagen, dass er gerne Ziegenkäse isst. Aber leider verwechselte er die Wörter, so dass er Michel und Sophie von „fromage de cheveux“ (Haarekäse) vorschwärmte, was aber sofort von Generalübersetzerin Andrea in „fromage de cheval“ (Pferdekäse) verbessert wurde. Erst Heiko konnte mit einem „Du meinst wohl fromage de chèvre!“ das betretene Schweigen der Eignerfamilie in kräftiges Gelächter verwandeln!

Bootskauf - Essen

Am Abend ging Heiko mit einem deutlichen „Daumen hoch“ von Bord, was bei uns natürlich riesige Erleichterung auslöste. Bei einem gemütlichen Gläschen Whisky teilten wir Michel und Sophie mit, dass wir ihr Boot kaufen werden!

Bootskauf - Vertrag

Sogleich wurden die Konditionen festgelegt: wir fliegen noch einmal für einige Wochen nach Hause, um einige lästige aber unvermeidliche Behördengänge zu erledigen und um unsere Wohnung leer zu räumen. Währenddessen geniessen die drei noch ein wenig das Leben an Bord. Nach unserer Rückkehr nach Tunesien segeln wir dann alle gemeinsam über Sizilien und Sardinien nach Korsika, wo die drei wohnen und von Bord gehen werden. Für den Törn haben wir ungefähr einen Monat veranschlagt, was uns genügend Zeit geben sollte, mit dem Boot vertraut zu werden. Michel wird Kai den Umgang mit dem Katamaran beibringen und Sophie hat sich bereit erklärt, Andrea in die Geheimnisse der französischen Küche einzuweihen!

Wir freuen uns schon sehr auf diesen ersten Törn mit unserem eigenen Katamaran, über den wir beizeiten natürlich an dieser Stelle berichten werden…