Für dieses Jahr wurde eine überdurchschnittlich aktive Hurrikan-Saison vorhergesagt und dies scheint sich leider zu bewahrheiten.
Seit Beginn der Hurrikan-Saison am 1. Juni kamen hier alle paar Tage tropische Wellen mit Regen und Gewittern an. Ende letzter Woche zog ein riesiges Gewitter direkt südlich von uns durch den Kanal zwischen Antigua und Guadeloupe. Beim Abendessen sahen wir es alle paar Sekunden blitzen und packten so schnell wie möglich unsere elektronischen Geräte in den Backofen, denn bei einem Blitzschlag in unseren Mast würden diese voraussichtlich alle zerstört werden. Und so hoffen wir immer, dass der Backofen als Faradayscher Käfig wirkt und unsere Geräte dort sicher sind.
Sonntag Nacht wurden wir durch einen lauten Donnerschlag aus dem Schlaf gerissen und es gab schon wieder ein Gewitter. Dieses Mal direkt über uns. Also schnell aufgestanden und wieder alles in den Backofen! Wenn es so weitergeht bekommen wir in dieser Hurrikan-Saison mit dem lauten Donner, dem vielen Wind und dem trommelnden Regen nicht viel Schlaf.
Die Stürme und Hurrikans werden übrigens immer alphabetisch benamst. Sie bekommen abwechselnd männliche und weibliche Vornamen. Wenn sich ein Sturm zu einem besonders verheerenden Hurrikan entwickelt hat, wird dieser Name in der Zukunft nicht mehr benutzt.
Vergangenes Wochenende war Sturm Gonzalo in Richtung Grenada unterwegs gewesen, hatte sich dann jedoch glücklicherweise kurz vorher fast aufgelöst und seine Überbleibsel zogen über Trinidad hinweg. Das nächste Ereignis, das morgen hier ankommen soll, wird also mit dem Buchstaben „I“ anfangen.
Nur mal zum Vergleich: morgen ist der 29. Juli und wir sind bereits beim Buchstaben „I“. Hurrikan Irma z.B. zog am 6. September 2017 über Barbuda, also mehr als 5 Wochen später. Diese Hurrikan-Saison ist also bis jetzt wirklich sehr aktiv. Das wird nicht lustig!
Mittlerweile sind wir zwar schon alte Hasen und lassen uns nicht mehr durch jeden kleinen vorhergesagten Sturm erschrecken, aber dennoch ist die Hurrikan-Saison immer eine nervlich anstrengende Zeit.
Das Schlimmste ist die Ungewissheit. So wie z.B. bei dem kommenden Sturm. Ende letzter Woche zeigte eines der Wettermodelle an, dass sich eben dieser Sturm auf dem Atlantik entwickeln würde, er zum Hurrikan werden könnte und sein Auge irgendwo hier oben durchziehen sollte. Ein anderes Wettermodell wusste davon gar nichts.
Am Wochenende sagten dann beide Wettermodelle voraus, dass sich da am Mittwoch etwas bilden wird, aber sie waren sich völlig uneins über die Zugbahn. Das eine Modell sagte St. Lucia oder Martinique voraus, das andere Antigua. Na toll! Sollen wir jetzt schnellstmöglich nach Grenada motoren (segeln können wir ja nicht wegen unseres kaputten Riggs), weil es hierher kommen wird? Oder sollen wir lieber hierbleiben, weil es südlich vorbeiziehen wird und wir sonst eventuell genau hinein fahren. Es ist einfach unmöglich mit solch vagen Voraussagen eine gute Entscheidung zu treffen.
Und so beschlossen wir erst einmal abzuwarten. Gestern waren sich die Modelle dann immer noch nicht einig was die Zugbahn betrifft, aber es sollte nun erst einmal kein Hurrikan mehr entstehen, sondern lediglich ein Sturm. Ein Modell sagte für Antigua ca. 30 Knoten, das andere ca. 40 Knoten voraus. Also nichts, wovor man flüchten müsste und so haben wir beschlossen in Antigua zu bleiben und die Sache hier auszusitzen.
Vorsichtshalber waren wir bereits am Sonntag mit dem Dingi auf Erkundungstour gegangen und hatten mal die Tiefen in den verschiedenen geschützten Ecken der Mangroven ausgelotet, um zu sehen, wo wir unsere Silence notfalls festmachen können. Da die Wetterberichte heute morgen immer noch nichts genaues sagen konnten, beschlossen wir, unsere Silence lieber in die Mangroven zu fahren. Und so fingen wir um 7:30 Uhr mit den Vorbereitungen an.
Nach einem schnellen Frühstück motorten wir 10 Minuten in die Bucht am Fischerdock, weil diese von allen Seiten sehr gut geschützt ist. Die Wettermodelle waren sich immer noch nicht einig woher der Wind letztendlich kommen würde, aber wahrscheinlich würde er am Anfang von Nordost kommen und wenn der Sturm uns passiert hat nach Südost drehen.
Und so ankerten wir erst einmal mittig in der Bucht und fuhren mit unserem Dingi und zwei Leinen ans Kopfende, um diese in den Mangroven zu befestigen. Danach fuhren wir mit unserer Silence vorwärts in die Mangroven und angelten uns am Bug die beiden Leinen aus den Mangroven. Zuvor hatten wir noch unseren Anker ausgebracht und so lagen wir schon mal ziemlich stabil. Wir schnappten uns zwei weitere Leinen, machten diese an unserem Heck fest und fuhren dann mit dem Dingi in die Mangroven, um die anderen Enden dort zu befestigen. Na, das sah doch alles ziemlich gut aus! Danach umwickelten wir noch unser Großsegel mit einer Leine und rollten die Genua-Schoten mehrmals um unsere Genua. Um 10:30 Uhr waren wir mit den Hauptarbeiten fertig. Jetzt müssen wir heute abend nur noch schauen, ob wir unser Bimini herunter nehmen.
Während der Wind draußen in der Bucht schon mit ca. 25 Knoten blies, hatten wir hier an der Mastspitze lediglich ca. 10 Knoten und auf Höhe unseres Salons „blies“ es noch mit ca. 5-7 Knoten. Das fühlte sich ziemlich gut an und selbst wenn sich nun alles nur zum kleinen tropischen Sturm entwickeln wird (was wir immer noch hoffen), dann war das mal wieder eine gute Übung.
Mit der Wettervorhersage ist das so eine Sache.
Da durch Corona der weltweite Flugverkehr stark reduziert ist, fehlen vermutlich die Wetterdaten aus diesen Flugzeugen.
Hier in Deutschland schafft es der Wetterdienst schon nicht mehr morgens das Wetter am Mittag vorherzusagen….
Na dann haltet mal die Ohren Steif! 😉
Schön von dir zu hören! Tja, das könnte tatsächlich sein, dass dem so ist.
Wie im Artikel beschrieben haben wir uns einfach mal wieder für den worst case gerüstet und sind somit komplett entspannt. Bisher war es eher eine gute Übung, denn der Wind hatte über Nacht in Böen geschätzte 45kt nicht überschritten. Heute morgen hat er dann von NE auf SE gedreht und laut Vorhersage sollen es am frühen Nachmittag nochmal bis knapp 40kt werden. Mal sehen, ob das zufällig mit der Realität zusammentrifft…
Wir hoffen, dass es dir gut geht und du trotz Corona eine schönen Sommer hast!
Hope everything goes well with you and Silence