Der Rest der Strecke verläuft dann glücklicherweise viel unspektakulärer. Hinter Dominika können wir fast die ganze Zeit segeln, doch im Kanal zu Les Saintes hat es nur recht wenig Wind. Das hatten wir so auch noch nie. Hier bläst es normalerweise immer ziemlich heftig. Zwischen Les Saintes und Guadeloupe frischt es dann wieder ein bisschen auf, aber wir kommen nicht so richtig schnell voran.
Hinter uns erblicken wir einen anderen Segler. Auch er scheint auf dem gleichen Kurs unterwegs zu sein wie wir. Aber er hat entweder komplett ausgerefft oder den Motor an, denn er kommt stetig näher.
Mittlerweile sind wir im Windschatten von Guadeloupe. Es hat fast keine Wellen, dafür aber auch fast keinen Wind. Aber wir liegen immer noch weit vor unserem Plan und so lassen wir uns mit 3-4 Knoten ganz gemütlich dahin treiben und essen zu Abend. Die Hot Dogs gestern waren so schnell zubereitet und so lecker, also gibt es einfach nochmal Hot Dogs.
Nach dem Essen werfen wir den Motor an, denn wir laufen nur noch 2 Knoten und das ist dann doch ein bisschen langsam. Wir haben extra nur den Backbord-Motor angemacht, denn so kann sich Kai in unserer Steuerbord-Kabine ins Bett legen und eine Runde schlafen.
Während meiner Wache passiert so gut wie nichts. Einmal kommt ein Frachter von vorne. Der CPA (closest point of approach, also der Punkt an dem er uns am nähesten kommt) liegt laut unserer AIS-Anzeige auf 0,3 Seemeilen, also ca. 600m. Das finde ich etwas nah und deshalb ändere ich den Kurs, so dass dieser in ca. 0,8 Seemeilen Entfernung an uns vorbeiziehen wird. Wir wollen ja schließlich nicht bei einem plötzlichen Kurswechsel des Frachters platt gemacht werden.
Da wir mit nur ca. 5 Knoten unterwegs sind, zieht der andere Segler dann auch langsam aber gemütlich an uns vorbei. Doch wir haben es immer noch nicht eilig. Uns ist es lieber wir kommen bei Sonnenaufgang in Antigua an und nicht mitten in der Nacht. Normalerweise fahren wir in Antigua immer nach Falmouth und laufen von dort per Fuß zum Einklarieren nach English Harbour. Das können wir dieses Mal, aufgrund von Covid, nicht tun. Wir müssen direkt nach English Harbour und werden dort in der Freeman’s Bay ankern. Dort hatten wir bisher nur ein einziges Mal geankert. Die Bucht ist recht klein und durch die umliegenden Hügel gibt es dort Winde, die die Boote in alle möglichen Richtungen drehen. Manchmal liegt man dann auch mal Heck an Heck. Deshalb wollen wir dort nicht in der Nacht ankommen, sondern würden uns lieber bei Tageslicht einen schönen Ankerplatz aussuchen.
Nach zwei Dritteln meiner Schicht frischt der Wind wieder auf und Kai kommt hoch, um mit mir gemeinsam die Genua zu setzen. Wir können den Motor ausschalten und segeln wieder mit 5-6 Knoten dahin.
Kai bleibt dann auch gleich wach und ich gehe ins Bett. Hier schlafe ich dieses Mal sogar zwei Stunden recht gut, doch dann holpert und bollert es wieder so sehr, dass ich immer wieder aufwache. Um 3 Uhr gibt es Schichtwechsel und Kai haut sich nochmal eine Runde aufs Ohr. Vor uns sehe ich bereits ein helles rotes Blinklicht. Was kann das nur sein? Antigua ist ja noch über 20 Seemeilen entfernt. Doch es muss das Navigationslicht von English Harbour sein. Wahnsinn, dass man dieses bereits aus solch weiter Entfernung sehen kann.
Leider kann Kai bei dem Getöse auch nicht richtig schlafen und steht bald schon wieder im Salon. So döst er dann am Navitisch etwas vor sich hin, während ich auf der „Eckbank“ schlafe. Um 5:30 Uhr sind wir kurz vor English Harbour. Wir schalten die Motoren ein, fahren in den Wind und nehmen die Segel runter.
Wir haben es geschafft! Wir sind in der Freeman’s Bay angekommen! Und da liegen tatsächlich auch die beiden anderen Segler, die uns unterwegs überholt haben.